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Ehrgeizig, erfolgreich, streitbar: Lehmann hört auf

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Ehrgeizig, erfolgreich, streitbar: Lehmann hört auf

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    Ehrgeizig, erfolgreich, streitbar: Lehmann hört auf
    Ehrgeizig, erfolgreich, streitbar: Lehmann hört auf Foto: DPA

    Nach der Verletzung von René Adler sahen ihn manche schon auf dem Weg zur WM, aber nach seiner Schelte gegen Manuel Neuer und Tim Wiese schüttelten noch mehr nur wieder den Kopf. In 22 Jahren als Fußball-Profi ist es um den Torwart des VfB Stuttgart nie ruhig gewesen - nicht einmal in den letzten fünf Tagen. Trotzdem sagt Franz Beckenbauer: "Er wird als einer der besten Torhüter Deutschlands in die Geschichte eingehen. In dieser Ruhmeshalle wird er sich aufhalten."

    Viele bedauern, dass Lehmann nach dem Spiel in Hoffenheim aufhört, und zu denen gehört wohl auch er selbst. Bis zuletzt kokettierte der 40-Jährige mit der Fortsetzung seiner Laufbahn oder einem Comeback im Nationalteam. Erst am Mittwoch sagte er mit Blick auf die WM: "Mein Ziel war immer, als bester deutscher Torwart aufzuhören. Das habe ich geschafft. Ich hätte mich nicht hinter zwei Torhüter auf die Bank gesetzt, die in dieser Saison nicht annähernd meine Konstanz hatten."

    Lehmann war immer sehr ehrgeizig, streitbar und selbstbewusst, das sprach aus diesen Sätzen noch einmal deutlich heraus. "Dass mein Verhalten mitunter als komisch wahrgenommen wird, damit kann ich leben", sagt der gebürtige Essener, denn er hat es damit auch weit gebracht. 1997 gewann er mit Schalke 04 den UEFA-Cup, 2002 mit Borussia Dortmund die Meisterschaft. In seinen fünf Jahren beim FC Arsenal wurde er englischer Meister und Pokalsieger, im Nationalteam löste er Oliver Kahn 2006 nach einem langen Zweikampf als Nummer eins ab. Die bedeutendsten und zugleich bittersten seiner 61 Länderspiele waren das WM-Halbfinale 2006 und das EM-Endspiel zwei Jahre später.

    In Erinnerung bleibt Lehmann aber auch als Heißsporn, der an manchen Tagen zu weit ging. Beim Spiel in Mainz etwa brachte sein Nachtreten gegen Aristide Bancé ihm selbst die Rote Karte ein und dem VfB das Tor zum 1:1. Anschließend nahm er einem Fan die Brille ab.

    Lehmanns Erfolge und Lehmanns Unbeherrschtheiten sind allerdings zwei Seiten einer Medaille. Er sei vom Erfolgsdenken getrieben, hat er mehrfach über sich gesagt. Und er habe in 22 Profijahren gelernt, dass man in diesem Geschäft mit Nettigkeit und Gelassenheit nicht weiterkommt. Außerhalb des Platzes fällt er genau dadurch positiv auf. Dort ist der Familienvater ein höflicher, nachdenklicher Typ.

    Sein Trainer Christian Gross sagt deshalb auch, dass der Fußball "eine große Persönlichkeit und einen hoch professionellen Sportsmann" verliert. "Jens ist ein sehr sensibler Mensch, der sich seine eigene Gedankenwelt aufgebaut hat. Ihn zeichnen Eigenständigkeit und Eigenwilligkeit aus." Sollte Lehmann noch ein Vorwort für das Buch brauchen, das bald über ihn erscheint, würden diese Sätze gut passen.

    Auch dank Gross tritt er nun so erfolgreich ab, wie er sich das immer gewünscht hat. Der Schweizer bewahrte seinen Führungsspieler nach dem Eklat von Mainz vor dem Rauswurf. Danach spielte Lehmann eine überragende Rückrunde für den VfB und wurde nach seinem letzten Heimspiel von den Fans mit stehenden Ovationen verabschiedet. Zum endgültigen Abschluss seiner Karriere hat er am Samstag seine Familie und enge Freunde eingeladen, was danach langfristig folgt, ist noch nicht ganz klar. Erst einmal wird Lehmann doch zur WM nach Südafrika fliegen - aber nur als Experte für den TV-Sender "Sky".

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