Lionel Messi weinte hemmungslos und litt unter seiner Hilflosigkeit. Mit Schmerzen im dicken Knöchel und seiner Fußball-Seele musste sich der Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft beim dritten großen Titel der Albiceleste seit 2021 auf seine Mitspieler verlassen. Mit Erfolg. «Eine mehr», postete Messi nach dem Finale der Copa América bei Instagram - links und rechts in den Armen eine riesige Copa-Trophäe.
1100 Tage nach dem ersten Triumph bei der Copa América gewann Argentinien am Sonntag (Ortszeit) in Miami mit Messi auf der Bank ab der 66. Minute erneut die Südamerika-Meisterschaft. «Leo wurde geboren, um auf dem Fußballplatz zu stehen», sagte Nationaltrainer Lionel Scaloni. «Er will nie raus gehen, weil er seine Teamkollegen nicht im Stich lassen will.» Gegen Kolumbien musste er es notgedrungen, Bilder seines schwer geschwollenen rechten Knöchels lassen nichts Gutes erahnen.
In Messis neuer Fußball-Wahlheimat krönte der achtmalige Weltfußballer ein weiteres Mal seine einzigartige Karriere. Mit 1:0 (0:0) siegte Argentinien in einem Finale, das von chaotischen Zuständen begleitet wurde. Fast 90 Minuten später konnte das Spiel erst angepfiffen werden, weil Fans ohne Ticket versuchten, ins Hard Rock Stadium zu gelangen. Die teilweise erschreckenden Bilder lösten umgehend Sicherheitsbedenken mit Blick auf die Fußball-WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko.
Ob Messi dann noch für Argentinien spielen wird, blieb erst einmal offen. «Das sind die letzten Schlachten. Wir sollten alles genießen, was wir als Nationalmannschaft erleben», hatte er vor dem Finale gesagt. Im Sommer 2026 wird Messi 39 Jahre alt.
Die eigene Copa-Geschichte von Messi
Lange war die Copa so etwas wie ein Alptraum für Messi, 2016 verkündete er nach einem erneuten Scheitern im Finale sogar seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Was folgte, war seine Rückkehr und eine WM zum Vergessen 2018 in Russland, ehe Lionel Scaloni die Mannschaft übernahm und Argentinien zur erfolgreichsten Ära führte mit dem absoluten Höhepunkt des WM-Gewinns 2022 in Katar. «Ich weiß nicht, ob wir eine Ära geprägt haben, aber die Mannschaft überrascht immer wieder. Sie übersteht alle Schwierigkeiten», sagte er nach dem erneuten Copa-Titel.
Nach seinem siebten Südamerika-Finale stemmte Messi mithilfe seiner langjährigen Mitstreiter Ángel di Mariá bei dessen letztem Länderspiel und Nicolás Otamendi die riesige Trophäe in den Himmel von Miami. Den einzigen Treffer einer hart geführten Partie hatte Lautaro Martínez in der 112. Minute erzielt. «Alle für einen», schrieb der Sender «TyCSports». «Ohne Messi, mit Drama», hieß es bei «Clarín.»
Auch in Messis ehemaliger Wahlheimat Spanien machten die Szenen des so angefassten Messi auf der Bank schnell die Runde trotz des eigenen EM-Triumphes am Sonntag in Berlin. «Messis ungeheure Trostlosigkeit: Er bricht zusammen... und kann selbst auf der Bank nicht aufhören zu weinen», schrieb die Sportzeitung «Marca». Doch allerspätestens mit dem Schlusspfiff waren es nur noch Freudentränen.
Party am Obelisken in Buenos Aires
Dass er nun in Miami, wo der seit einem Jahr spielt, wieder einen großen Pokal in den Händen hielt, passt in die finale Traumkarriere des Ausnahmekönners mit nunmehr insgesamt 45 Titeln auf Vereins- und Länderspielebene - auch ein Superlativ im Weltfußball. Zusammen mit seiner Ehefrau Antonela Roccuzzo und den drei Söhnen strahlte Messi beim nächsten denkwürdigen Foto seines Fußball-Albums längst wieder, in der Kabine ging die Party dann richtig los.
Und auch am Obelisken in Buenos Aires stieg schon wieder die nächste Fußball-Fiesta. Tausende Fans feierten im Zentrum der argentinischen Hauptstadt den Sieg der Nationalmannschaft. Einige wollten selbst in den frühen Morgenstunden die wichtige Avenida 9 de Julio nicht für den Berufsverkehr freigeben. Die Polizei ging schließlich mit Wasserwerfern gegen sie vor, wie im Fernsehen zu sehen war.
Bereits vor dem Spiel kam es zu einem tragischen Unfall. Ein Fußballfan war neben dem Obelisken auf eine bepflanzte Werbetafel für Buenos Aires geklettert und schließlich aus sechs Metern Höhe in die Tiefe gestürzt. Der 29-Jährige kam dabei ums Leben, wie die Zeitung «La Nación» berichtete.
In Kolumbien wurden nach der 0:1-Niederlage der Nationalmannschaft fünf Menschen bei Schlägereien getötet. «In den meisten Fällen waren Stichwaffen im Spiel», zitierte die Nachrichtensendung «Noticias Caracol» Nicolás Rojas, Leiter der nationalen Polizei.
Mit 16 Copa-Titeln ist Argentinien nun Rekordmeister. Nach den WM-Erfolgen Argentiniens 1978 und 1986 krönten Messi und di María, der 2021 das Tor zum 1:0 im Copa-Finale gegen Brasilien erzielt hatte, ihre goldene Generation mit der Titelverteidigung. Unter Tränen und dem Jubel der argentinischen Fans wurde di María in der Schlussphase ausgewechselt. «Ich bin dieser Generation auf ewig dankbar, dass sie alles gegeben und mich dazu gebracht hat, das zu erreichen, was ich mir so sehr gewünscht habe», sagte er. «Das Ende war wie im Film», betonte Trainer Scaloni.
Wiedersehen zwischen Messi und Yamal?
Die Frage, wie es mit Messi weitergeht, dürfte nicht nur Fußball-Argentinien mit Hochdruck weiter beschäftigen. Eine Diagnose zu seiner Verletzung, die manche Argentinier umgehend an den dicken Knöchel von Diego Maradona bei der WM 1990 erinnerte, gab es zunächst nicht. Messi könnte aber erst einmal eine längere Pause drohen.
Hängt er aber nach mittlerweile 186 Länderspielen mit 109 Toren noch zwei Jahre bis zur WM dran, um auch dann die Titelverteidigung anzustreben? Wenn, dann würde es auch zu einer Wiederbegegnung zweier Fußball-Generationen im kommenden Jahr kommen. Termin und Spielort für das Finalissima stehen zwar noch nicht fest, wohl aber die beiden Mannschaften: Argentinien und Spanien nach dem EM-Triumph am Sonntag in Berlin gegen England.
18 Jahre nach einem Fototermin könnte es damit zum Wiedersehen zwischen Messi und dem spanischen Shootingstar Lamine Yamal von Messis Herzensclub FC Barcelona kommen. 2007 hatte Messi bei einem Fotoshooting Yamal im Baby-Alter gebadet und ihn in einer Decke gewickelt liebevoll im Arm gehalten.
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