Die geschockten Organisatoren prüfen nach der Absage des Finaltags Schadenersatzforderungen gegen die Rowdys und hoffen auf das umfangreiche Beweismaterial der Polizei. "Es hat draußen ein Krieg stattgefunden", sagte Veranstaltungschef Wolfgang Engelmann nach den Randalen rivalisierender Fan-Gruppen der Clubs VfB Lübeck, FC St. Pauli und Hamburger SV. 90 Personen kamen zu Schaden.
Der Hamburger Fußball-Verband (HFV) stellt bereits die Zukunft des Turniers infrage. "Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden für die Veranstalter dieses Turniers wird es in Zukunft schwer, unter solchen Voraussetzungen Sponsoren für derartige Veranstaltungen zu gewinnen", sagte HFV-Chef Dirk Fischer. Und forderte: "Die Täter müssen gefasst, bestraft und zur Schadenswiedergutmachung herangezogen werden."
Mitorganisator Peter Sander geht von organisierter Randale aus. "Es war ein krimineller Akt, das war vorbereitet. Die Chaoten waren offensichtlich verabredet." Die Akte mit Berichten der Einsatzkräfte sei "zum Buch angewachsen", so ein Polizeisprecher. Berücksichtigt würden auch Videoaufzeichnungen und Einträge in sozialen Netzwerken.
Die Krawallmacher prügelten sich auf den Tribünen, später stürmten sie den VIP-Bereich der Halle. Zahlreiche Fensterscheiben gingen zu Bruch. Eltern suchten mit ihren Kindern verzweifelt nach Fluchtwegen. Insgesamt waren 3000 Zuschauer in der Alsterdorfer Sporthalle. Erst nach Stunden beruhigte sich die Lage.
In jedem Fall müssten die Schuldigen mit Regressforderungen rechnen, stellte Sander klar. "Wenn Täter in irgendeiner Form erkannt werden oder wir Beweismaterial bekommen, das uns eindeutig zu den Tätern führt, werden wir mit Sicherheit initiativ werden." Wie es mit der von Horst Peterson ("So etwas Schlimmes ist noch nie passiert") 1987 ins Leben gerufenen Veranstaltung weiter geht, wollte er nicht sagen. Für die Polizei, die mit knapp 300 Mann im Einsatz war, steht dagegen das Ende für die Veranstaltung fest. "Nach diesen Erfahrungen sollte der Schweinske Cup nicht wieder stattfinden. In der Alsterdorfer Halle ist bei so massiver Gewalt die Sicherheit nicht zu gewährleisten", fasste Polizei-Einsatzleiter Robert Golz zusammen.
Engelmann räumte ein, die Trennung rivalisierender Fan-Gruppen sei dort kaum möglich. Bundesligist HSV hatte aus Sicherheitsbedenken die Teilnahme abgesagt. Medienchef Jörn Wolf drückte aus Marbella, wo der Club derzeit sein Trainingslager abhält, das Bedauern des HSV aus: "Es ist eine Katastrophe, was passiert ist, und in höchstem Maße bedauerlich für die Veranstalter, die Aktiven und alle Fußballfans."
Dennoch waren nach Polizeiangaben Fans des VfB Lübeck, des FC St. Pauli und des HSV beteiligt. "Wer jedoch den ersten Stein geworfen hat, kann ich nicht sagen." Alle drei Clubs distanzierten sich von den gewalttätigen Anhängern. "Die Provokation ging nicht von den Fans des FC. St. Pauli aus", sagte Clubsprecher Christian Bönig am Samstag, betonte aber: "Die Schuldzuweisungen gehen von links nach rechts, da werden wir uns nicht dran beteiligen." Der Kiez-Club, zuletzt wiederholt durch das Fehlverhalten einzelner Anhänger in Misskredit gebracht, will am Montag das weitere Vorgehen beraten.
Nach jüngsten Polizeiangaben wurden 35 Personen verletzt, weitere 40 erlitten Augenreizungen. Zu Schaden kamen auch 14 Polizisten. Einer erlitt einen Kieferbruch, ein anderer einen Achillessehnenriss, ein Ordner eine Schulterluxation. Insgesamt 74 Randalierer wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, 23 Strafanzeigen gefertigt.
Augenzeuge Maarten Thiele berichtete, VfB-Lübeck-Anhänger hätten versucht, zum St. Pauli-Fanblock zu gelangen, die Polizei habe sie aber gestoppt. "Was dann kam, waren rassistische, antisemitische und homophobe Sprüche der Lübecker", sagte der 27-Jährige am Sonntag der dpa. Thiele, ein St. Pauli-Fan aus Hamburg, sei später im Krankenhaus behandelt worden, nachdem ihm die Polizei Pfefferspray in die Augen gesprüht und ein Polizeihund ihn gebissen habe.
Im Sender Sky Sport News sagte ein anderer Augenzeuge zu den Vorfällen: "Es war ziemlich heftig, wenn man gesehen hat, wie Kinder mit ihren Eltern nicht wussten, wohin. Wir sollten nicht nach draußen, wir sollten nicht nach oben, überall wurde rumgerannt. Es war schon schockierend." (dpa)
Mitteilung des Hamburger Fußball-Verbandes