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Heiko Herrlich: Karrieresprung nach Leverkusen: Herrlich ist zurück im Rampenlicht

Heiko Herrlich

Karrieresprung nach Leverkusen: Herrlich ist zurück im Rampenlicht

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    Der neue Bayer-Coach Heiko Herrlich (M.) bei seiner Vorstellung mit Sportdirektor Rudi Völler.
    Der neue Bayer-Coach Heiko Herrlich (M.) bei seiner Vorstellung mit Sportdirektor Rudi Völler. Foto: Federico Gambarini (dpa)

    Seine Maxime stibitzte Heiko Herrlich aus dem Märchen von den Zeitdieben. "Ich arbeite nach dem Beppo-Prinzip", verwies der frühere Nationalstürmer vor dem beeindruckenden Durchmarsch mit Jahn Regensburg in die 2. Bundesliga auf den Straßenkehrer aus Michael Endes Roman "Momo".

    Immer nur auf den nächsten Meter schauen, alles andere sei völlig irrelevant. Einen Trainer mit totaler Fokussierung erhält nun Bayer Leverkusen. Die beiden bedeutendsten Partien in seiner Trainerkarriere bestand Herrlich erst zuletzt mit Bravour. Der 45-Jährige wusste um die Bedeutung der Relegation für den Jahn, für seine Spieler - und vor allem für sich. In nur anderthalb Jahren konnte Herrlich die Oberpfälzer aus der vierten in die 2. Liga führen.

    In München schloss sich für Herrlich ein Kreis. Am 28. Mai 1997 hatte er - damals noch im Olympiastadion - mit Borussia Dortmund im Champions-League-Finale gegen den großen Favoriten Juventus Turin mit 3:1 triumphiert. Ottmar Hitzfeld wechselte ihn damals beim Stand von 2:1 für den zweifachen Torschützen Karlheinz Riedle ein. Als entscheidender Joker stach aber damals nicht er, sondern der 20 Jahre junge Lars Ricken, der nach nur zehn Sekunden auf dem Platz den dritten BVB-Treffer schoss.

    Fast auf den Tag genau 20 Jahre später feierte Herrlich in München gegen den TSV 1860 seinen größten Erfolg als Trainer - den Aufstieg in die 2. Liga. "Es erfüllt mich mit Demut und Dankbarkeit, dass ich Teil sein darf von Jahn Regensburg", sagte Herrlich nach dem Coup.

    Bayer Leverkusen holt Heiko Herrlich als neuen Trainer

    Leverkusens neuer Trainer Heiko Herrlich stieg mit Regensburg auf.
    Leverkusens neuer Trainer Heiko Herrlich stieg mit Regensburg auf. Foto: Andreas Gebert (dpa)

    Der fünfmalige Nationalspieler (1 Tor), der in 258 Bundesligaspielen für Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und den BVB 75 Treffer erzielte, hat schon viel erlebt. Und er ist ein Kämpfer. Das hat er gerade abseits des Fußballplatzes bewiesen. Im Herbst 2000 war bei ihm ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert worden. Mit einer Strahlentherapie wurde dieser erfolgreich bekämpft. 2001 feierte Herrlich ein Comeback in der Bundesliga, zur Bestform aber fand er bis zum Karriereende mit 32 Jahren im Jahr 2004 nicht mehr zurück.

    "Ich war schon vor meiner Krankheit gläubiger Christ, habe dem Leben gegenüber aber noch einmal eine dankbarere Haltung angenommen", erzählte der Familienvater der Mittelbayerischen Zeitung. Beim Kinder-ins-Bett-Bringen ist ihm ein Standardsatz für das gemeinsame Einschlafritual wichtig: "Nenne mir drei schöne Sachen, die dir heute passiert sind." Schlummern mit schönen Gedanken.

    Mit dem Aufstieg erhielt Herrlichs Trainer-Karriere einen Schub - Bayer wurde auf ihn aufmerksam. In Leverkusen startete Herrlich auch einst seine Profikarriere. Als "Kulturschock" bezeichnete er das einmal. "Ich habe eine eigene Wohnung gehabt und mir jeden Morgen aus der Spüle einen Löffel und ein Messer rausgefischt und die dann schnell sauber gemacht. Ich hatte Heimweh und habe oft geheult. Diese Zeit war wirklich eine Schule für's Leben." Herrlich ist längst ein anderer Mensch.

    Mit dem überraschenden Abschied von Heiko Herrlich zu Bayer Leverkusen erlebt der SSV Jahn Regensburg ein Déja-vu. Schon nach dem Zweitliga-Aufstieg 2012 in der Relegation mussten die Oberpfälzer ihren damaligen Erfolgstrainer Markus Weinzierl ziehen lassen - und stiegen am Ende der Saison gleich wieder ab. Der Abgang von Herrlich setzt die Jahn-Chefetage kurz nach dem umjubelten Aufstieg in die 3. Liga in der Relegation gegen 1860 München nur 17 Tage vor dem Trainingsauftakt unter Handlungsdruck.

