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Gegen den Darts-Rüpel muss „Pikachu“ sich im Griff haben

Darts-WM 2025

Die letzte Hoffnung heißt Pikachu: Ricardo Pietreczko peilt das Achtelfinale an

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    Ricardo Pietreczko ist der letzte deutsche Starter bei der Darts-WM in London.
    Ricardo Pietreczko ist der letzte deutsche Starter bei der Darts-WM in London. Foto: John Walton/Press Association, dpa

    Diesmal schien alles bereit für den buchstäblich großen Wurf aus deutscher Sicht: Sechs deutsche Starter, so viele wie nie zuvor, traten bei der Darts-WM in London an. Darunter waren mit Gabriel Clemens, dem Halbfinalisten vor zwei Jahren, und vor allem Martin Schindler zwei große Hoffnungen. Letztgenannter hatte die beste Saison seiner Karriere hinter sich, hatte zwei Turniere auf der European Tour und das Halbfinale als Ziel ausgegeben – und schied nach seinem ersten Spiel aus. Stattdessen ist einer weiterhin im Rennen, der fast eine Art Gegenentwurf zu den ernsthaften Schindler und Clemens ist: Ricardo Pietreczko.

    Der Nürnberger gilt als Luftikus – und das nicht nur wegen seines Spitznamens Pikachu. Der 30-Jährige versuchte sich als Postbote, Kellner oder Maler, bevor er als Darts-Profi alles auf eine Karte setzte. Als 16-Jähriger warf er seine ersten Pfeile, mit 20 nahm er an den ersten Qualifikationsturnieren für die European Tour teil. Das sollte sich auszahlen. Alleine in diesem Jahr gewann der gebürtige Berliner laut der Weltrangliste knapp 300.000 Euro. Und doch wirkt Pietreczko immer noch ein wenig wie ein Teenager. Etwa dann, wenn er wie neulich bei einer Medienrunde erzählt, dass er beinahe den Interviewtermin verbummelt hätte, weil er sich nicht von der Playstation lösen konnte. Einen Plan B hat er nicht und sieht sich „so lange Darts spielen, bis ich nicht mehr stehen kann“.

    2023 gewann Pietreczko sensationell die German Darts Championship

    Das wirkt nicht zwingend professionell – zugleich scheint Pietreczko diese Lockerheit in den besten Momenten für sich nutzen zu können. Vor eineinhalb Jahren war er damals der erst zweite Deutsche, der ein Turnier der PDC Pro Tour gewann. Im Oktober 2023 schlug er bei den German Darts Championship sensationell im Halbfinale den Ex-Welmeister Gerwyn Price, bevor er im Endspiel den damals amtierenden Titelträger Peter Wright schlug. Bei der WM vor einem Jahr brachte er den späteren Weltmeister Luke Humphries an den Rand einer Niederlage, führte nach Sätzen bereits mit 3:1 nach Sätzen – und musste sich dann doch noch geschlagen geben. Das Match war dabei ein Spiegelbild seiner Karriere: Pikachu, die letzte Hoffnung des deutschen Darts bei diesem Turnier, kann es also gegen die Großen – nur mit der Konstanz will es noch nicht dauerhaft klappen.

    Auch bei der aktuellen WM setzte Pietreczko bereits ein Ausrufezeichen und siegte gegen Junioren-Weltmeister Gian van Veen sein Zweitrundenmatch mit 3:1. Den Niederländer hatten einige vor dem Turnier zum Geheimfavoriten erhoben. Aber ohnehin scheint der Alexandra Palace in diesem Jahr kein gutes Pflaster für die vermeintlichen Schwergewichte zu sein: Reihenweise haben bereits Favoriten die Heimreise angetreten, darunter etwa der Weltranglistenzweite und Weltmeister von 2023, Michael Smith oder die Nummer fünf der Welt, Rob Cross.

    Scott Williams schaltete Ex-Weltmeister Rob Cross aus.
    Scott Williams schaltete Ex-Weltmeister Rob Cross aus. Foto: PA Wire | Bradley Collyer, dpa

    Pietreczkos Gegner Scott Williams gilt als großer Provokateur

    Eben jener Cross, Champion des Jahres 2018, hätte Pietreczko eigentlich nun geblüht. Der schied aber einen Tag vor Heiligabend gegen seinen englischen Landsmann Scott Williams aus, so dass beide am Samstag (14.45 Uhr, DAZN und Sport1) aufeinandertreffen. Williams wiederum gilt als einer der größten Provokateure des Turniers, feiert seine Erfolge demonstrativ und versucht so, seine Gegner aus dem Konzept zu bringen. Das wiederum könnte bei Pietreczko, der seine Emotionen nicht immer im Griff hat, eine gewinnbringende Taktik zu sein. Im Halbfinale der Belgian Darts Open im März zoffte sich Pietreczko auf der Bühne mit Wunderkind Luke Littler. Nach dem Ende des Spiels, das Pietreczko mit 3:7 verloren hatte, redete der Deutsche sichtlich erbost auf seinen Gegner ein, gestikulierte und legte sich auch mit dem Publikum an. Später gab er als Grund für seinen Frust an, dass Littler ungewöhnliche Wege gewählt hatte, um zum Satzgewinn zu kommen. Das sei respektlos gewesen, schrieb er anschließend auf sozialen Netzwerken über den 17-Jährigen: „Also ich habe ihn ja sehr geschätzt, dass man in so einem Alter so ein Spiel spielen kann. Aber ich hoffe, die Arroganz bestraft ihn.“ Später bat Pietreczko den Engländer um Entschuldigung: Er habe überreagiert.

    Gegen Williams sollte „Pikachu“, der mittlerweile seinen 30. Geburtstag gefeiert hat, seine Emotionen besser im Griff haben. Locker sein passt ja eigentlich zu Pikachu, dem Zeichentrick-Helden aus der Pokemon-Reihe. Den Namen hat sich der Darts-Profi dem Vernehmen nach nichtmal ausgesucht. Während eines Turniers habe ihm jemand „Ey, Pietreczko, komm mal her“ zugerufen, wobei ein anderer „Ey, Pikachu“ verstand – fertig war der Spitzname. In den Comics gewinnt der kleine Held meist gegen die großen Widersacher. Ob Pietreczko seinem Spitznamen gerecht wird, zeigt sich am Samstagnachmittag.

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