Der teilweise brillant aufspielende Welt- und Europameister zerlegte den Deutschland-Bezwinger Italien in einem einseitigen EM-Finale in Kiew mit 4:0 (2:0) und gewann als erstes Team zum dritten Mal in Serie einen großen Titel. Dank der Tore von David Silva (14. Minute), Jordi Alba (41.), Fernando Torres (84.) und Juan Mata (88.) gelang den Spaniern damit ein historischer Erfolg, den nicht einmal die deutsche Jahrhundert-Elf um Franz Beckenbauer in den 70er Jahren geschafft hatte. Italien muss nach einem Auftritt ohne Esprit weiter auf seinen ersten Europameistertitel seit 1968 warten.
"Wir wissen, dass es ein historischer Moment ist. Und wir sind sehr zufrieden damit. Wir haben ein großes Turnier gespielt und jetzt sind wir glücklich, den Titel feiern zu können", sagte Spaniens Coach Vicente del Bosque voller Stolz. "Meine Kumpel haben schon vorher Fußball-Geschichte geschrieben. Und jetzt ist mir das auch gelungen. Ich bin einfach nur glücklich", meinte der strahlende Torschütze Jordi Alba.
Cesare Prandelli trug die Niederlage mit Fassung. "Wir haben von Beginn an gesehen, dass sie frischer waren als wir. Wir haben in der letzten Woche sehr viel Energie verbraucht. Es war trotzdem ein fantastisches Turnier. Ich muss meinen Jungs gratulieren", erklärte Italiens Nationalcoach.
Für die magischen Momente in einem über weite Strecken einseitigen Finale sorgten allein die Spanier, die in Xavi und Andres Iniesta die herausragenden Persönlichkeiten des Spiels in ihren Reihen hatten. Mit ihrem Gala-Auftritt straften die Iberer zudem alle Kritiker Lügen, die ihnen zuletzt unproduktives Ballgeschiebe vorgeworfen hatten. Gegen zögerliche Italiener zeigte das Team brillante Kombinationen, zelebrierte Tempofußball und nutzte seine Chancen eiskalt. Am Ende stand der bisher höchste Sieg in einem EM-Finale.
Damit ging auch das Konzept von del Bosque auf, der erneut auf einen klassischen Mittelstürmer verzichtet hatte. Torhüter Iker Casillas überstand auch das zehnte K.o.-Spiel in Serie ohne Gegentor und feierte beim spanischen Final-Triumph seinen 100. Länderspielsieg - eine einmalige Marke. Um 22.52 Uhr durfte der Kapitän und Schlussmann den von UEFA-Präsident Michel Platini überreichten EM-Pokal in die Höhe recken.
Drei Tage nach ihrem 2:1-Triumph im Halbfinale gegen Joachim Löws Elf waren die Azzurri nicht wiederzuerkennen. Dem Team um den diesmal wirkungslosen Regisseur Andrea Pirlo fehlte es an Entschlossenheit und Biss. Auch der im Halbfinale gegen die DFB-Auswahl überragende Mario Balotelli fand gegen Gerard Piqué und Sergio Ramos keine Mittel, um seine Stärken auszuspielen.
Mit dem Selbstbewusstsein des Titelverteidigers starteten die Spanier in die Partie und gönnten dem Gegner kaum eine Atempause. Während die Iberer Tempo und Rhythmus der Partie diktierten, lief die Squadra der Musik meist hinterher. In der 10. Minute kam Italiens Abwehr erstmals in Schwierigkeiten, als Xavi nach Doppelpass mit Cesc Fàbregas aus 16 Metern zum Abschluss kam, den Ball aber knapp über den Kasten schoss. Vier Minuten später wurde die Hintermannschaft der Azzurri durch einen Musterpass von Iniesta auf Fàbregas ausgehebelt. Dessen scharfe Flanke köpfte David Silva unhaltbar für Gianluigi Buffon in die Maschen.
Erst danach gelang es dem vierfachen Weltmeister, die Begegnung etwas offener zu gestalten. In der Vorwärtsbewegung unterliefen Prandellis Team aber zu viele Fehler. Erst in der 33. Minute hatte Casillas die erste Prüfung zu bestehen, als er einen Distanzschuss von Antonio Cassano entschärfen musste. Die genialen Augenblicke des Spiels lagen indes weiter aufseiten der Iberer. Vier Minuten vor der Pause schickte Xavi mit einem präzisen Anspiel Außenverteidiger Jordi Alba auf die Reise, der den Ball gekonnt an Buffon vorbei zum 2:0 ins Tor schob.
Mit spanischer Dominanz ging es auch nach dem Seitenwechsel weiter. Nur mit vereinten Kräften konnte die italienische Abwehr Fàbregas bei seinem Solo im Strafraum stoppen (48.). Beim Kopfball des eingewechselten Antonio Di Natale machte die Squadra Azzurra zwar noch einmal auf sich aufmerksam, doch insgesamt boten die Italiener in der Offensive zu wenig. Nach einer Verletzung von Thiago Motta musste Italien in den letzten 23 Minuten mit zehn Mann auskommen, weil Prandelli bereits drei Mal gewechselt hatte. Am Ende schraubten die Spanier durch die eingewechselten Torres, der mit seinem dritten Turniertor zugleich Torschützenkönig der EURO wurde, und Mata den Erfolg weiter in die Höhe. dpa