    Die Regensburger Führungsriege zollte dem 45-Jährigen zum Abschied aber nochmal Respekt. "Heiko hat in seiner Zeit beim Jahn Großartiges geleistet und unsere Mannschaft mit seiner akribischen Arbeit von der Regionalliga in die 2. Bundesliga geführt. Nicht nur aufgrund dieser beachtlichen sportlichen Erfolge, sondern auch wegen seines gesamten Auftretens wird man ihn beim Jahn immer in positiver Erinnerung behalten", äußerte Geschäftsführer Christian Keller.

    Dass Herrlich nun einen Karrieresprung in die Bundesliga machen wollte, "ist für uns zwar äußerst schmerzhaft, aber auch komplett nachvollziehbar", meinte Keller weiter. Herrlich hatte im Dezember 2015 den Posten in Regensburg übernommen und dann mit zwei Aufsteigen auch überzeugende Eigenwerbung betrieben. Sein Vertrag galt noch für eine weitere Drittliga-Saison. Für die Fortsetzung der Zusammenarbeit in der 2. Bundesliga liefen Gespräche, wie der Verein einräumte. "Es war eine ganz besondere Zeit, für die ich mich bei allen Beteiligten bedanken möchte", sagte der frühere DFB-Nachwuchscoach Herrlich.

    Leverkusen: Völler freut sich auf Heiko Herrlich

    Bundestrainer Joachim Löw lobte die Leverkusener Wahl. "Heiko Herrlich hat beim DFB damals im U-Bereich sehr gute Arbeit geleistet. Jetzt ist er mit Jahn Regensburg aufgestiegen. Er hat eine gewisse Zeit als Trainer Erfahrung gesammelt. Ich denke, dass das sehr gut passen kann", sagte Löw am Freitag in Herzogenaurach.

    Leverkusen äußerte sich nicht zu möglichen Ablöse-Modalitäten. Sportchef Rudi Völler kündigte aber schon mal ein Freundschaftsspiel vor dem Saisonstart an und sprach auch über "die Möglichkeit, einen jungen Spieler nach Regensburg abzugeben".

    So liefen die Relegationsspiele für die bayerischen Mannschaften

    Schon zwischen 1982 und 1991 wurde ein Bundesliga-Platz in der Relegation ausgespielt, 2009 wurde die Relegation wieder eingeführt. Der Zweitliga-Dritte 1. FC Nürnberg schlug Energie Cottbus mit 3:0 und 2:0 und stieg auf.

    Ein Jahr später setzte sich Nürnberg, jetzt Drittletzter der Bundesliga, wieder durch. Die Franken gewannen gegen den damaligen Zweitligisten FC Augsburg mit 0:1 und 0:2.

    Ebenfalls 2010 spielte ein weiteres bayerisches Team in der Relegation zur 2. Liga. Drittligist FC Ingolstadt 04 besiegte den Zweitligisten Hansa Rostock 1:0 und 2:0 und stieg auf.

    Ein weiterer bayerischer Aufsteiger aus der 3. Liga: Der SSV Jahn Regensburg spielte 2012 1:1 und 2:2 gegen den Karlsruher SC und setzte sich dank der Auswärtstorregel durch.

    Auch zwei Unentschieden, aber weniger Glück für das Team aus Bayern: Die SpVgg Greuther Fürth zog 2014 in der Relegation zur Bundesliga gegen den Hamburger SV ebenfalls wegen der Auswärtstorregel den kürzeren. Die Spiele endeten 0:0 und 1:1.

    Erst in der Nachspielzeit fiel der entscheidende Treffer der Relegation zur 2. Liga 2015. Zweitligist TSV 1860 München gewann nach einem 0:0 im Hinspiel noch mit 2:1 gegen Holstein Kiel und hielt die Klasse.

    Nach den beiden Erfolgen 2009 und 2010 ging der 1. FC Nürnberg 2016 leer aus. In der Relegation zur Bundesliga musste sich der Zweitligist Eintracht Frankfurt nach einem 1:1 im Hinspiel zu Hause mit 0:1 geschlagen geben und verpasste den Aufstieg.

    Ein anderes Team aus Franken war 2016 in der Relegation zur 2. Liga erfolgreicher: Die Würzburger Kickers gewannen gegen den Zweitligisten MSV Duisburg beide Spiele (2:0 und 2:1) und stiegen auf. mase-

    AZ/dpa

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