Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten
FC Ingolstadt
Icon Pfeil nach unten

Fußball: Pascal Groß: Der Profi mit dem großen Herz

Fußball

Pascal Groß: Der Profi mit dem großen Herz

    • |
    Im „Konzert der Großen“: Der ehemalige Ingolstädter Pascal Groß (rechts) von Brighton & Hove Albion scheut auch mit Tottenhams Stürmer-Star Harry Kane (links) keine Konfrontation.
    Im „Konzert der Großen“: Der ehemalige Ingolstädter Pascal Groß (rechts) von Brighton & Hove Albion scheut auch mit Tottenhams Stürmer-Star Harry Kane (links) keine Konfrontation. Foto: imago-sport

    Auch in tristen Zeiten wie in diesen Tagen und Wochen lässt ein Name die Herzen der Anhänger des FC Ingolstadt nach wie vor höher schlagen: Pascal Groß. Die bisherigen Glanzzeiten des jungen oberbayerischen Vereins sind eng mit dem gebürtigen Mannheimer verbunden. Zwischen 2012 und 2017 trug der 28-Jährige das FCI-Trikot, ehe er nach dem Bundesliga-Abstieg in die englische Premier League zu Brighton & Hove Albion wechselte und sich auch dort rasch zum absoluten Leistungsträger bis heute aufschwang.

    Herr Groß, auch an Sie geht natürlich die momentan wichtigste Frage: Wie geht es Ihnen?

    Groß: Mir persönlich geht es sehr gut, vielen Dank! Meiner Familie auch. Von dem her ist alles bestens.

    Sie befinden sich momentan in Ihrer Heimat Mannheim. Wann und warum haben Sie die Entscheidung getroffen, England zu verlassen und aktuell die Zeit daheim in Deutschland zu verbringen?

    Groß: Nun, nachdem der Spielbetrieb in der Premier League gestoppt wurde, wusste zunächst niemand so richtig, wie es überhaupt weitergeht. Dementsprechend mussten wir die ersten zwei Wochen noch vor Ort bleiben. Danach gab es nochmals eine Besprechung zwischen allen Vereinen, in der man zur Feststellung kam, das in den nächsten Wochen definitiv kein Trainingsbetrieb möglich sei. Aus diesem Grund wurde den ausländischen Spielern dann von Vereinsseite erlaubt, nach Hause zu fliegen und dort quasi Heimaturlaub zu machen. Ich habe diese Möglichkeit genutzt und bin jetzt seit rund zwei Wochen daheim in Mannheim.

    Dennoch werden Sie mit Sicherheit nach wie vor in engem Kontakt mit Ihren Teamkollegen vor Ort stehen. Wie lauten deren Schilderungen hinsichtlich der momentanen Corona-Situation auf der „Insel“?

    Groß: Ja klar, wir unterhalten uns sehr viel über dieses Thema. In Großbritannien ist die Todesrate deutlich höher als in Deutschland, was natürlich sehr schlimm ist. Zum einen hinkt das englische Gesundheitssystem dem deutschen sicher hinterher. Zum anderen herrscht in einer Großstadt wie London, wo viele Millionen Menschen dicht aufeinander leben, eine ganz andere Situation. Da ist es deutlich schwerer, ein solches Virus entsprechend einzudämmen.

    Nichtsdestotrotz ist auch die Bewegungs-Freiheit der Menschen in Deutschland aufgrund dieser Krise eingeschränkt. Wie sieht denn Ihr momentaner Alltag in Mannheim aus?

    Groß: Nun, ich habe das Glück, dass hier in meinem Elternhaus auch meine Schwester, meine Freundin und mein Hund wohnen. Da sind wir zumindest als Familie zusammen. Klar, viel machen oder unternehmen können wir logischerweise nicht. Wenn das Wetter gut ist, kann man sich zumindest in den Garten setzen oder mit dem Hund spazieren gehen. Was Sport betrifft, gehe ich in den Wald zum Joggen und mache dort einige Kraft- und Stabilisationsübungen. Ansonsten haben wir von Vereinsseite aus noch dreimal in der Woche die Möglichkeit, über das Internet beziehungsweise iPad ein gemeinsames Fitness-Programm zu absolvieren, bei dem wir uns über „Zoom“ gegenseitig sehen. Nachdem ja wir momentan auf der ganzen Welt verteilt sind, ist es auch immer eine sehr gute Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren.

    In den deutschen Fußball-Profiligen wird mittlerweile schon in Kleingruppen unter Einhaltung des Mindestabstands trainiert. Auch soll nach Möglichkeit der Spielbetrieb in der Bundesliga und 2. Liga am ersten oder zweiten Mai-Wochenende wieder aufgenommen werden. Blicken Sie diesbezüglich etwas „neidisch“ dorthin?

