Ernüchterung statt Euphorie: Nach einer ungewohnt schwachen Vorstellung hat der FC Bayern München die fest eingeplante Meisterfeier vorerst verschieben müssen.
Der Rekord-Champion unterlag am Samstag beim FSV Mainz 05 überraschend mit 1:2 (0:2) und konnte damit den 31. Titelgewinn noch nicht perfekt machen. "Ich muss diese Niederlage erst einmal verdauen. Die Mannschaft hat auf dem Platz heute von der Intensität nicht so gewirkt, wie wir das kennen. Es hat etwas langsam ausgeschaut", übte Bayern-Trainer Hansi Flick leise Kritik.
Jonathan Burkardt in der 3. Minute und Robin Quaison (37.) schossen die lauf- und kampfstarken Mainzer zum ersten Heimsieg gegen den Branchenprimus seit dem 27. November 2011. Für die Bayern verkürzte Rückkehrer Robert Lewandowski in der vierten Minute der Nachspielzeit. Es war der 36. Saisontreffer für den Weltfußballer, dem nun nur noch vier Tore zur Einstellung des Bundesligarekordes von Gerd Müller fehlen.
Trotz der vierten Saison-Niederlage können die Münchner die neunte Meisterschaft nacheinander dennoch schon an diesem Wochenende auf der Couch perfekt machen, wenn Verfolger RB Leipzig sein Heimspiel gegen den VfB Stuttgart am Sonntag verlieren sollte. Ansonsten bietet sich in zwei Wochen gegen Borussia Mönchengladbach die nächste Chance auf den fünften Meisterstern.
"Wir wollen es selber klar machen, schauen morgen aber natürlich hin", sagte Nationaltorwart Manuel Neuer. Auch bei ihm überwog die Enttäuschung. "Diese Niederlage trifft uns schwer. Wir haben uns viel mehr vorgenommen. Gerade in der ersten Halbzeit war das viel zu wenig. So kann man nicht gewinnen", haderte Neuer mit dem Auftritt.
Die 05er bauten durch den unerwarteten Sieg ihre Erfolgsserie auf sieben Spiele ohne Niederlage aus und verschafften sich im Kampf gegen den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga weiter Luft. "Ich bin stolz, Trainer dieser Mannschaft zu sein", lobte Trainer Bo Svensson seine Schützlinge.
Mit 34 Punkten rückten die Mainzer auf den zwölften Tabellenrang vor und haben nun acht Zähler Vorsprung vor Hertha BSC auf dem ersten direkten Abstiegsplatz. Die Berliner, die wegen ihrer Corona-Quarantäne zwei Spiele weniger absolviert haben, sind am 3. Mai nächster Gegner. "Da müssen wir bereit sein und punkten, ansonsten nützt der heutige Sieg nichts", sagte 05-Sportdirektor Martin Schmidt.
Unter den Augen von Bundestrainer Joachim Löw wurden die Bayern von Beginn an durchgeschüttelt. Burkardt traf mit einem Schuss aus der Drehung früh zur Führung für die Mainzer, die den Rekordmeister ordentlich ins Schwitzen brachten. Danny Latza (10.) und Danny da Costa (18.) trafen nur den Pfosten, Quaison (16.) scheiterte aus Nahdistanz am stark reagierenden Neuer.
Die Bayern agierten pomadig und taten sich gegen die aggressiven und laufstarken Mainzer ungewohnt schwer. Die einzige Chance in der ersten Halbzeit vergab Lewandowski, der nach rund vierwöchiger Verletzungspause sein Comeback gab. Dem Polen war nicht nur in dieser Szene die fehlende Spielpraxis anzumerken. "Robert hat sicher nicht aus der Mannschaft herausgestochen", umschrieb Flick diplomatisch die schwache Leistung des Stürmers.
Auch bei Lewandowskis Teamkollegen lief wenig zusammen. Flick, der die Münchner am Saisonende verlassen möchte, reagierte zur Pause und brachte mit Eric-Maxim Choupo-Moting, Jamal Musiala und Tanguy Nianzou gleich drei frische Kräfte. Leon Goretzka, Leroy Sané und Kingsley Coman blieben dafür in der Kabine. Anders als beim 5:2 in der Hinrunde gelang den Bayern aber keine Wende mehr.
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