Vincent Kompany war etwas aufgeregt. Am Tag nach der ersten Bundesliga-Niederlage des FC Bayern unter seiner Führung besuchte der Belgier den Fanclub «Obing '84». Das unerwartete 1:2 der Münchner beim FSV Mainz 05 geriet dabei nicht zum Stimmungsdämpfer. «Es ist das erste Mal, dass ich auf Deutsch vor so vielen Menschen spreche», erklärte Kompany am Chiemsee seine leichte Nervosität.
Der Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters wurde von den Fans warmherzig und mit Blasmusik empfangen. «Wichtig ist für mich, dass meine 25 Jungs auf den Platz gehen und immer für den Verein kämpfen. Wenn sie das tun, bin ich zufrieden», betonte Kompany. Traditionell besuchen die Bayern-Profis und Trainer am dritten Advent Fanclubs.
Der 38 Jahre alte Coach hatte schon im Anschluss an die erste Saison-Niederlage in der Meisterschaft keine Panik vermittelt. «Wenn man immer weiß, wie die Ergebnisse sind, bevor man das Spiel spielt, dann brauchen wir hier nicht herzukommen. Das ist Fußball», sagte Kompany.
Leverkusens Keeper Hradecky übernimmt gerne Rolle des Jägers
Nachdem Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß die Meisterschaft vor einigen Wochen schon als sicher eingetütet hatte, ist der Vorsprung auf den wohl größten Konkurrenten Bayer Leverkusen binnen drei Spieltagen von neun auf gerade mal vier Zähler geschmolzen. «Letztes Jahr waren wir den Großteil des Jahres in der Rolle des Gejagten, das haben wir auch ganz gut gemacht. Jetzt wollen wir die andere Rolle übernehmen», sagte Leverkusens Torwart Lukas Hradecky, nachdem seine Mannschaft den FC Augsburg 2:0 besiegt hatte.
Der Bayer-Keeper frohlockte nach den Ergebnissen des 14. Spieltags. Der siebte Pflichtspielsieg der Leverkusener nacheinander sei ein «sehr gutes Signal auch woandershin», sagte Hradecky. Und mit «woandershin» meinte der Finne München.
Bayern schlechter als in Vorsaison
Grund zur Panik gibt es bei den Bayern noch nicht. Und in Krisenstimmung verfällt der Club eben auch nicht - anders als vor einem Jahr, als die Münchner nach 14 Spielen sogar zwei Zähler mehr auf dem Konto hatten. Doch im Gegensatz zur Vorsaison thront kein unbesiegbares Leverkusen über den Bayern - zumindest noch nicht.
«Also, wir sehen schon, dass wir jetzt vier Niederlagen haben. Zwei in der Champions League, im Pokal sind wir raus, jetzt in der Bundesliga die erste Niederlage», sagte FCB-Profi Joshua Kimmich.
Angesichts des unerwarteten Rückschlags und der Tabellensituation sprach der Nationalspieler eine fette Warnung an seine Mannschaft aus. Es sei ein «gefährlicher Moment», betonte Kimmich. Es sei aber «auch ein entscheidender Moment, dass wir jetzt als Mannschaft zusammenstehen, weiter hart arbeiten. Wir merken, dass wir jetzt nichts geschenkt bekommen.»
Auf die Warnung folgte aber prompt eine Kampfansage des 29-Jährigen vor dem Topspiel am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1 und DAZN) gegen RB Leipzig. «Es wird schon wichtig sein, dass wir jetzt das letzte Spiel gewinnen», betonte Kimmich. Jeder in der Mannschaft müsse in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass er gegen RB auf einem «absoluten Toplevel» sei. «Und dann muss Leipzig gegen ein sehr starkes Bayern ran.»
Kompany: «Nicht auf dem Niveau wie sonst»
Von einem starken FC Bayern war in Mainz nichts zu sehen. Der Gegner offenbarte eklatante Schwächen der in dieser Bundesliga-Saison sonst so souverän wirkenden Mannschaft. Vorn wirkten die Münchner ungewohnt ideenlos, hinten einmal mehr anfällig. Erst in der Schlussphase wachte der FCB auf, doch der Anschlusstreffer durch Leroy Sané in der 87. Minute kam zu spät.
«Es war kein einfaches Spiel in Mainz und wir haben auch individuell und kollektiv nicht unsere beste Leistung gezeigt. Wir haben zwar gekämpft, aber wir waren nicht auf dem Niveau wie sonst», sagte Kompany beim Pay-TV-Sender Sky.
Ähnlich nüchtern wie der Belgier analysierte auch Sportchef Max Eberl die verdiente Pleite. «Das ist halt im Sport mal so. Wir haben gewusst, was hier in Mainz auf uns zukommt. Wir wussten, dass sehr, sehr viel Enthusiasmus und Euphorie, sehr viel Kampf auf uns zukommt.»
Kein Kane, keine Stürmer-Tore?
In Mainz fehlten den Bayern zwar zahlreiche Stars, doch verantwortlich machen für die Niederlage wollte Eberl die lange Verletztenliste nicht. «Wir wollen keine Alibis suchen. Wir haben Topspieler, die nicht dabei waren. Das könnt ihr alles lesen. Und natürlich hätte es gut getan, heute den einen oder anderen mit auf dem Platz zu haben. Hatten wir aber nicht.»
Schmerzlich vermisst wurde vor allem Harry Kane - als Anspielstation und als Torjäger. Selbst Ausnahmespieler Jamal Musiala konnte das Fehlen Kanes dieses Mal nicht übertünchen. Doch es gibt Grund zur Hoffnung: Im letzten Pflichtspiel dieses Kalenderjahres gegen Leipzig könnte der englische Sturmstar nach seinem Muskelfaserriss wieder zurückkehren.
Eine Verpflichtung eines klassischen Neuners im Winter als Ersatz für Kane schloss Eberl kategorisch aus. «Weil wir denken, dass wir einen Kader haben, der die Qualität hat, die Ziele zu erreichen, die wir uns vorgenommen haben», sagte der 51-Jährige und fügte hinzu: «Wie sagt man's so schön: Bayern ist auch kein Geldscheißer.»
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