Tomas Koubek (27) setzt auf einen Neustart beim FC Augsburg. Im Fall der Fortsetzung des Ligabetriebs will sich der Ersatztorwart der tschechischen Nationalmannschaft seinen Platz beim Fußball-Bundesligisten zurückerobern. "Mein Start war natürlich nicht einfach, das hat auch vor meinem Wechsel nach Augsburg niemand behauptet. Die Bundesliga ist ein harter Wettbewerb, vor allem für Torhüter. Ich versuche natürlich, den schlechten Beginn hinter mir zu lassen und einen Neuanfang hinzubekommen", sagte Koubek der Deutschen Presse-Agentur im Interview. Koubek spricht über Geisterspiele, sein Vorbild Petr Cech und seine weiteren Pläne.
Herr Koubek, tragen Sie beim Training auf dem Rasen eigentlich auch einen Mundschutz?
Tomas Koubek: Beim Training trage ich keinen Mundschutz, aber in der Öffentlichkeit schon, wenn wir zum Beispiel zum Einkaufen gehen und
Kontakt mit anderen Menschen haben könnten. Wir haben uns da von
Anfang an nach den Vorgaben der tschechischen Regierung gerichtet.
Frage: Haben Sie sich schon mit dem Szenario Geisterspiele
auseinandergesetzt?
Antwort: Ich habe noch keine Erfahrungen mit Spielen ohne Fans
gemacht. Vermutlich geht dabei der Heimvorteil verloren. Die eigenen
Fans können dein Team und dich nicht mehr so pushen. Wenn ich aus
rein beruflicher Sicht nur auf das Spiel schaue, könnte der Fußball
vielleicht auch einen Tick besser werden. Wenn die Fans nicht dabei
sind, könnte eine spezielle Form des Drucks, ein Stressfaktor
wegfallen.
Frage: Der FC Augsburg hat in der Corona-Krise als eine der ersten
Mannschaften in Kleingruppen wieder das Training auf dem Rasen
aufgenommen. Sehen Sie sich und das Team für einen möglichen Neustart
gut vorbereitet?
Antwort: Wir trainieren ja schon seit mehreren Wochen auf dem Platz,
auch wenn wir nicht alles umsetzen können, was wir wollen. Ich denke
aber nicht, dass wir physisch etwas verloren haben. Was das
Selbstvertrauen betrifft, kommt es uns zugute, weil wir als Team eine
Pause gebraucht haben. Zumindest hat uns die Pause nicht geschadet,
weil wir im Frühjahr nicht so viele Punkte geholt haben.
Frage: Auf was freuen Sie sich am meisten, wenn die Corona-Krise
beendet ist?
Antwort: Am meisten freue ich mich, wenn ich wieder meine Familie und
meine Freunde ganz normal wiedertreffen kann. Da wir relativ nah zu
Tschechien leben, waren meine Eltern und die Eltern meiner Frau oft
zu Besuch. Das fehlt uns am meisten und darauf freuen wir uns am
meisten, wenn wir wieder mit ihnen zusammenkommen können.
Frage: Tschechiens Torwart-Idol Petr Cech hatte früh in seiner
Karriere mit Sparta Prag, Stade Rennens und dem Nationalteam die
gleichen Karrierestationen wie Sie. Ist er Ihr großes Vorbild?
Antwort: Er war eines der größten Vorbilder, als ich begonnen habe,
richtig Fußball zu spielen und im Tor zu stehen. Das muss so mit 13
oder 14 Jahren gewesen sein. Ich habe seine Karriere verfolgt und
auch versucht, ihm nachzueifern. Ich hatte beim Nationalteam auch die
Gelegenheit ihn kennenzulernen und habe von ihm als Torhüter und
Mensch viel mitgenommen. Weil ich aus einer ländlichen Gegend komme,
gab es für uns im Sommer nur Fußball und im Winter Eishockey. Ich
habe früher vielleicht noch ein bisschen mehr Eishockey gespielt und
da war dann sicher Dominik Hasek ein Vorbild. Ich war sechs Jahre
alt, als Tschechien 1998 in Nagano Olympiasieger wurde und einen
riesigen Boom im ganzen Land ausgelöst hat. Ich habe mich früher
sozusagen bei beiden Sportarten bedient.
Frage: Was haben Sie von Cech gelernt?
Antwort: Es war für mich ein Riesenerlebnis, ihn beim Training zu
erleben. Am meisten hat mich beeindruckt, wie er in den
entscheidenden Momenten zur Stelle war und seinem Team helfen konnte.
Daneben hat mir natürlich imponiert, mit welcher Ausdauer er seine
Karriere fortgeführt hat, sich immer verbessern und gewinnen wollte.
Ich habe noch als Jugendlicher jede seiner Bewegungen nachgeahmt und
mit ihm dann zusammen zu trainieren, war einfach das Größte.
Frage: Miroslav Kadlec, Tomas Rosicky, Tomas Galasek oder Jaroslav
Drobny - in der Bundesliga haben viele Ihrer Landsleute großen
Eindruck gemacht. Wollen Sie in der Bundesliga auch eigene Fußstapfen
hinterlassen?
