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WM 2014: Das soziale Band droht zu reißen

WM 2014

Das soziale Band droht zu reißen

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    Größenwahn und Misswirtschaft haben in Brasilien zu anhaltenden Protesten geführt.
    Größenwahn und Misswirtschaft haben in Brasilien zu anhaltenden Protesten geführt. Foto: Sebastiao Moreira (dpa)

    Als der Fußball-Weltverband Fifa vor sieben Jahren die WM 2014 an Brasilien vergab, erntete er ein letztes Mal weltweiten Beifall. Fußball-WM und

    Von der Begeisterung, mit der das fünftgrößte Land der Erde den Zuschlag für die Gastgeberrolle entgegengenommen hat, und dem Beifall, den es dafür gab, ist vor dem Eröffnungsspiel zwischen Brasilien und Kroatien nicht mehr viel übrig. Auch die übrige Welt blickt skeptisch nach Südamerika. Noch nie war die Fallhöhe zwischen dem Jahr der WM-Vergabe und den Tagen vor dem Eröffnungsspiel größer als in diesem Fall.

    Was ist passiert? Vom wirtschaftlichen Aufschwung des Landes, der innerhalb eines Jahrzehntes 20 Millionen Menschen aus der Armut befreit hat, ist nicht mehr viel übrig. Es herrscht Wohnungsnot. Infrastruktur und Gesundheitsversorgung sind, gemessen an der noch immer vorhandenen ökonomischen Kraft, miserabel. Korruption und Gewaltkriminalität ufern aus. Der Reichtum befindet sich in den Händen weniger, das soziale Gefälle ist gewaltig.

    Nie war eine Weltmeisterschaft teurer

    Zusammen genommen ist das eine hochexplosive Mischung, an die Staat und Fifa die Lunte mit der WM gelegt haben. Stadien, Flughäfen, öffentliche Sicherheit – 8,4 Milliarden Euro kostet die Weltmeisterschaft insgesamt. Nie war ein Fußball-Turnier kostspieliger. Etwa fünf Milliarden Euro davon sind Steuergelder, die an anderer Stelle fehlen. Größenwahn und Misswirtschaft haben sich Bahn gebrochen.

    Wer das fast schon religiöse Verhältnis der Brasilianer zum Fußball kennt und weiß, wie sehr sie dieses Spiel lieben, kann ermessen, wie groß der Unmut über die Zustände im Land ist. Fußball war bislang das Band, das dieses vielschichtige Brasilien zusammengehalten hat. Nun droht es zu reißen. Fast alles, was gebaut wurde, ist doppelt so teuer geworden, wie es einmal geplant war.

    Dabei ist etlichen WM-Arenen schon jetzt eine Zukunft als Bauruine vorherbestimmt. Weder die Hauptstadt Brasilia noch Manaus, Cuiaba oder Natal sind in der Lage, ihre Neubauten nach der WM angemessen zu bespielen. Es gibt dort keine Erstligisten, in einigen Städten nicht einmal einen Zweitliga-Klub.

    Die Fifa wird als korrupter Altherrenzirkel wahrgenommen

    Dafür vegetieren reichlich staatliche Schulen und Krankenhäuser dem Verfall entgegen, sind die Großstädte täglich von Verkehrsinfarkten bedroht. Kein Wunder, dass eine vergleichsweise geringe Tariferhöhung im öffentlichen Nahverkehr beim Confed Cup 2013, dem Testlauf zur WM, das Pulverfass explodieren ließ. Es gab Streiks, Massenproteste, Polizeigewalt, Chaos.

    Ähnliches, so die Sorge, könnte sich in den nächsten Wochen wiederholen. Die Weltmeisterschaft ist  die größte Bühne, die sich auf dem Erdball bietet. Nicht nur die Regierung, die vor Wahlen steht, möchte in eigener Sache einen glänzenden Auftritt hinlegen, auch ihre Kritiker werden die WM nutzen. Deren Wut richtet sich vor allem gegen den Fußball-Weltverband, dessen Forderungen an die Gastgeber mit jeder Weltmeisterschaft maßloser werden. Die Fifa ist nicht nur in den Augen der Brasilianer ein korrupter Altherrenzirkel, der sich die Gastgeberrolle millionenschwer bezahlen lässt.

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