Wenn Personengruppen mit unterschiedlichen Vorstellungen bei der Gestaltung der kommenden Stunden aufeinandertreffen, kann das für Erheiterung sorgen. Beispielsweise im Falle, dass Bayern-Fans das Opernhaus besuchen, weil sie vermuten, dass Arjen Robben eine Hauptrolle im „Fliegenden Holländer“ einnimmt.
Am Samstag kam es im Berliner Olympiastadion zu einer ähnlichen Konstellation. Es standen sich 22 Männer gegenüber, von denen die eine Hälfte einen geruhsamen Abend samt leichter sportlicher Betätigung verbringen wollten. Dem anderen Teil aber war daran gelegen, die eigene Leistungsgrenze auszutesten.
Diese Versuchsanordnung sorgte für ein eigenartiges Schauspiel. Die deutsche Mannschaft ging 2:0 in Führung und wusste nicht warum. Wahrscheinlich gingen Kroos und Co. anschließend davon aus, dass die Engländer mit einer deckungsgleichen Einstellung ins Spiel gegangen waren.
Viele im DFB-Team haben ihr EM-Ticket sicher
Doch die Briten dachten nicht daran, das Spiel in Ruhe austrudeln zu lassen. Drei Tore später jubelten sie ausgelassen mit ihrem Anhang, während die deutschen Spieler die Niederlage achselzuckend hinnahmen. In London schrieben die Medien vom „Wunder von Berlin“, in Deutschland war das verlorene Testspiel ein verlorenes Testspiel.
Testspiele verlieren allerdings einen Teil ihrer sowieso schon geringen Bedeutung, wenn die Spieler dem Bundestrainer die Möglichkeit nehmen, Schlüsse aus dem Gesehenen zu ziehen. Müller, Reus, Özil und viele andere haben ihren Platz im EM-Aufgebot sicher. Sie verhindern aber mit ihren laschen Auftritten, dass sich andere Spieler für die Europameisterschaft empfehlen können. Denn wie kann ein Spieler beurteilt werden, wenn seine Nebenleute ihn auf dem Spielfeld nicht unterstützen? Zudem drohen die Spieler langsam den Kredit zu verspielen, den sie sich bei den Fans mit den Leistungen der vergangenen Jahre erkämpft hatten.
Lediglich Mario Gomez kann überzeugen
Lediglich Mario Gomez konnte sich nachhaltig in Erinnerung bringen. Ihm kommt es entgegen, dass die deutsche Mannschaft bei aller defensiver Lauffaulheit nach vorne nicht über 90 Minuten schlecht spielen kann. Offensive macht immer mehr Spaß als Defensive. Gomez gilt auf einmal wieder als ernsthafter Kandidat für die Startelf.
Mit dem Alleinstellungsmerkmal, ein Angreifer klassischen Formats zu sein, hat er zumindest seinen Reiseplatz nach Frankreich sicher. Anderen hingegen droht das gleiche Schicksal wie den Holländern. Die EM findet ohne sie statt.