Cristiano Ronaldo konnte es nicht fassen. Er stürmte vom Rasen in Belgrad, wedelte mit den Armen, kurz vor dem Gang in die Katakomben schleuderte der 36-Jährige dann auch noch vor Wut seine blaue Kapitänsbinde weg.
"Es gibt Momente, mit denen man schwer umgehen kann", schrieb Portugals Fußball-Superstar etwas später nach dem 2:2 (2:0) in Serbien auf Instagram. "Vor allem wenn wir das Gefühl haben, dass einer ganzen Nation geschadet wird." Noch deutlicher wurde nur die portugiesische Sportpresse: "DIEBSTAHL!", titelte das Fachblatt "Record".
Die ganze Empörung richtete sich gegen den niederländischen Schiedsrichter Danny Makkelie. In der dritten Minute der Nachspielzeit hatte Ronaldo eine hohe Flanke aus spitzem Winkel per Direktabnahme zum 3:2 genutzt, und obwohl der Ball mit vollem Durchmesser die Torlinie überquerte, gab Makkelie das Tor nicht. Die oft wiederholten TV-Bilder bestätigten den Treffer, doch all das nützte nichts, weil der entscheidende Mann es eben nicht gesehen hatte. Die Torlinientechnologie und einen Videobeweis gibt es in der WM-Qualifikation nicht. Zum Leidwesen der Portugiesen und ihres Superstars Ronaldo.
"Der Schiedsrichter hat sich entschuldigt und ich habe großen Respekt vor ihm", sagte Portugals Nationalcoach Fernando Santos. "Aber es kann nicht sein, dass es in einem Wettbewerb wie diesem keine Torlinientechnologie und keinen Videoschiedsrichter gibt." Dass seine Mannschaft zuvor eine souveräne Führung leichtfertig verspielt hatte, spielte in diesem Moment keine Rolle mehr. Nach einem Doppelpack von Diogo Jota (11. Minute/36.) vom FC Liverpool schien alles auf dem Weg. Wegen Nachlässigkeiten in der Defensive kamen die Serben durch Aleksandar Mitrovic (46.) und Frankfurt-Profi Filip Kostic (60.) aber wieder ins Spiel.
Über all das wurde im Anschluss kaum geredet. Der nicht gegebene Treffer überlagerte Portugals Baustellen, bereits beim Auftakt in die WM-Qualifikation hatte das Team nur mühevoll mit 1:0 gegen Aserbaidschan gewonnen. "Der Ball war einen halben Meter im Tor", monierte Santos nun und übertrieb damit ein wenig. Stefan Mitrovic hatte Ronaldos Schuss kurz nach der Überquerung der Linie weggegrätscht, selbst der Linienrichter erkannte das Tor trotz vermeintlich freier Sicht nicht. So fühlte sich Ronaldo nach Schlusspfiff dann auch noch zu einer Botschaft an die Nation berufen. Die Sache mit der weggeschleuderten Kapitänsbinde konnte der Stürmer so nicht stehen lassen.
Kapitän Portugals zu sein, sei eines der größten Privilegien seines Lebens, schrieb er. Er habe immer alles für sein Land gegeben und werde auch immer alles geben. Sein Trainer Santos hatte die Szene nicht mal mitbekommen. Er habe nur gehört, dass Ronaldo nach dem Abpfiff "weniger gut" reagiert habe, erklärte der 66-Jährige. "Der Frust ist normal, wenn du das Siegtor für Portugal erzielt hast, es aber nicht zählt", sagte der Coach. "Ich werde daraus kein Thema machen."
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