    Groß: Nein, neidisch bin ich auf keinen Fall. Aber klar, jeder Fußballer oder auch ’normale’ Arbeiter, der momentan seinem Job nicht nachgehen kann, ist selbstverständlich froh, wenn er Schritt für Schritt seinem gewohnten Alltag näher kommt und letztlich seinen Beruf wieder ausüben kann. Auf den Fußball bezogen, ist ein Training in Kleingruppen eben ein guter erster Schritt. Aber am Ende müssen natürlich Fachleute die endgültige Entscheidung treffen, inwieweit etwas aus gesundheitlicher Sicht Sinn macht. Würde man beispielsweise mit dem Liga-Betrieb starten und müsste dann erneut unterbrechen, wäre das alles andere als gut. In meinen Augen kann es nur dann wieder losgehen, wenn sich die Spieler untereinander, aber auch andere Menschen nicht gefährden und man zugleich genügend Optionen findet, um das Ganze reibungslos über die Bühne zu bringen.

    Haben Sie von Ihrem Verein Brighton & Hove Albion schon Informationen oder einen Fahrplan bekommen, wie es in der Premier League konkret weitergehen soll?

    Groß: Mein Stand ist, dass wir versuchen wollen, ab dem 1. Mai so zu trainieren, wie es derzeit in der Bundesliga der Fall ist, sowie am ersten Juni-Wochenende wieder zu spielen. Das sind zumindest die aktuellen Aussagen der FA (englischer Fußball-Verband, Anm. Red.), die freilich bei ihren wöchentlichen Meetings die Gesamt-Situation immer wieder unter die Lupe nehmen und schauen, ob und was Sinn ergibt. Letztlich hängt alles davon ab, wie sich diese Krise weiter entwickelt.

    Sie selbst haben sich bereits während dieser Corona-Krise sehr großzügig gezeigt und eine beachtliche Summe gespendet. Warum ist Ihnen dieses soziale Engagement so wichtig?

    Groß: Nun, ich habe einfach das große Glück, dass ich durch meinen Beruf als Fußball-Profi privilegiert und dadurch wirtschaftlich nicht so betroffen wie andere Menschen bin. Dadurch bin ich in der Lage, diesen Leuten unter die Arme zu greifen und in diesen schwierigen Zeiten etwas Freude zu bereiten. Für mich ist das selbstverständlich. Ich engagiere mich ohnehin das ganze Jahr über in England für verschiedene soziale Projekte. Mir ist es einfach wichtig, bedürftige Menschen mit Kleinigkeiten zu unterstützen.

    Bereits während Ihrer Zeit beim FC Ingolstadt galten Sie als sehr bodenständiger, zurückhaltender und umgänglicher Mensch. Woher kommen bei Ihnen diese im Fußball-Geschäft fast schon untypischen Charakter-Eigenschaften?

    Groß: Ich bin einfach so erzogen worden. Mir ist bewusst, dass ich in der glücklichen Lage bin, Profi-Fußball spielen zu dürfen und dabei auch noch gutes Geld verdiene. Und wenn ich davon überzeugt bin, etwas Gutes für meine Mitmenschen tun zu können, dann teile ich auch gerne. Diese Einstellung wurde mir von meinen Eltern mitgegeben.

    Bleiben wir beim FC Ingolstadt. Sie haben insgesamt fünf Jahre (2012 bis 2017) bei den Schanzern verbracht – zwei Spielzeiten davon sogar in der Bundesliga (2015 bis 2017). Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute auf Ihre Zeit beim FCI zurück?

    Groß: Ausschließlich mit positiven Gefühlen! Ich bin damals als 21-Jähriger nach Ingolstadt gekommen und habe mich zusammen mit dem Verein entwickelt. Zu Beginn ging es in der 2. Liga noch gegen den Abstieg. Dann sind wir in die Bundesliga aufgestiegen und haben auch dort zwei richtig gute Spielzeiten absolviert. Obwohl wir im zweiten Jahr nach einer ganz schlechten Hinrunde wieder abgestiegen sind, haben wir in der zweiten Saisonhälfte dennoch gezeigt, über welches Potenzial wir verfügen. In diesen fünf Jahren habe ich auch viele nette Teamkollegen, Verantwortliche und Freunde getroffen. Es war auf alle Fälle eine wunderschöne Zeit, auf die ich nach wie vor mit Stolz zurückblicke. Wir waren damals ein ganz junger Verein und haben wirklich eine ganze Menge bewegt.

    Was auch noch dazukommt: Sie haben als gebürtiger Mannheimer die bayerische Kultur kennengelernt!

    Groß: (lacht) Ja, das stimmt. Ich kann jedenfalls behaupten, dass ich während dieser fünf Spielzeiten sowohl auf als auch neben dem Platz definitiv viel gelernt habe.

    Einer der unvergesslichsten Tage beim FC Ingolstadt dürfte sicher der 17. Mai 2015 gewesen sein, als man mit einem 2:1-Heimsieg gegen RB Leipzig den Bundesliga-Aufstieg perfekt gemacht hat. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Ereignis?

