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TSV 1860 München: Mit dem Erfolg kam der Größenwahn

TSV 1860 München

Mit dem Erfolg kam der Größenwahn

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    Schwierige Zeiten, nicht nur für das Maskottchen.
    Schwierige Zeiten, nicht nur für das Maskottchen.

    Von Wolfgang Langner München - Es war zu einer Zeit, als der Löwe wieder das Brüllen lernte. Damals hatten sich zwei gesucht und auch gefunden. Der eine war von Beruf gelernter Maler und der andere gelernter Metzger.

    Der Maler entschloss sich später zu einer Fußballer- und dann Trainerkarriere, der Metzger schlug irgendwann die Funktionärs-Laufbahn ein. War es Fügung oder Schicksal? Jedenfalls im Jahr 1992 hatte Karl-Heinz Wildmoser, der inzwischen nicht nur Großgastronom und Wiesn'-Wirt war, sondern auch Präsident des damaligen Bayernligisten TSV 1860 München, die glorreiche Idee, Werner Lorant als Trainer zu verpflichten. Das war schließlich auch der Tag, ab dem eine sensationelle Erfolgsgeschichte "in Blau" geschrieben wurde.

    Für die 1860-Anhänger waren Wildmoser und Lorant zunächst wie zwei Erlöser. Gedemütigt und gebeutelt wurden die Fans jahrelang zuvor, als man nach dem Lizenzentzug 1982 in die Bayernliga zwangsversetzt wurde und über Dörfer tingeln musste. In Helmbrechts, Frohnlach oder Lichtenfels trat der deutsche Meister von 1966 in jenen düsteren Zeiten an, die auch jetzt wieder anbrechen können.

    Mit Wildmoser und Lorant ging es zunächst aufwärts. Und wie. In einem Rutsch ging es von der Bayernliga (damals noch die 3. Liga) in die Bundesliga. 1860 war plötzlich wieder jemand. Das erste Bundesliga-Jahr war fast schon gigantisch. Vor allem deshalb, weil das geliebte Grünwalder Stadion in etlichen Heimspielen zu einem Hexenkessel und einer Festung wurde. Doch damit sollte bald Schluss sein und die ersten Kritiker schossen gegen Wildmoser.

    Er, der den Verein nach Gutsherrenart führte, beschloss, dass die Löwen künftig im ungeliebten Olympiastadion spielen. Der Aufstand der Fans wurde niedergeschmettert. Wildmoser begründete den Umzug mit einem größeren finanziellen Gewinn. Sicher war dieser Aspekt nicht ganz von der Hand zu weisen. Schließlich hatte das "Oly" mit einem Fassungsvermögen von 70 000 Zuschauer über das doppelte als das des Grünwalder Stadions. Dennoch verlor der TSV 1860 seine Heimat und auch seine Wurzeln. Für die Fans war das Olympiastadion wie ein Fremdkörper. In einem Stadion mit dem FC Bayern. Wie schlimm sollte es noch kommen?

    Obwohl die Stadionfrage immer wieder diskutiert wurde und Umbau- und Renovierungspläne für das Grünwalder von verschiedenen Seiten geschmiedet wurden, gab es vorerst keinen Weg zurück; zumal sich der Verein in der Bundesliga immer mehr etablierte. In der Saison 1999/2000 feierten die Löwen mit dem vierten Platz den größten Erfolg seit dem Wiederaufstieg.

    Doch mit diesen Erfolgen kam dann auch bald der Größenwahn. Es krachte und knirschte im Gebälk. Im Löwenkäfig war Zoff an der Tagesordnung. Auch die Allianz zwischen Wildmoser und Lorant bröckelte immer mehr. Schließlich beendete im Jahr 2001 eine 1:5-Niederlage gegen den Lokalrivalen FC Bayern endgültig eine Männerfreundschaft. Nach neun Jahren musste Lorant gehen. Mit späteren Trainern hatten die Löwen kaum Erfolg. Doch Wildmoser spielte den dicken Max. Gemeinsam mit dem FC Bayern wollte Wildmoser mit 1860 Mit-Hausherr in der neuen Allianz Arena werden. Für die Löwen-Fans wurde Wildmoser endgültig zu einem roten Tuch. Ein Verräter, der die Identität des Vereins verkauft.

    Doch auch für Wildmoser entpuppte sich die Allianz Arena zu einem Albtraum. Noch als sich die Arena im Rohbau befand, klingelte bei Wildmoser die Polizei. Er und sein Sohn Karl-Heinz Wildmoser Jun. wurden wegen des Verdachts der Untreue und Bestechung festgenommen. Um circa zwei Millionen Euro sollen sich die Wildmoser beim Bau der Arena bereichert haben. Der Sohn, der hinter Gitter wanderte, sprach den Vater von diesem Verdacht frei. Doch für den Senior war damit das Leben im Rampenlicht endgültig vorbei. Im März 2004 trat Wildmoser von seinem Amt zurück. Sein Verein stieg in dieser Saison ab und er hinterließ dabei finanziell einen Scherbenhaufen, von dem sich der Verein bis heute nicht erholt hat. Bereits 2006 drohte den Löwen die Insolvenz. Damals kaufte dann der FC Bayern für elf Millionen Euro Anteile an der Arena. Mittlerweile sind die Bayern schon lange alleiniger Eigner.

    Die Allianz Arena wird für 1860 immer mehr zu einer Grabstätte. 5,3 Millionen Euro muss der Klub jährlich an die Stadionbetreiber berappen. Für einen Zweitligisten fast nicht zu stemmen. Viele Fans werden zwar froh sein, dass der Deal mit dem Investor, den viele als "Heuschrecke" sahen, geplatzt ist, doch für 1860 könnte dies ins absolute finanzielle Desaster, sprich in die Insolvenz, führen. Der Traditionsverein steht wieder mal am Abgrund.

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