Zum Telefonhörer hat Thomas Tuchel bislang nicht gegriffen. Dafür aber habe der Deutsche ihm eine Textnachricht geschrieben, berichtete Englands Interimstrainer Lee Carsley jüngst. «Er sagte: "Viel Glück für das Länderspielfenster. Ich freue mich auf ein Treffen."» Dieses wird wohl frühestens im Januar stattfinden, weil Tuchel erst dann seinen Job als neuer Coach der Three Lions antritt.
Und bis dahin? Hört und sieht nicht nur Carsley kaum etwas vom 51-Jährigen, der sich vornehm zurückhält. Auch bei den anstehenden Nations-League-Spielen am Donnerstag in Griechenland sowie am Sonntag gegen Irland wird sich Tuchel wohl nicht blicken lassen - obwohl diese seine Zukunft maßgeblich mitbestimmen.
Als Tuchel vor wenigen Wochen im Londoner Wembley-Stadion vorgestellt wurde, ging sein Blick fast ausschließlich nach vorne. Er sprach von seinem großen Ziel mit England, dem Gewinn der WM 2026, und natürlich fragte man ihn auch nach seinem ungewöhnlichen Startzeitpunkt. Warum also steht er nicht jetzt im November schon an der Seitenlinie, wo doch ohnehin klar ist, dass Carsley zur U21 zurückkehren und er übernehmen wird?
Warum fängt Tuchel erst so spät an?
«Es war wichtig für mich, das Projekt einzugrenzen und nicht den Fokus zu verlieren. Ich wollte einen klaren Start haben», sagte er damals. Was er meinte: Sein Fokus soll der Weltmeisterschaft und zunächst der Qualifikation dafür gelten. Die Erlösung einer ganzen Nation mit dem angepeilten Gewinn des zweiten WM-Titels ist sein «Projekt». Seine ersten Spiele sollen im März zwei WM-Qualifikationsspiele sein. Aber jetzt kommt der kleine Haken.
Sollten die Engländer ihre Nations-League-Gruppe unter Carsley auf Platz zwei abschließen (auf dem sie aktuell stehen), würde Tuchel nicht mit der WM-Quali starten können. Denn dann müssten die Three Lions im nächsten März stattdessen in den Playoffs der Nations League antreten. Das «Projekt» Weltmeisterschaft würde also im Worst Case erst mal in den Hintergrund rücken.
Auch deshalb wird Tuchel sich die nächsten beiden Spiele seines künftigen Teams, wenn schon nicht im Stadion, ganz sicher im Fernsehen anschauen. Vor allem die Partie bei den Griechen am Donnerstag (20.45 Uhr) wird zum Härte- und Stimmungstest. Nach der empfindlichen 1:2-Niederlage in Wembley vor einem Monat stehen die Three Lions unter Druck.
Warum das Griechenland-Spiel entscheidend ist
Noch so ein Defensiv-Debakel wie am 10. Oktober könnte der Stimmung im Mutterland des Fußballs einen erheblichen Dämpfer verpassen. Derzeit führen die Griechen die Gruppe 2 der B-Liga mit drei Punkten vor England an. Die Engländer müssen also gewinnen, wenn sie die Gruppe noch als Erste beenden wollen. Ansonsten würde Tuchel wohl schon mal umplanen müssen.
«Wir werden nicht viel Zeit haben», hatte der ehemalige Bayern-Coach bei seiner Vorstellung gesagt und damit gemeint, dass er nach seinem Amtsantritt im Januar bereits im März die ersten Spiele zu bestreiten habe. Die Frage ist derzeit nur, welche Spiele das sein werden. Dafür werden die nächsten Tage entscheidend sein.
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