    Groß: Es war einfach ein richtig pfundiger Tag! Wir waren schnell mit 0:1 hinten, haben dann aber das Ding noch gedreht und uns für eine überragende Saison mit dem Aufstieg belohnt. Diesen unglaublichen Erfolg hatte uns zu Saisonbeginn absolut niemand zugetraut. Auch für mich persönlich war es eine riesen Sache, in meiner dritten FCI-Saison den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Zudem hat man auch deutlich gemerkt, wie wichtig den Menschen im, aber auch um den Verein herum dieser große Erfolg war. Ich kann definitiv sagen, dass es einer der schönsten Momente in meiner bisherigen Karriere war, der an diesem Tag natürlich auch gebührend gefeiert wurde (lacht).

    undefined

    Auch im ersten Bundesliga-Jahr ist die Mannschaft buchstäblich über sich hinausgewachsen und hat am Ende mit 40 Punkten einen tollen elften Platz belegt. Was genau war das Erfolgsgeheimnis dieses Teams?

    Groß: Nun, wir hatten zum einen ein System, in dem jeder Spieler genau wusste, was seine Aufgabe ist. Zum anderen waren wir bereits gut eingespielt und hatten eine super Kameradschaft. Letzteres übrigens nicht nur innerhalb der Mannschaft, sondern auch mit dem ganzen Team drumherum. Ich glaube, da hat einfach alles zusammengepasst.

    Der „Vater des Erfolges“ war dabei zweifelsohne Ralph Hasenhüttl. Was hat den damaligen Cheftrainer speziell ausgezeichnet?

    Groß: Er hat uns immer top eingestellt. Auch das Pressing, das wir unter ihm gespielt haben, hat zumeist hervorragend geklappt. Was mir persönlich neben seinem großen Fußball-Sachverstand am meisten imponiert und gefallen hat, war seine Menschlichkeit. Mit ihm konnte man nicht nur über Fußball, sondern auch immer über private Dinge vertraulich sprechen. Nicht zu vergessen natürlich auch seine Fähigkeiten als Motivator.

    Nach seinem zweijährigen Engagement bei RB Leipzig (2016 bis 2018) unterschrieb Hasenhüttl am 6. Dezember 2018 einen Vertrag beim Premier-League-Klub FC Southampton. Wie groß war die Freude, als Sie sich – wenn auch als Kontrahenten – in England wiedergesehen haben?

    Groß: Das war schon richtig cool! Wir hatten ja auch zuvor schon immer regelmäßig Kontakt – sei es über das Telefon oder Kurznachrichten. Ich glaube, wir beide schätzen uns gegenseitig sehr. Deshalb ist die Freude immer groß, wenn man sich wiedersieht – auch mit dem Hintergrund, dass wir zusammen schöne Erfolge gefeiert haben.

    undefined

    Von derartigen Erfolgen ist der FC Ingolstadt derzeit weit entfernt. Wie sehr schmerzt Ihr „FCI-Herz“, wenn Sie den Verein momentan in der 3. Liga sehen?

    Groß: Das tut mir schon sehr weh! Zum einen sind ja nach wie vor etliche Leute aus meiner Zeit noch da. Zum anderen liegt mit der Verein selbst sehr am Herzen. Ich glaube zwar, dass dieser Abstieg in die 3. Liga nicht nötig gewesen wäre. Aber im Fußball geht es eben manchmal genau so schnell nach unten, wie es nach oben geht. Deshalb muss man immer versuchen, nachhaltig zu arbeiten und gute Entscheidungen zu treffen. Wenn man dann zu viele schlechte trifft, geht es bergab.

    Stehen Sie eigentlich mit einigen ehemaligen „Mitkämpfern“ aus Ingolstädter Zeiten noch in Kontakt?

    Groß: Ja, mit Benjamin Hübner (jetzt TSG Hoffenheim, Anm. d. Red.) habe ich beispielsweise nach wie vor sehr engen Kontakt, da sich bereits während unserer Ingolstädter Zeit eine richtige Freundschaft entwickelt hat. Ansonsten schreibe oder telefoniere ich noch regelmäßig mit Max Christiansen, Sonny Kittel, Marvin Matip, Pressesprecher Oli Samwald oder Michael Henke und Flo Zehe, die ja jetzt in anderen Funktionen beim FCI tätig sind.

    Wagen wir zum Abschluss dieses Gesprächs noch einen Ausblick beziehungsweise eine Prognose. Was sagt Ihr derzeitiges Bauchgefühl: Wird in dieser Saison in der Premier League nochmals gespielt?

    Groß: Puh, das ist eine gute Frage. Der große Wunsch ist auf alle Fälle vorhanden, damit ich weiß, wofür ich momentan trainiere. Das Komische an dieser Situation ist, dass ich erstmals in meiner Karriere eigentlich gar nicht weiß, worauf ich mich derzeit vorbereite. Wenn ich zum heutigen Zeitpunkt nach England blicke und sehe, was dort in Sachen Corona gerade los ist, kann ich es mir nicht vorstellen, dass es wieder losgeht. Entscheidend wird sicherlich sein, wie sich das Ganze in den nächsten drei, vier Wochen entwickelt. Da ich kein Virologe bin, kann ich diese Lage überhaupt nicht einschätzen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden