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TSV 1860 München: Vitor Pereira beschwert sich über seinen Ex-Klub

TSV 1860 München

Vitor Pereira beschwert sich über seinen Ex-Klub

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    1860-Coach Vitor Pereira konnte den Abstieg der Münchner nicht verhindern.
    1860-Coach Vitor Pereira konnte den Abstieg der Münchner nicht verhindern. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    "Mit 1860 bin ich ein Risiko eingegangen und bin schwer gestrauchelt", sagt Vitor Pereira über 1860 München. Am Rande einer Konferenz in seiner Heimat Portugal ließ Pereira kein gutes Haar an seinem Ex-Klub, wie die Sport Bild berichtet. "Der Kader hatte nichts von dem, was ich mag. Meine Zeit in Deutschland war ein großer Konflikt, frustrierend – und ein frustrierter Trainer ergibt eine frustrierte Mannschaft," zitiert die Sport Bild den Trainer, mit dem 1860 München in den Amateursport rutschte.

    Und weiter: "Wenn wir unter Druck waren, konnte die Mannschaft nicht reagieren. An einem Mittwochnachmittag hatten wir 44.000 Zuschauer im Stadion gegen Stuttgart – in diesen Momenten konnte die Mannschaft nicht mit Druck umgehen." So schiebt Pereira die Schuld am Abstieg auch auf seine Spieler ab.

    Seine kurze Amtszeit beim Münchner Traditionsklub hat der Portugiese ohnehin bereits abgehakt: "Ich bin gefallen, aber ich bin schon wieder aufgestanden", zitiert das Blatt den Übungsleiter.

    Daniel Bierofka (vorne) bei einer Trainingseinheit vor dem Absturz der "Löwen".
    Daniel Bierofka (vorne) bei einer Trainingseinheit vor dem Absturz der "Löwen". Foto: Helmut Bader

    Dessen Ex-Klub startet nach seinem Absturz aus dem Profi-Fußball am Montag um 15.00 Uhr ein neues Kapitel seiner Vereinsgeschichte und startet in die Saisonvorbereitung für eine Spielzeit im Amateurbereich. Trotz vieler offener Zukunftsfragen nimmt der neue "Löwen"-Coach Daniel Bierofka die Trainingsarbeit auf. Der frühere Nationalspieler beginnt mit einem Kernteam, das aus U19- und U21-Akteuren aus der vergangenen Saison besteht. Mit vorerst 25 Spielern will Bierofka die ersten Schritte zu einem sportlichen Neuanfang bestreiten.

    Der deutsche Meister von 1966 war nach der Relegation gegen den SSV Jahn Regensburg aus der 2. Bundesliga abgestiegen. Da "Löwen"-Investor Hasan Ismaik danach eine Geldspritze in Millionenhöhe verweigerte, stürzte der Traditionsverein sogar noch weiter ab.

    Der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes, Rainer Koch, hatte den Münchnern signalisiert, dass sie als 19. Verein in der Regionalliga Bayern aufgenommen werden könnten.

    Interimspräsident Robert Reisinger hatte sich zuvor hinsichtlich der 50+1-Regel im deutschen Fußball klar gegen Hasan Ismaik positioniert. "Ich kann von meiner Warte nur sagen: Auf einem Briefpapier vom TSV 1860 München e.V. wird mit Sicherheit nie eine Klage gegen diese Regel geschrieben werden. Solange ich Präsident bin und auch Einfluss habe auf die KGaA wird das auch auf einem KGaA-Papier nicht passieren", sagte Reisinger dem Bayerischen Rundfunk.

    Ismaik hatte nach dem Abstieg der "Löwen" aus der 2. Liga und dem vorläufigen Ende des Profifußballs bei dem Münchner Traditionsverein eine Klage gegen die 50+1-Regel angekündigt. Der Jordanier wehrt sich dagegen, dass Investoren in Deutschland bei einem Verein nicht das letzte Sagen haben können. Die Stimmenmehrheit (darum 50+1) bei ausgegliederten Kapitalgesellschaften muss immer beim Club liegen.

    1860 München startet mit Trainer Bierofka in die Vorbereitung

    1860 München und Ismaik: Eine Chronologie des Chaos

    Im Frühjahr 2011 stand 1860 München bereits vor dem Aus - erst Investor Hasan Ismaik bewahrte die "Löwen" durch seinen millionenschweren Einstieg vor der Insolvenz. Der Jordanier erschien in Giesing als strahlender Retter und hatte Visionen von der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga und sogar einem Angriff auf die besten Vereine Europas um den Stadtrivalen FC Bayern und den FC Barcelona.

    Das 1860-Drama in sechs Akten:

    2011/12: Euphorisiert vom Einstieg des Geschäftsmannes aus Abu Dhabi werden erste Dissonanzen zwischen Investor und Verein noch großteils wegmoderiert. "Wir haben klar gesagt, dass wir als Team erfolgreich sein wollen", sagt der damalige Geschäftsführer Robert Schäfer. Die Mannschaft unter Trainer Rainer Maurer spielt eine gute Saison, rangiert ab Spieltag drei bis zum Schluss auf einem einstelligen Tabellenplatz und verpasst als Sechster die Aufstiegsränge nur knapp.

