Normalerweise ist es im Profifußball so: Die Fans wollen etwas von den Spielern, etwa ein Autogramm nach dem Training oder ein Foto nach dem Spiel.
In Zeiten des Coronavirus und der ersten vier Teams, die in der Bundesliga und der 2. Bundesliga komplett unter Quarantäne stehen, ändert sich das aber gerade. Da bat der Kapitän von Hannover 96 alle Anhänger, ihm Serien- und Film-Empfehlungen zu geben, damit er sich zu Hause nicht zu sehr langweilt. "Jeder, der das jetzt liest: Bitte Ideen zu mir!", sagte Marvin Bakalorz in einem Interview auf der Internetseite des Vereins.
Bis zum Sonntagmittag gab es im deutschen Profifußball fünf Spieler, die positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet wurden: Timo Hübers und Jannes Horn von Hannover 96, Luca Kilian vom Erstligisten SC Paderborn, Fabian Nürnberger vom 1. FC Nürnberg sowie Stefan Thesker von Holstein Kiel. Das hat zur Konsequenz, dass auch alle ihre Mannschaften von den jeweiligen Gesundheitsämtern für 14 Tage in eine häusliche Quarantäne geschickt wurden.
Und das bedeutet wiederum: Während die meisten anderen Clubs am Montag wieder so etwas wie einen normalen Trainingsbetrieb aufnehmen wollen, dürfen die Spieler in Hannover, Paderborn, Nürnberg und Kiel nicht einmal für 20 Minuten vor die Tür, um joggen zu gehen. Alle haben von ihren Vereinen Trainingspläne für die Zeit der Quarantäne bekommen, aber wie soll das in der Praxis funktionieren?
"Jeder von den Spielern hat ein paar Hanteln mitgenommen und Fitnessgeräte. Am Montag werden die Spinning-Bikes zu den Jungs, die zu Hause sind, geliefert", erklärte der Paderborner Sport-Geschäftsführer Martin Przondziono in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung". Auch der 1. FC Nürnberg will Geräte wie Laufbänder, Ergometer oder Hanteln besorgen und diese seinen Fußballern nach Hause bringen. "Wir haben eine Versorgung eingerichtet, dass die Jungs genügend Lebensmittel bekommen", sagte der Sportvorstand Robert Palikuca darüber hinaus.
Der Paderborner Luca Kilian ist bislang der einzige Coronafall in der ersten oder zweiten Liga, der sich auch wirklich krank fühlt. "Er hatte zwei Tage wirklich Probleme, mit Fieber und Schüttelfrost, aber inzwischen geht es ihm besser", sagte Przondziono.
Das bedeutet auch: Alle anderen unter Quarantäne stehenden Profis "hocken zu Hause" (Timo Hübers) und merken: "Viel erdrückender ist eigentlich die Langeweile. Es ist doch schwer, die Tage herumzubekommen", wie der Verteidiger von Hannover 96 beschrieb. "Aufgaben des täglichen Lebens versuche ich an Freunde und Bekannte abzugeben, die nicht unter Quarantäne stehen. Gerade wurden mir ein paar Einkäufe auf die Fensterbank gestellt", sagte Hübers in einem Video-Interview, das auf der 96-Homepage zu sehen ist. Dort äußert sich jeden Tag ein anderer Spieler in einem Quarantäne-Tagebuch.
Daraus geht auch hervor: Die Spieler in Hannover telefonieren ständig miteinander. "Wenn man vielleicht eine positive Sache an der Quarantäne hervorheben kann, dann: Dass sie schon auf gewisse Weise zusammenschweißt. Man geht zusammen in eine ungewöhnliche Situation", sagte Hübers.
Und es wird sie beruhigen, was der Chef der medizinischen Abteilung von Bayer Leverkusen in der ARD-"Sportschau sagte: Dass eine zweiwöchige Quarantäne auf die sportliche Leistungsfähigkeit von Fußballprofis keine Auswirkungen hat. "Zwei Wochen stören überhaupt nicht, erst ab der dritten Woche wird es schwieriger", sagte Karl-Heinrich Dittmar. (dpa)
Video-Interview mit Timo Hübers
Interview mit Martin Przondziono