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Fußball im Ausnahmezustand - DFB will Aufklärung

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Fußball im Ausnahmezustand - DFB will Aufklärung

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    Fußball im Ausnahmezustand - DFB will Aufklärung
    Fußball im Ausnahmezustand - DFB will Aufklärung Foto: DPA

    DFB-Präsident Theo Zwanziger versprach lückenlose Aufklärung, Liga-Präsident Reinhard Rauball warnte vor Vorverurteilungen, Osnabrücks Kapitän Thomas Reichenberger beteuerte über Stadionmikrofon seine Unschuld. Die Dimension des größten Wettskandals im europäischen Fußball ist noch nicht absehbar.

    Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL) übte harte Kritik an der Informationspolitik der Ermittlungsbehörden in Bochum: "Ich habe es bedauert, dass die Liga und der DFB von der Staatsanwaltschaft nicht mit eingebunden wurden. Immerhin war das bei der UEFA der Fall", sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Nicht gefallen hat mir der Ausdruck, das dies erst die 'Spitze des Eisbergs' gewesen sei. Dadurch wird eine Erwartungshaltung geschürt, die bisher durch Fakten noch nicht belegt worden ist." Die DFL versuche nun Einsicht in die Ermittlungsakten zu bekommen.

    Die Tatsachen: Laut Staatsanwaltschaft Bochum stehen europaweit 200 Spiele im Verdacht, manipuliert worden zu sein, darunter 32 Partien in Deutschland von der 2. Bundesliga abwärts. 15 Tatverdächtige wurden in

    Die Maßnahmen und Strafverfahren nach dem Skandal um den DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer im Jahr 2005 haben offensichtlich nichts bewirkt. Unter anderem hatten DFB und DFL ein Frühwarnsystem zur Erkennung von auffälligen Spielen eingerichtet. "Ich will jetzt noch nicht sagen: 'Es hat versagt.' Ich glaube das wäre zu viel. Aber wir müssen gucken, warum wir nicht gewarnt worden sind", sagte Zwanziger.

    Er kündigte an, sobald beweiskräftige Unterlagen vorliegen, "wird unser Sportgericht und der Kontrollausschuss die sportgerichtlichen Maßnahmen treffen und das entsprechend ahnden". Das Urteil könne "vielleicht sogar weit vor einer Anklageerhebung und einer richterlichen Entscheidung" fallen. Der DFB werde auch der Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen helfen. "Es liegt ganz in unserem Sinne, dass die Staatsanwaltschaft das so aggressiv angeht." Für Zwanziger ist der Wettskandal ein gesellschaftliches Phänomen: Diese Betrügereien gebe es nicht nur im

    In Deutschland gerieten der VfL Osnabrück und der SSV Ulm in den Fokus. Osnabrücks Kapitän Thomas Reichenberger beteuerte vor dem Spiel öffentlich im Stadion seine Unschuld. "Ich hatte nie Kontakt mit der Wettmafia und habe mit dem Wettskandal nichts zu tun", versicherte der 35-Jährige den Fans. Rauball bedauert, dass es soweit kommen musste: "Noch gilt die Unschuldsvermutung. Es ist nicht hinnehmbar, dass Spieler öffentlich geoutet werden und sich dann per Mikrofon vor der Tribüne und den eigenen Zuschauern rechtfertigen müssen."

    Reichenberger sagte, er habe bisher nur aus den Medien erfahren, dass die Zweitliga-Spiele beim FC Augsburg (0:3) am 17. April und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai manipuliert sein könnten, sagte Reichenberger. In dem Zusammenhang wurden er und zwei ehemalige Mitspieler genannt. Beim Ex-Osnabrücker Marcel Schuon, der mittlerweile für den Drittliga-Club SV Sandhausen spielt, fand eine Hausdurchsuchung statt. Nach Angaben des Regionalligisten SV Wilhelmshaven untersucht der DFB einen Bestechungsversuch des Torhüters des Goslarer SC im Vorfeld des Punktspiels gegen Wilhelmshaven. Der Fall sei an die Polizei übergeben worden, sagte Hans-Rainer Hansen, Spielleiter der Regionalliga Nord.

    Der frühere Bundesliga-Club und heutige Regionalligist SSV Ulm soll laut "Spiegel" tiefer in die Affäre verwickelt sein als zunächst vermutet. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins stehen vier Spiele der Schwaben aus der Endphase der vergangenen Saison unter Manipulationsverdacht. "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun und so gründlich wie nötig mithelfen, diese unglaublichen Vorwürfe aufzuklären", sagte SSV-Präsident René Mick. Alle Ulmer Spieler unterzeichneten ein Schriftstück, in dem sie versicherten, nichts mit Manipulationen zu tun zu haben.

    Laut "Spiegel" soll bei einem Spiel der Regionalliga Süd im Mai auch ein DFB-Schiedsrichter Schmiergeld von den mutmaßlichen Wett- Betrügern kassiert haben. Der ehemalige Bamberger Basketballer Ivan Pavic wurde im Zusammenhang mit den Ermittlungen festgenommen. Das bestätigte der Geschäftsführer des Basketball-Bundesligisten Brose Baskets Bamberg, Wolfgang Heyder, der Deutschen Presse-Agentur dpa.

    Der deutsche Experte für Sportwetten beim Weltfußballverband FIFA, Wolfgang Feldner, hat das Problem des Wettbetrugs im Sport mit den Gefahren des Dopings verglichen. "Spielmanipulationen aufgrund von Sportwetten sind eine der größten Bedrohungen für den Fußball - vergleichbar gefährlich wie das Doping", sagte der Strategiechef des FIFA-Frühwarnsystems der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

    Die internationalen Medien zeigten sich wenig überrascht über den Skandal. Die spanische "El Mundo" stellte resigniert fest: "Der aufgedeckte Wettskandal ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt noch viel mehr Korruption. Um was sollen wir wetten?"

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