Nach Generalprobe: Laudehr bangt um EM-Start
Bochum (dpa) - Die Fans in Bochum verabschiedeten die deutschen Fußball-Frauen mit Ovationen zur EM, Bundestrainerin Silvia Neid packte ihrem Team reichlich Lob ins Gepäck - doch Simone Laudehr war trotz geglückter Generalprobe 18 Tage vor dem EM-Start nicht zum Feiern zumute.
Mit bitterer Miene schlich die Weltmeisterin von 2007 nach dem 3:1 (0:0) gegen die russische Auswahl humpelnd die Treppe aus der Kabine hinauf. "Ich bin deprimiert. Vielleicht reicht es bei der Europameisterschaft für mich erst zum zweiten oder dritten Spiel. Es könnte etwas mit dem Innenband sein", sagte die 23 Jahre alte Mittelfeldspielerin, die sich bei einem Pressschlag am rechten Knie verletzt hatte.
Am Tag danach gab die Duisburgerin Entwarnung: Ärztliche Untersuchungen ergaben "nur" eine Bänderzerrung und nicht den befürchteten Bänderriss. Ein Ausfall der 23-Jährigen wäre für Silvia Neid und die DFB-Auswahl auf dem Weg zur Titelverteidigung bei der EM in Finnland (23. August bis 10. September) ein herber Rückschlag gewesen. Denn die Torschützin aus dem WM-Finale gegen Brasilien (2:0) zählt ebenso wie Torfrau Nadine Angerer, Abwehrchefin Ariane Hingst sowie Birgit Prinz und Inka Grings im Sturm wohl zu den gesetzten Eckpfeilern des sechsmaligen Europameisters. Laudehr war erst im April nach langer Pause wegen einer Schulteroperation zurückgekehrt.
Nach dem zweiten Erfolg im dritten Testspiel (6:0 gegen die Niederlande, 0:0 gegen Japan) blickte Bundestrainerin Neid erwartungsfroh auf die EM voraus. "Wir sind mittlerweile so flexibel, dass wir auch innerhalb eines Turniers zum Beispiel in der Abwehr wechseln können", sagte Neid. In der neu formierten Verteidigung mit Kerstin Stegemann und Annike Krahn passte allerdings die Abstimmung nicht immer, so dass Olesya Kurotschkina eine Minute nach der Führung durch Kerstin Garefrekes (52.) den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielte. "Das ist normal, wenn man länger nicht miteinander gespielt hat. Aber nach einer gewissen Zeit haben wir uns gefunden", sagte die gebürtige Bochumerin Krahn.
DFB-Trainerin Neid wollte sich ihre gute Laune auch nicht davon verderben lassen, dass ihre Spielerinnen wie bereits in der Vorwoche gegen Japan verschwenderisch mit zahlreichen Möglichkeiten umgegangen waren. "Man muss sich erstmal in ein solches Spiel reinbeißen. Ich freue mich darüber, dass wir uns so viele Chancen in der zweiten Halbzeit erarbeitet haben und noch mehr, dass wir sie dann auch genutzt haben", sagte sie. Nach dem Eigentor von Xenia Zybutowitsch (63.) stellte Martina Müller in der Nachspielzeit den Endstand her. "Wir brauchen mehr Konsequenz und Konzentration, um vor dem Tor etwas kaltschnäuziger zu sein", bemängelte Grings.
Vor den Augen der spionierenden Trainer von Gruppengegner Norwegen (24. August) und Frankreich (27.) überzeugten besonders die 19 Jahre alte Kim Kulig und Linda Bresonik mit der "Zehn" im Mittelfeld. "Dafür braucht man eine gewisse Art von Spielermacher-Fähigkeit, die hat Linda heute eindrucksvoll bewiesen", lobte Neid, die Kulig bescheinigte, eine Alternative für die erste Elf zu sein. Knapp zwei Wochen vor der Abreise nach Finnland (19.) wollte sich die DFB- Trainerin allerdings noch zu keiner Prognose für die EM hinreißen lassen. Auf die Frage eines russischen Reporters nach den Chancen des Weltranglisten-15. Russland antwortete Neid: "Das weiß ich nicht. Ich weiß ja noch nicht mal, welche Chancen wir haben."
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