    2012/13: Auch die Spielzeit kann sich sportlich sehen lassen, 1860 landet wieder auf Rang sechs. Coach Maurer erlebt das aber schon nicht mehr als Verantwortlicher mit, er muss im November gehen. Nachfolger wird Alexander Schmidt, der international erfahrene Sven-Göran Eriksson soll ebenfalls einsteigen. Als der Schwede überraschend doch absagt, gibt Ismaik dem Präsidenten Dieter Schneider die Schuld. Es ist nicht der erste Angriff Ismaiks auf Schneider, der im März hinwirft. 

    2013/14: Nun probiert sich Gerhard Mayrhofer an der Spitze des TSV und wird von Ismaik erstmal als "Profi durch und durch" gelobt. In der Geschäftsleitung soll Markus Rejek als Finanzfachmann für neue Impulse sorgen, kurz vor Saisonende wird Gerhard Poschner für die sportliche Seite und vor allem Spielertransfers verpflichtet. Trainer Schmidt wird schon vor Herbstbeginn gefeuert und durch Friedhelm Funkel ersetzt. Als der seinen Weggang zum Saisonende verkündet, wird er im April freigestellt. Co-Trainer Markus von Ahlen übernimmt bis zum 34. Spieltag und führt die Münchner auf den siebten Platz.

    2014/15: Die Ränge sechs, sechs und sieben sind Ismaiks Sechzigern zu wenig, also soll der Niederländer Ricardo Moniz endlich für den Aufstieg sorgen. "Wir werden Meister", tönt er. Doch der sportliche Niedergang nimmt Fahrt auf. Schon im September ist Moniz' Zeit vorbei, nach ihm versuchen sich erneut von Ahlen und ab Februar U21-Trainer Torsten Fröhling. Statt Aufstieg steht der Kampf gegen den Abstieg im Fokus, am Ende retten sich die "Löwen" erst in der Relegation gegen Holstein Kiel durch ein Tor in der Nachspielzeit des Rückspiels. Ismaik wird immer ungeduldiger, auch weil Poschners Transferpolitik grandios scheitert. Am Saisonende hört Präsident Mayrhofer auf, genervt vom "Kasperltheater" und der "Katzbuckelei" vor Ismaik, wie er sagt.

    2015/16: Jetzt probiert es Interimspräsident Siegfried Schneider und geht auf Ismaik zu. Dessen Cousin Noor Basha, ein gelernter Apotheker, darf sogar Sport-Geschäftsführer werden und neben Finanzmann Rejek die Geschicke der Profis leiten. Neuer Manager wird Oliver Kreuzer. Auch Neu-Präsident Peter Cassalette wählt einen Kuschelkurs mit Ismaik. Sportlich läuft es wieder katastrophal: Die vier verschiedenen Trainer Fröhling, Benno Möhlmann, Daniel Bierofka und Denis Buschujew kriegen es wenigstens hin, als 15. nicht in die Relegation zu müssen.

    2016/17: Cassalette ist inzwischen voll auf Ismaiks Linie eingeschwenkt und wirkt wie ein Erfüllungsgehilfe, ein Contra erscheint ihm offenbar zwecklos. Als Manager schafft Thomas Eichin bis zu seiner Beurlaubung gerade mal dreieinhalb Monate und wird ersetzt von einem gewissen Anthony Power, seines Zeichens Maschinenbauer und Ismaik-Vertrauter.  Zwischendurch sorgt der Verein mit einem Presseboykott für Aufsehen. Mit dem Liverpool-Manager Ian Ayre hofft Ismaik ab April endlich auf internationales Flair, doch Ayre wirft nach zwei Monaten hin. Wieder verbraucht 1860 in einer Saison vier Trainer: Unter dem einstigen Champions-League-Coach Vitor Pereira steigt 1860 aus der 2. Liga ab.

    Die Klage gegen die 50+1-Regel hat nach Einschätzung des früheren DFL-Chefjustiziars Thomas Summerer nur geringe Erfolgsaussichten. „Eine solche Klage auf Aufhebung der 50+1-Regel hat meines Erachtens keine oder allenfalls geringe Aussicht auf Erfolg“, sagte der auf Sportrecht spezialisierte Rechtsanwalt in München.

    Summerer verwies dabei auf einen vergleichbaren Fall. Im Januar 2010 gab es eine Schiedsklage von Hannover 96. Der Klub hatte sich ebenfalls zum Ziel gesetzt, die 50+1-Regel der Bundesliga zu kippen. „

    „Mit anderen Worten: Wenn ein Verein 20 Jahre lang ideell und materiell gefördert wird, dann kann es Ausnahmen von der 50+1-Regel geben, die im Ermessen der DFL liegen.“ Mit der 50+1-Regelung soll im deutschen Fußball der Machtmissbrauch eines Geldgebers zulasten des Vereins vermieden werden.

    AZ/dpa

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