Einer der berüchtigsten Plattitüden des Fußballs zufolge ist das nächste Spiel immer das schwerste. In alle Sprachen der Welt übersetzt und milliardenfach gebraucht, wenn alle anderen vernünftigen Gedanken in den Tiefen der Räume verschwunden sind. Hansi Flick hat diese Weisheit vor dem Treffen mit Ghana am heutigen Samstag (21 Uhr/ARD) freundlicherweise für die WM abgewandelt und präzisiert. Dem Assistenten von Joachim Löw zufolge ist „das zweite Spiel immer das schwerste“.
Das gilt in jedem Fall für Deutschland. Mögen deutsche Mannschaften eine Weltmeisterschaft auch noch so glänzend begonnen haben, auf die gelungene Ouvertüre folgte meist ein holpriger zweiter Akt, der die gesamte Aufführung bedrohlich nahe ans völlige Scheitern führte. Das läuft seit 20 Jahren so.
2006 sorgte nur das späte 1:0 für einen Sieg gegen Polen
1994 in den USA folgte dem 1:0-Sieg gegen Bolivien ein mühsames 1:1 gegen Spanien. Vier Jahre später: 2:0-Auftakt gegen die USA, 2:2 nach 0:2-Rückstand gegen Jugoslawien. Auch 2002 bescherte das zweite Gruppenspiel nur ein Remis. 1:1 im Duell mit zwar kampfstarken aber spielerisch eng begrenzten Iren. Selbst beim deutschen Sommermärchen mussten die Zuschauer bis in die Nachspielzeit hinein zittern, ehe Oliver Neuville für den mageren 1:0-Sieg gegen Polen sorgte. Ein Ergebnis, mit dem Deutschland vier Jahre später, in Südafrika, zufrieden gewesen wäre. Doch auf das fulminante 4:0 zum Start gegen Australien folgte das bittere 0:1 in der Begegnung mit Serbien, eingeleitet durch einen frühen Platzverweis für Miroslav Klose.
Man muss nun, nach dem 4:0-Auftaktsieg gegen Portugal, nicht gleich Parallelen fürchten, „eine Warnung“, hat Per Mertesacker gesagt, „ist das allerdings schon.“ Für die West-Afrikaner geht es nach der 1:2-Niederlage im ersten Gruppenspiel gegen die USA um alles. Noch eine Pleite und für die Mannschaft von Trainer James Appiah ist die WM zu Ende.
Deutschland kann vorzeitig ins Achtelfinale einziehen
Deutschland dagegen könnte sich mit einem zweiten Turniersieg vorzeitig das Achtelfinal-Ticket sichern. Dazu müsste die USA Sonntag-Nacht gegen die angeschlagenen Portugiesen mindestens einen Punkt holen.
Die deutsche Mannschaft ist bereits am Freitagabend nach Fortaleza geflogen. Der Weltverband Fifa hat den Teams vorgeschrieben, schon zwei Tage vor jedem Spiel anzureisen, um sich auf das jeweilige Klima einzustellen. Im südlichen Fortaleza wartet ein weiterer Härtetest auf Lahm & Co. Für das Spiel am Nachmittag, 16 Uhr Ortszeit, sind bis zu 30 Grad Wärme bei fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit vorausgesagt.
Offen ist noch immer, ob Mats Hummels trotz seiner schweren Oberschenkelprellung spielen kann. Fällt der Dortmunder aus, würde wohl Shkodran Mustafi in die Viererkette rücken, der Hummels schon nach dessen Auswechslung im Portugalspiel ersetzt hat. Weitere Personalwechsel sind nicht in Sicht. Damit wäre auch Mesut Özil wieder von Beginn an dabei. Der 26-Jährige hat Deutschland vor vier Jahren mit seinem Tor den 1:0-Erfolg gesichert. Noch ein Sieg und das nächste Spiel für die deutsche Mannschaft am Donnerstag in Recife (18 Uhr/ZDF) gegen die USA wäre das Leichteste.