Es brodelt rund um die Mannschaft von Joachim Löw. Von einer ruhigen Vorbereitung auf die schwierigen Qualifikations-Prüfungen in Irland und gegen Schweden ist das deutsche Fußball-Nationalteam weit entfernt. Beim Trainingsauftakt am Dienstag standen mit dem Bundestrainer nur elf Spieler auf dem Rasen der "Kleinen Kampfbahn" in Frankfurt (Main), die anderen neun Akteure regenerierten nach körperlichen Strapazen in Club-Spielen. Dazu mussten sich Verantwortliche und Rückkehrer Bastian Schweinsteiger mehr mit neuerlichen Ratschlägen von Bayern-Boss Uli Hoeneß um Hierarchien und Kuschelatmosphäre beschäftigen statt mit der heiklen ersten Aufgabe am Freitag in Dublin gegen die kampfstarken Iren.
Bierhoff ermahnt die Nationalmannschaft
Teammanager Oliver Bierhoff sieht in Irland mit dem in Deutschland bestens bekannten Trainer Giovanni Trapattoni und den Schweden die "stärksten Gegner" der deutschen Elf in der WM-Ausscheidungs-Gruppe C. "Mit einer Leistung wie zuletzt gegen Österreich werden wir Probleme bekommen. Wir brauchen eine Steigerung", mahnte Bierhoff und forderte zudem, den "Fokus auf den Sport" zu legen und nicht mehr auf Randthemen. "Wir sind sehr positiv eingestellt. Ich weiß, dass die Mannschaft im Oktober immer bessere Leistungen gezeigt hat nach einem Turnier", betonte Löw trotz der angespannten Personalsituation. Löw trotzt Personalsorgen und Kritik
Der nachnominierte Heiko Westermann vom Hamburger SV stand am Dienstag mit auf dem Trainingsplatz, weil nach Ilkay Göndogan und Lars Bender auch noch Mats Hummels verletzt absagen musste. "Wir kennen seine Kampfkraft. Wir kennen seine Kopfballstärke, seinen Einsatzwillen und seine Leidenschaft. Er kennt uns und unsere Mannschaft", sagte Löw über Westermann. Während der DFB-Chefcoach bei der Besetzung des Mittelfelds die Qual der Wahl hat, stellen sich Abwehr und Angriff quasi von allein auf. "Wir können es auch nicht ändern. Wir werden mit der Situation umgehen können", meinte Löw.
Der Bundestrainer erläuterte seinem Team die Punkte, die unbedingt zu verbessern sind. Eine generelle Veränderung seines Führungsstils, wie von Bayern-Präsident Hoeneß angemahnt, werde es aber nicht geben. "Bislang sind wir gut gefahren damit. Wir haben zwar in den letzten Spielen nicht unser Niveau abgerufen, keine Frage. Aber wir haben vorher hervorragend gespielt", verteidigte Löw seine Linie.
Schweinsteiger steht zu seiner Meinung
Mit Mittelfeldchef Schweinsteiger, der erstmals seit der unglücklichen EM wieder dabei ist und in Dublin für den gesperrten Philipp Lahm die Kapitänsbinde tragen wird, traf sich Löw gleich zum angekündigten Gespräch. Der 95-malige Münchner Nationalspieler hatte jüngst angedeutet, dass das Binnenklima bei der EURO in Polen und der Ukraine möglicherweise doch nicht so harmonisch gewesen sein könnte wie immer beschrieben. "Ich habe meine Meinung, dazu stehe ich auch", betonte Schweinsteiger, ohne das näher erläutern zu wollen.
"Es gab in dieser Sache unterschiedliche Wahrnehmungen: Bastian auf dem Platz, der Trainer auf der Bank und ich auf der Tribüne", meinte Bierhoff zu Schweinsteigers Beobachtung, nicht alle Reservisten hätten die eigenen Tore so bejubelt wie beim FC Bayern. Löw holt Schweinsteiger zurück ins Team
"Jetzt ist ein bisschen Reibung da, das sehe ich positiv", erklärte Manager Bierhoff dazu und begründete: "Wir haben einen starken Bayern-Block, einen starken BVB-Block, zwei starke Spieler aus Madrid, zwei aus London und Miroslav Klose. Das ist eine andere Konstellation. Es gab kaum einen breiteren Kader, in dem so viele Spieler für sich in Anspruch nehmen, dass sie spielen wollen."
Im Aviva-Stadion von Dublin können und müssen am Freitag (20.45 Uhr) die auserwählten Spieler beweisen, dass sie mit Recht auf einen Stammplatz pochen. "Wir hatten schon mal das Vergnügen. Dort ist es nicht einfach, ein Spiel zu gewinnen", erinnerte Schweinsteiger an das 0:0 in Dublin 2007, mit dem das EM-Ticket für 2008 gelöst werden konnte. "Irland ist schon eine richtige Prüfung für uns", betonte der Münchner und bedankte sich ausdrücklich bei Bundestrainer Löw, dass der ihm im Sommer Zeit zur vollständigen Erholung gegeben hatte.
Hoeneß-Kritik wird nicht geteilt
"Ich will ja nichts Schlechtes, sondern dass wir das letzte Rad umdrehen können, damit wir dann auch gegen große Mannschaften bei Turnieren gewinnen. Ich will, dass wir besser werden", begründete Schweinsteiger seine kritische EM-Nachbetrachtung.
Bei Hoeneß, der von Löw unter anderem "mehr Härte" gefordert hatte, hörte sich die Kritik weitaus drastischer an. "Ich finde es nicht gut, wenn wir Verantwortliche im Fußball uns gegenseitig bewerten", entgegnete Bierhoff und ermahnte Kritiker wie Hoeneß: "Wir sitzen in einem Boot, um den Vereinsfußball und die Nationalmannschaft voranzubringen. Da müssen wir uns unterstützen und nicht noch unnötig Unruhe reinbringen."
Vor allem Hoeneß' Äußerungen zu Miroslav Klose, er treffe im Gegensatz zu Rekordschütze Gerd Müller meist nur gegen sogenannte kleine Fußball-Nationen, sei "schon abfällig", rügte Bierhoff. (dpa)