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Korruptionsskandal: Erneut Top-Funktionäre der FIFA in der Schweiz festgenommen

Korruptionsskandal

Erneut Top-Funktionäre der FIFA in der Schweiz festgenommen

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    Im Hotel Baur au Lac in Zürich wurden zwei FIFA-Funktionäre festgenommen.
    Im Hotel Baur au Lac in Zürich wurden zwei FIFA-Funktionäre festgenommen. Foto: Walter Bieri (dpa)

    Sechs Monate nach den spektakulären Festnahmen mehrerer Fußball-Funktionäre hat es erneut eine Polizei-Aktion gegen FIFA-Funktionäre in einem Züricher Luxushotel gegeben. Die Schweizer Justiz bestätigte am Donnerstagmorgen die Festnahme von zwei Offiziellen des Fußball-Weltverbandes wenige Stunden vor der Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees in Zürich. Dabei handelt es sich um die Vizepräsidenten Juan Angel Napout aus Paraguay und Alfredo Hawit aus Honduras.

    Die Fußball-Funktionäre seien von der Kantonspolizei Zürich angehört worden und befinden sich nun in Auslieferungshaft, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Napout und Hawit "widersetzen sich der Auslieferung an die USA", hieß es in einer schriftlichen Mitteilung. Ihnen werde vorgeworfen, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben.

    Im Zuge der Korruptionsermittlungen beim Fußball-Weltverband waren auf Bitten der USA am 27. Mai in Zürich bereits sieben FIFA-Funktionäre festgenommen worden, darunter der ehemalige Vizepräsident Jeffrey Webb, der mittlerweile aus der Schweiz in die USA ausgeliefert wurde.  

    FIFA-Funktionäre in Luxus-Hotel festgenommen

    Die jetzt vorgenommenen Festnahmen erfolgten laut Schweizer Justiz aufgrund von Ersuchen des US-Justizministeriums vom 29. November. Nach Angaben der New Yorker Staatsanwaltschaft haben auch diese zwei "hochrangigen" FIFA-Funktionäre "Gelder als Gegenleistung für den Verkauf von Vermarktungsrechten im Zusammenhang mit der Austragung von Fußballturnieren in Lateinamerika und von WM-Qualifikationsspielen erhalten". 

    Diese Straftaten seien "teilweise in den USA abgesprochen und vorbereitet worden; zudem sind Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden", heißt es in der Schweizer Mitteilung. Die Namen der Festgenommenen wurden zunächst nicht offiziell genannt. 

    Der Fifa-Korruptionsskandal

    20. Oktober 2010: Die FIFA-Exekutivmitglieder Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) werden wegen Korruptionsverdachts suspendiert. Sie sollen bereit gewesen sein, ihre Stimmen bei der WM-Vergabe 2018 und 2022 zu verkaufen.

    18. November 2010: Sechs FIFA-Funktionäre werden mit Strafen belegt. «Alle Zweifel sind ausgeräumt», sagt FIFA-Chef Joseph Blatter.

    29. November 2010: Neue Bestechungsvorwürfe gegen drei weitere Exekutivmitglieder: Ricardo Teixeira (Brasilien), Nicolás Leoz (Paraguay) und Issa Hayatou (Kamerun).

    2. Dezember 2010: Die FIFA vergibt die Weltmeisterschaften an Russland und Katar.

    6. Dezember 2010: FIFA-Vize Julio Grondona (Argentinien) soll etwa 59 Millionen Euro aus Katar erhalten haben.

    10. Mai 2011: Der frühere englische Verbandschef David Triesman beschuldigt Teixeira, Leoz, Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) und Worawi Mukudi (Thailand), unlautere Forderungen vor den WM-Vergaben gestellt zu haben.

    20. Juni 2011: Warner tritt von all seinen Ämtern im Fußball zurück.

    21. Oktober 2011: Nach heftigen Korruptionsvorwürfen setzt die FIFA auf die Hilfe externer Experten und gründet diverse Arbeitsgruppen.

    17. Juli 2012: Der frühere US-Staatsanwalt Michael Garcia wird zum Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission ernannt, der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert steht der rechtsprechenden Kammer vor.

    22. November 2013: Blatter unterstellt Deutschland und Frankreich, bei der WM-Vergabe an Katar wegen wirtschaftlicher Interessen politischen Druck auf FIFA-Entscheidungsträger ausgeübt zu haben.

    1. Juni 2014: Laut «Sunday Times» soll der katarische Ex-Funktionär Mohammed bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle gezahlt haben, um sich deren Unterstützung für Katars Bewerbung zu sichern.

    13. Juni 2014: Franz Beckenbauer wird von der FIFA für 90 Tage für jegliche Tätigkeit im Fußball gesperrt. Beckenbauer habe nicht mit der Ethikkommission kooperiert, sagt der Weltverband zur Begründung.

    5. September 2014: Garcia legt seinen Untersuchungsbericht bei der FIFA vor und spricht sich für eine Veröffentlichung aus.

    17. Oktober 2014: Der Bericht wird nach einer Entscheidung der FIFA nicht komplett veröffentlicht.

    13. November 2014: Eckert legt einen weiteren Bericht vor, in dem Russland und Katar keine gravierenden Verstöße bei den Bewerbungen nachgewiesen werden. Garcia legt Einspruch ein.

