Ein Sieg noch heute gegen den VfR Aalen im letzten Heimspiel der Saison und der Jubel kennt keine Grenezen mehr im beschaulichen Paderborn. Der örtliche Sport-Club spielt dann in der nächsten Saison in der Eliteliga des deutschen Fußballs. Gerechnet hat damit niemand. Selbst die kühnsten Optimisten trauten der Mannschaft von André Breitenreiter vor der Saison maximal einen Platz im Mittelfeld zu. Der unerwartete Höhenflug hat vielfältige Gründe.
Trainer André Breitenreiter gibt seit Juli 2013 die Kommandos beim SC Paderborn. Es ist seine erste Station als Trainer einer Profimannschaft. Zuvor stand der 40-jährige Niedersachse beim TSV Havelse in der Regionalliga Nord an der Seitenlinie. Dort feierte der ehemalige Profi große Erfolge. Er übernahm den TSV im Januar 2011 abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Nach einer starken Rückrunde konnte völlig überraschend der Klassenerhalt gefeiert werden. In den beiden folgenden Saisons führte er den Regionalligisten auf Platz fünf und zwei. Darüber hinaus gewann der Verein zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den NFV-Pokal und nahm am damit am DFB-Pokal teil. Seine persönliche Erfolgsserie konnte Breitenreiter fast nahtlos fortführen. Nach dem die SC-Profis seine Spielphilosophie verinnerlicht hatten, marschierte der Verein unaufhaltsam in Richtung Liga eins. Kein Wunder also, dass Breitenreiter im Notizbuch einiger Erstligisten steht.
Mäzen Der SC Paderborn ist untrennbar mit dem Unternehmer Wilfried Finke verbunden. Der 62-jährige Inhaber des gleichnamigen Möbelhauses ist seit 17 Jahren als Präsident im Amt. Neben der finanziellen Unterstützung scheint Finke vor allem ein Händchen bei der Auswahl der Trainer zu haben. Neben André Breitenreiter bot der Mäzen auch Jos Luhukay (2005 - 2006) und Roger Schmitt (2011 - 2012) die Chance im Profi-Bereich Fuß zu fassen. Luhukay arbeitet mittlerweile bei Hertha BSC und Schmitt wird als amtierender österreichischer Meister in der neuen Saison bei Bayer Leverkusen seinen Dienst antreten.
Lärmschutz Ein besonderer Randaspekt am Standort Paderborn ist der Lärmschutz rund um das örtliche Stadion. In der Benteler-Arena muss um spätestens 22 Uhr Zapfenstreich sein. Schon während der ersten Bauarbeiten im Jahr 2005 gab es Klagen von Anwohnern bezüglich des Lärmschutzes, weswegen der Neubau für zwei Jahre unterbrochen wurde. Nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten wurde festgelegt, dass rund um das Stadion ab 22 Uhr Ruhe einkehrt. Auf Grund dieser Regelung fanden in Paderborn keine Montagsspiele in der zweiten Liga statt und es wird dementsprechend auch keine Freitagsspiele in der Bundesliga geben. Die SC-Spieler mussten und müssen sich also keine Sorgen um ausreichend Schlaf machen.
FahrräderIn Ostwestfalen ist das Radfahren überaus beliebt. Dass bei einer Stadionkapazität von 15000 Zuschauern aber über 1900 Fahrrad-Stellplätze zu finden sind, ist rekordverdächtig. Mehr Parkplätze für Zweiräder hat wohl kein anderes Stadion in Deutschland. Ob sich die umweltbewusste Anreise auch auf die Leistungen der Spieler auswirkt, ist zumindest fraglich. Dennoch verlor der Paderborn in den bisherigen 17 Heimspielen nur drei Mal.
Freigänger Der SC Paderborn ist wohl die einzige Profi-Mannschaft in Deutschland, bei der ein verurteilter Straftäter aktiv spielt. Süleyman Koc war während seiner Zeit beim SV Babelsberg in mehrere Raubüberfälle verwickelt. Letztlich wurde der Deutsch-Türke zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Als die Haftstrafe zum offenen Vollzug ausgesetzt wurde, startete der 24-jährige Stürmer sein Comeback in Babelsberg. Im Januar diesen Jahres wechselte Koc dann als Freigänger nach Paderborn. Mit zwei Treffern und zwei Torvorlagen in der Rückrunde trug der ehemalige Häftling zum Bundesliga-Aufstieg bei.
Etat Mit einem Etat von ca. 6,2 Millionen Euro startete der SC Paderborn in die Saison 2013/14. Der Verein gehörte damit zum unteren Drittel der 18 Zweitligisten. Auf grund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten stand von vornherein das Kollektiv im Mittelpunkt. Große Stars sucht man in Paderborn vergeblich auch wenn mit Top-Torjäger Mahir Saglik ein ehemaliger Bundesliga-Profi im Kader steht. In der Bundesliga wird der Etat dann auf 15 Millionen Euro erhöht. Zum Vergleich: Tabellenführer Köln kalkulierte in dieser Saison mit 15 Millionen Euro. Der Hamburger SV wird bei einem möglichen Abstieg in Liga zwei rund 25 Millionen Euro zur Verfügung haben. (chd)