Stallgeruch statt Renommee - Borussia Dortmund setzt bei der Neubesetzung des Trainerpostens offenbar erneut auf Vereinsnähe. Laut Medienberichten soll Nuri Sahin die Nachfolge von Edin Terzic antreten.
Wie schon sein Vorgänger verfügt auch der ehemalige BVB-Profi über wenig Erfahrung auf der Bank, steht dem Champions-League-Finalisten aber emotional sehr nahe. Der bisherige Terzic-Assistent und Regisseur der Meistermannschaft von 2011 wäre im Fall einer Einigung gleich mächtig gefordert. Schließlich steht auf gleich mehreren Ebenen ein Umbruch bevor.
Die Suche nach einem Ersatz für Terzic, der den Tabellenfünften der vergangenen Saison am Donnerstag um die sofortige Auflösung seines bis 2025 datierten Vertrags gebeten hatte, scheint den Clubbossen leicht zu fallen. Seit seiner Rückkehr nach Dortmund im vergangenen Januar galt Sahin als Schattentrainer und machte nie einen Hehl aus seinen Ambitionen, irgendwann einmal beim BVB als Chefcoach zu arbeiten. Nun könnte der Wunsch schneller als erwartet in Erfüllung gehen.
Kaderumbau steht bevor
Wie sein in Menden geborener Vorgänger stammt der 35 Jahre alte Lüdenscheider aus der Nähe von Dortmund. Zudem genießt er nach über 200 Spielen im schwarzgelben Trikot in der Revierstadt einen guten Ruf. Erste Erfahrungen als Trainer im Profibereich sammelte Sahin von 2021 bis 2023 beim türkischen Erstligisten Antalyaspor. "Wenn der BVB nachfragt, kann ich nicht "nein" sagen. Es fühlt sich sehr schön an, nach Hause zu kommen", hatte Sahin bei seiner Rückkehr zu seinem Herzensclub im Januar geschwärmt.
Zusammen mit dem neuen Sportchef Lars Ricken, Sportdirektor Sebastian Kehl und Kaderplaner Sven Mislintat könnte der 52-malige türkische Nationalspieler, der in seiner Profikarriere für den BVB, Real Madrid, den FC Liverpool, Werder Bremen und Antalyaspor auflief, zu einem Kaderumbau beitragen. Ziel ist eine Rückkehr zur eigentlichen DNA der Borussia mit attraktiverem Offensivfußball. Dazu soll neben vielen anderen geplanten Neuzugängen auch der Stuttgarter Torjäger Serhou Guirassy beitragen, mit dem der BVB dem Vernehmen nach in aussichtsreichen Verhandlungen steht.
Die mögliche Beförderung von Sahin wird in der Szene nicht von allen als kluger Schachzug bewertet. So äußerte sich der frühere Nationalspieler und neue Geschäftsführer Profifußball des 1. FC Union Berlin Horst Heldt bei Sky kritisch: "Wir reden von Veränderungen. Aber wenn Veränderungen dieselben sind, dann sind es keine Veränderungen". Wie Terzic sei auch Sahin "aus dem eigenen Stall". "Vielleicht wäre ein Neuanfang mit einer Nicht-BVB-Vergangenheit sinnvoller", kommentierte Heldt.
Abgang von Hummels steht wohl bevor
Viel wird davon abhängen, wie es dem neuen Trainer gelingt, für eine neue Hierarchie im Team zu sorgen. Mit Marco Reus und wohl auch Mats Hummels scheiden zwei Leitwölfe aus. Dass auch die Tage des zuletzt überragenden Abwehrchefs im BVB-Trikot gezählt sind, scheint ausgemachte Sache. Nach Informationen der "Ruhr Nachrichten" wird der auslaufende Vertrag von Hummels nicht verlängert.
Sein Interview zur Unzeit kurz vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid (0:2) in der "Sport Bild", in dem der 35 Jahre alte Routinier deutliche Kritik an der Arbeit von Terzic geübt hatte, kam in der Chefetage nicht gut an. Daran ändert auch das Aus des bisherigen Cheftrainers nichts. Die jüngsten Schlagzeilen über das Trainerbeben in Dortmund und seinen möglichen Abschied kommentierte Hummels am Donnerstagabend via Instagram: "Den heutigen Tag zusammenzufassen, wird auch für mich eine Herausforderung." Die Nachricht versah er mit einem lachenden Emoji.
Für den Fall eines Weggangs aus Dortmund hatte Hummels einen Wechsel "ins nahe europäische Ausland" in Aussicht gestellt. Laut Medienberichten sind Clubs aus Italien interessiert.
(Von Heinz Büse, dpa)