    16. Dezember 2014: Die FIFA weist Garcias Einspruch als «unzulässig» zurück. Garcia erklärt daraufhin seinen Rücktritt.

    27. Mai 2015: Kurz vor Blatters geplanter Wiederwahl nimmt die Schweizer Polizei mehrere hochrangige Funktionäre fest. Dazu gehören die FIFA-Vizepräsidenten Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo sowie Ex-Vize Jack Warner. Die USA ermitteln gegen 14 ehemalige Spitzenfunktionäre und Geschäftsleute.

    29. Mai 2015: Blatter sieht einen Zusammenhang zwischen den Festnahmen und dem Wahlkongress. Er wird wiedergewählt.

    2. Juni 2015: Blatter kündigt seinen Rücktritt an der Spitze des Fußball-Weltverbandes an.

    2. Juli 2015: Die US-Behörden ersuchen die Schweiz um die Auslieferung von sieben im Mai festgenommenen Fußball-Funktionären.

    17. September 2015: Generalsekretär Jérôme Valcke, Blatters engster Vertrauter, wird vom Weltverband «mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres von all seinen Aufgaben entbunden». Nach in Medien erhobenen Vorwürfen der persönlichen Bereicherung leitet der Weltverband eine «formelle Untersuchung durch die FIFA-Ethikkommission» ein.

    25. September 2015: Die Bundesanwaltschaft in der Schweiz eröffnet ein Strafverfahren gegen Blatter.

    2. Oktober 2015: Die Sponsoren Coca-Cola, McDonald's, VISA und Anheuer-Busch fordern im Gegensatz zu Adidas den sofortigen Rücktritt von Blatter. Der lässt über seine Anwälte erklären: Er bleibe im Amt.

    7. Oktober 2015: Die Untersuchungskammer der FIFA-Ethikkommission fordert nach Angaben des Beraters von Blatter eine 90-tägige Freistellung des Präsidenten. Ein Entscheid der rechtsprechenden Kammer stehe allerdings noch aus, sagte Klaus J. Stöhlker.

    8. Oktober 2014: Die FIFA-Ethikkommission sperrt Fußball-Weltverbandspräsident Joseph Blatter und UEFA-Chef Michel Platini vorläufig für jeweils 90 Tage. Zudem wurde FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke ebenfalls suspendiert, teilte die Ethik-Kammer am Donnerstag mit.

    Die FIFA hatte nach eigenen Angaben "Kenntnis von den Aktionen, die heute vom US-Justizministerium durchgeführt wurden", wie es in einer schriftlichen Stellungnahme hieß. 

    Die New York Times hatte zuvor von Festnahmen im Züricher Hotel Baur au Lac berichtet. Die Polizei habe das Hotel um 6 Uhr am Morgen durch einen Seiteneingang betreten, berichtete die Zeitung. Nach Augenzeugenberichten wurden um kurz nach 6 Uhr mehrere Personen mit einer Limousine aus der Tiefgarage des Hotels gefahren.

    FIFA-Treffen soll wie geplant fortgesetzt werden

    Zwei der sieben ehemaligen FIFA-Funktionäre, die am 27. Mai in Zürich verhaftet worden waren, haben nach Angaben der Schweizer Justiz der Auslieferung zugestimmt. Webb und José Maria Marin wurden am 15. Juli beziehungsweise am 3. November den US-Behörden übergeben.

    Die anderen fünf Ex-Funktionäre, Eugenio Figueredo, Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas und Rafael Esquivel, widersetzen sich einer Auslieferung. Ihre Beschwerden gegen die Auslieferungsentscheide sind beim Schweizer Bundesstrafgericht anhängig.

    Das ist die FIFA

    FIFA ist ein Akronym für Fédération Internationale de Football Association.

    Der Weltfußballverband wurde am 21. Mai 1904 in Paris gegründet.

    Die Zentrale der FIFA befindet sich in Zürich (Schweiz).

    Die FIFA ist offiziell ein gemeinnütziger Verein im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, außerdem im Handelsregister eingetragen.

    Der FIFA gehören aktuell 209 Nationalverbände an. Sie müssen gleichzeitig Mitglied eines der sechs Kontinentalverbände sein.

    Seit 1998 ist der Schweizer Sepp Blatter Präsident des Fußballverbandes.

    Im Jahr 2012 zeichnet der Journalisten-Bund "Netzwerk Recherche" die FIFA mit der sogenannten Verschlossenen Auster aus. Damit prangerten die Journalisten die Ignoranz des Fußballverbandes gegenüber wiederholten kritischen Medienanfragen an.

    Die FIFA ist seit Jahren mit Vorwürfen der Korruption und Schmiergeldzahlungen konfrontiert.

    Im Jahr 2014 verfügte die FIFA über ein Kapital von 1,523 Milliarden Dollar.

    Am 27. Mai 2015 eröffnet die Schweizer Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Vergaben der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar ein Strafverfahren.

    Zwei Tage nach der damaligen Razzia wurde Joseph Blatter als FIFA-Präsident wiedergewählt, kündigte jedoch kurz darauf seinen Rücktritt an und ist wegen einer anderen Angelegenheit seit dem 7. Oktober ebenso suspendiert wie UEFA-Chef Michel Platini. Blatter und Platini sind daher bei der aktuellen Sitzung nicht dabei. 

    Das Treffen soll trotz der Festnahmen wie geplant fortgesetzt werden. Am Morgen um kurz nach acht Uhr wurden die verbliebenen Exko-Mitglieder, darunter der deutsche Vertreter Wolfgang Niersbach, in Limousinen vom Hotel Baur au Lac auf den Zürichberg in die Verbandszentrale gefahren.

    Auf der Tagesordnung der FIFA-Exekutive steht für Donnerstag unter anderem die Diskussion über den Reformkatalog für den Weltverband. dpa

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