Weil sich die Profi-Vereine zu selten trauen, soll künftig eine zentrale Kommission Rowdys aus den deutschen Fußball-Stadien verbannen. So lautet das Ergebnis eines Spitzengesprächs zu Gewalt im Fußball am Freitag in München. Offen ist noch, nach welchen Richtlinien das neue Gremium entscheidet. Klar ist aber, dass die Politik vom Profi-Fußball mehr Engagement für die Sicherheit in den Stadien erwartet.
26,5 Millionen Besucher wurden in der jüngsten Fußballsaison gezählt, bei Schlägereien und Ähnlichem gab es 1200 Verletzte, darunter mehr als 200 Polizisten. Das sind höhere Zahlen als vor Corona. Darauf wies der Gastgeber des Sportgipfels, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hin. Er machte klar: „Das sind zu viele Vorfälle.“ Um die Großveranstaltungen sicher über die Bühne zu bringen, mussten Polizeibeamte insgesamt mehr als zwei Millionen Stunden ableisten.
So geht es nicht weiter: Diese Botschaft vermittelten die Innen- und Sportminister der Länder den Spitzen des deutschen Fußballs offenbar deutlich. Als „durchaus mal konfrontativ“ beschrieb der DFL-Boss Hans-Joachim Watzke das dreistündige Gespräch hinter verschlossenen Türen, DFB-Präsident Bernd Neuendorf empfand die Gespräche als „freundlich, aber in der Sache klar.“ Zudem konnten die Fußball-Vertreter am Ende auch einen Erfolg verbuchen. Die Forderung, Vereine, deren Anhänger über die Stränge schlagen, mit Punktabzug oder Geisterspielen zu bestrafen, ist vorerst vom Tisch.
Sicherheit im Fußball: Vereine sprechen zu selten Stadionverbote aus
Stattdessen wollen Staatsmacht und Liga gezielt gegen Gewalttäter unter den Fans vorgehen. Der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) machte deutlich, dass seiner Ansicht nach viele Vereine zu selten Stadionverbote aussprechen.
Das soll nun eine Kommission übernehmen, die nach einheitlichen Richtlinien bundesweit ihre Urteile spricht, die Vereine sind damit außen vor. Zudem sollen - wie jetzt schon bei bestimmten Spielen - öfter Staatsanwälte in den Stadien sein, damit gegen Randalierer schneller Strafverfahren eingeleitet werden können.
Die Vereine müssen zudem mit weiteren Investitionen in die Sicherheitstechnik ihrer Spielstätten rechnen und dabei einheitlichen Standards folgen. Auch das ist ein Ergebnis dieses Gipfels, den Bayerns Innenminister Herrmann als „sehr konstruktiv“ würdigte. Sein sächsischer Kollege Armin Schuster (CDU) sprach sogar von einem „echten Durchbruch“. Ziel müsse am Ende sein, dass für Fußballspiele kein höherer Sicherheitsaufwand erforderlich sei als für vergleichbare Großveranstaltungen.
Wie genau die schärferen Sicherheitsvorkehrungen aussehen werden, soll nun eine ständige Kommission ausarbeiten. Sie soll auch die Details der geplanten zentralen Stadionverbote festlegen. Dem Gremium sollen auch Vertreter der Fans angehören, die vom Sicherheitsgipfel noch ausgeschlossen waren. Vertreter der Fan-Initiativen hatten das im Vorfeld kritisiert und manche Forderungen als „Populismus“ bezeichnet. Auch den Beschlüssen von München stehen sie skeptisch gegenüber: „Die heute angekündigte Bildung einer zentralen Kommission für die Bearbeitung von Stadionverboten bedeutet eine deutliche Verschärfung und mehr Repression gegen Fußballfans“, sagte Linda Röttig, Vorstand im Dachverband der Fanhilfen. Zur Zurückhaltung mahnen auch die Grünen im bayerischen Landtag: „Repressive Maßnahmen haben in der Vergangenheit schon keine Erfolge gezeigt,“ sagt deren sportpolitischer Sprecher Max Deisenhofer. Er kritisiert zudem: „Obwohl die Zahl der Straftaten in den Stadien über Jahre hinweg weitgehend konstant bleibt, geht die Söder-Regierung bereits einen Sonderweg, lässt fleißig Fan-Daten sammeln und führt parallel zum Bund eine eigene Sport-Delikte-Datei.“ Das beanspruche auch die bayerische Polizei über Gebühr.
Auch die Innenminister hatten beim „Sportgespräch“ den Überstundenberg ihrer Beamten im Blick. Sie wollen am Ende weniger Polizeibeamte einsetzen müssen, um die Sicherheit bei Fußballspielen zu gewährleisten. Funktioniert das nicht, könnte es für die Profi-Vereine noch teurer werden.
Derzeit ist vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Klage der Fußball-Liga DFL gegen das Land Bremen anhängig. Dieses bittet den Spitzenfußball bei Hochrisikospielen zur Kasse. Setzen sich die Hanseaten endgültig durch, könnten andere Bundesländer ihrem Beispiel folgen. Bayerns Innenminister Herrmann hält zwar nichts davon, auch sein sächsischer Kollege Schuster ist dagegen, den Vereinen Rechnungen für Polizeieinsätze zu schreiben. Doch seine Warnung in Richtung der umsatzstarken Profiklubs war deutlich. Die jetzigen Beschlüsse müssten Erfolge zeitigen. „Besser ist, wir kriegen das jetzt hin.“
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