Antwort: Ich hatte mit all den Spielern, die Sie erwähnt haben, vor
meinem Wechsel in größerem oder kleinerem Umfang Kontakt und habe
mich auch über den nächsten Karriereschritt unterhalten. Für jeden
tschechischen Spieler ist es eine Ehre in der Bundesliga zu spielen
und es in eine der stärksten Ligen der Welt zu schaffen. Man will
natürlich auch selbst weiteren tschechischen Spielern zeigen, dass
man sich in der Bundesliga durchsetzen kann. Ich bin mir sicher, dass
auch ich beweisen werde, was für ein wertvoller Spieler ich in der
Bundesliga bin. Der lange Vertrag war auch ein Vertrauensbeweis und
gibt mir genug Zeit, das zeigen zu können. Mein Start war natürlich
nicht einfach, das hat auch vor meinem Wechsel nach Augsburg niemand
behauptet. Die Bundesliga ist ein harter Wettbewerb, vor allem für
Torhüter. Ich versuche natürlich, den schlechten Beginn hinter mir zu
lassen und einen Neuanfang hinzubekommen.
Frage: Sie haben in dieser Bundesligasaison gleich viermal fünf
Gegentore in einem Spiel kassiert. Wie sehr nagt das an Ihrem
Selbstvertrauen?
Antwort: Ich bin es nicht gewohnt, so viele Tore zu kassieren. Bis zu
dieser Saison musste ich in meiner gesamten Karriere vielleicht zwei-
oder dreimal fünf Gegentore in einem Spiel hinnehmen und jetzt gleich
viermal. Das ist sicher keine einfache Situation. Es hängt nun davon
ab, wie man als Torhüter das verarbeitet. Man kann sich natürlich
ganze alleine in die Verantwortung nehmen oder, das halte ich für
vernünftiger, man setzt diese Vielzahl an Gegentoren in den Kontext
einer Mannschaft, denn Fußball ist ein Mannschaftssport, in dem es
immer ums Team geht. Nach dem ersten Fünferpack ging mein
Selbstvertrauen natürlich runter, bei den nächsten Malen wusste ich
aber, wie ich damit umgehen kann.
Frage: Im letzten Augsburger Spiel vor der Corona-Unterbrechung
Anfang März ersetzte Sie der damalige Trainer Martin Schmidt gegen
den FC Bayern durch Andreas Luthe. Wie haben Sie den Torwarttausch
wahrgenommen und welche Erwartung haben Sie an den neuen Coach Heiko
Herrlich?
Antwort: Martin Schmidt wollte mit dem Torwartwechsel einen Impuls
setzen. Da schon kurze Zeit später ein neuer Trainer kam, hatte ich
kaum Gelegenheit, mich in die Gründe für den Wechsel weiter zu
vertiefen. Andi hat in dem Spiel gut gehalten, was mich freut, weil
mich starke Konkurrenz weiterbringen wird. Jetzt liegt es am neuen
Trainer, sich für einen Torwart zu entscheiden. Ich fühle mich nicht
am Boden, sondern versuche, noch mehr zu arbeiten als vorher und
glaube fest daran, dass ich wieder im Tor stehen werde. Man kämpft
natürlich noch mehr um seinen Posten, wenn man ihn verloren hat. Die
Kunst der ganz großen Spieler ist es aber dann, sobald man seinen
Posten zurückgewonnen hat, so hart weiter zu arbeiten, als ob man ihn
verloren hätte. Ich versuche, mir also den Respekt zurückzuerobern,
den ich schon in Frankreich hatte.
Frage: Sie haben den Verein angeblich rund sieben Millionen Euro an
Ablöse gekostet. Nehmen Sie diesen für den FC Augsburg hohen Betrag
als besonderen Druck wahr? Erwartet der Verein deshalb mehr von
Ihnen?
Antwort: Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen des FCA deshalb
mehr erwarten. Sie erwarten das, was ich in Rennes geleistet habe.
Deshalb haben Sie mich gescoutet, deshalb wollten sie mich und
deshalb haben sie mich verpflichtet. Ich spüre aber eine
Verantwortung dem Verein gegenüber, der Geld für mich bezahlt hat.
Ich versuche das aber nicht zu sehr an mich heran zu lassen, weil die
Position des Torhüters ohnehin hohen Druck beinhaltet. Der Verein hat
mit dem Fünf-Jahres-Vertrag für mich gezeigt, dass er mich
langfristig will, und ich sehe keinen Grund davonzulaufen. Das habe
ich noch nie gemacht.
Frage: Werten Sie die Verschiebung der EM auf 2021 als Vorteil im
Kampf um einen Platz in der Nationalmannschaft?
Antwort: Ich sehe es als Chance, es nächstes Jahr in den Kader zu
schaffen, weil ich Zeit gewonnen habe. Das bedeutet, ich habe mehr
Spiele und mehr Nominierungsrunden, in denen ich zeigen kann, dass
ich dazu gehöre. Insgesamt glaube ich, dass mir die Pause hilft, weil
ich mich allein im Training auf Dinge konzentrieren konnte, für die
während einer Saison weniger Zeit bleibt. Ich freue mich aber, wenn
es wieder losgeht und ich den Spieltagsstress wieder habe. Der fehlt
mir gerade natürlich.
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