Geschafft! Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat gestern, begleitet von tropischen Regenfällen, die letzten Zweifel am Einzug ins Achtelfinale mit einem 1:0 (0:0)-Sieg gegen die USA beseitigt. Deutschland ist damit Gruppensieger und trifft am Montag (22 Uhr/ZDF) auf Algerien.
Wer in den 70er Jahren und früher mit dem Fußball sozialisiert wurde, durfte sich gestern an die WM 1974 erinnert fühlen. Genauer, an jenen deutschen 1:0-Sieg gegen Polen, der lange Zeit im Regen zu ertrinken drohte, weil der Himmel über dem Frankfurter Waldstadion sämtliche Schleusen geöffnet hatte.
So war es gestern auch in Recife – nur schlimmer. Brasilianischer Dauerregen, der mit Fritz-Walter-Wetter nur unzureichend umschrieben ist, hatte im ganzen Stadtgebiet für Überschwemmungen gesorgt. Straßen standen einen halben Meter unter Wasser.
Rasen mit Planen abgedeckt
Um den Rasen in der Arena Pernambuco vor dem Ertrinken zu retten, waren die Fünfmeterräume Stunden vor dem Anpfiff um 13 Uhr Ortszeit mit Planen abgedeckt worden.
Davon unbeeindruckt eröffnete die deutsche Elf das Spiel kontrolliert offensiv. Nicht so verhalten wie gegen Ghana, aber auch nicht so stürmisch wie gegen Portugal. In jedem Fall aber wollte sie vor 42 000 Zuschauern im Stadion den Eindruck vermeiden, als erfülle sie einen Nichtangriffspakt, der Deutschen und Amerikanern in einer Art Zusammenspiel das Achtelfinale beschert. Nur keine Erinnerung an jene unsägliche Begegnung mit Österreich bei der WM 1982 aufkommen lassen, welche zum Nachteil Algeriens als „Schande von Gijon“ bis heute durch die Fußball-Geschichte geistert.
Das ist dem Weltranglisten-Zweiten mit seinem dosierten, aber immer nach vorne ausgerichteten Spiel gelungen. Die US-Boys ließen Schweinsteiger & Co. gewähren, sicherten den eigenen Strafraum mit zwei Viererketten ab.
Auffälligster Akteur der USA war zunächst Klinsmann
Joachim Löw hatte zum letzten Gruppenspiel die erwartete Mittelfeld-Rochade vorgenommen. Für Sami Khedira begann Bastian Schweinsteiger, der Ghana einen glänzenden Kurzauftritt geliefert hatte, weshalb das FC-Bayern-Mittelfeld mit Lahm, Kroos und Schweinsteiger damit komplett war. Dagegen hatte Mario Götze seinen Platz für Lukas Podolski räumen müssen.
Auffälligster Akteur der USA war zunächst Jürgen Klinsmann. Der 49-jährige Trainer, der sich vor dem Anpfiff „Klinsmann raus“-Rufe hatte anhören müssen, hatte schon bald den ersten Kilometer durch die Coaching-Zone hinter sich gebracht.
Offensiv traten die Amerikaner erstmals nach 25 Minuten in Erscheinung. Der Himmel hatte sich einigermaßen ausgeregnet, als ein strammer 20-Meter-Schuss von Graham Zusi knapp über Manuel Neuer hinwegstrich. Die erstmals im schwarz-roten „Auswärtstrikot“ angetretenen Deutschen hatten bis dahin schon etliche Halb- und Viertelchancen vergeben, an denen meist Thomas Müller in irgendeiner Form beteiligt war.
Weil Ghana in der gleichzeitig ausgetragenen zweiten Gruppenpartie gegen Portugal 0:1 in Rückstand lag, konnten die Amerikaner erst einmal entspannt in die Halbzeitpause gehen. Wäre es bei diesem Ergebnis geblieben, hätten sie als Gruppenzweiter hinter Deutschland das Achtelfinale erreicht, was für die zweiten 45 Minuten in Recife nicht unbedingt ein Fußball-Feuerwerk erwarten ließ.
USA beschränkt sich aufs Verteidigen
Immerhin erweckten die Deutschen weiter den Eidruck, als wollten sie die Partie gewinnen, was sich von den Amerikanern nicht so klar sagen lässt. Klinsmanns Truppe beschränkte sich nun darauf, das 0:0 zu verteidigen – was selten gut geht.
Als der famose US-Keeper Tim Howard den Ball nach einem Höwedes-Kopfball Thomas Müller vor die Füße faustete, traf der 24-Jährige von der Strafraumgrenze aus zum hoch verdienten 1:0 (55.) – bereits Müllers vierter Treffer bei dieser WM.
Auch das genügte den USA noch fürs Achtelfinale, da im parallel laufenden Spiel die Portugiesen nach dem zwischenzeitlichen 1:1 wieder in Führung gegangen waren.
Deutschland dagegen wollte mehr, allerdings nicht um jeden Preis. So plätscherte die Partie, passend zum Regen, der wieder eingesetzt hatte, einigermaßen unspektakulär ihrem Ende entgegen. Erst in der Nachspielzeit tauchten die Amerikaner noch einmal gefährlich vor Manuel Neuer auf.
Deutschland erreichte gemeinsam mit den USA das Achtelfinale – am Ende aber trotzdem kein Wort über Gijon.