Wochenlang wurde diskutiert, in Internetforen aufgestellt und alles wieder verworfen – nun steht alles fest: Mit einem starken Bayern-Block, mit WM-Finaltorschütze Mario Götze sowie den beiden Stürmern Niclas Füllkrug und Youssoufa Moukoko, dafür ohne die Dortmunder Routiniers Mats Hummels und Marco Reus wird Deutschland das Unterfangen Fußball-WM in Katar angehen.
Auch Robin Gosens, der bei der EM noch einer der wenigen Lichtblicke im deutschen Team war, fehlt im Aufgebot. Bundestrainer Hansi Flick gab sich zuversichtlich für die Spiele bei der Weltmeisterschaft in dem Emirat: "Dieser Kader gibt uns viele Möglichkeiten. Wir sind im Trainerteam sehr froh, dass wir so eine Qualität haben."
Hummels machte seinem Frust auf Instagram Luft
Eine Qualität, die zu einigen Härtefällen führt. So ist anzunehmen, dass der BVB-Abwehrchef Mats Hummels bei vielen der anderen 31 Nationen eine führende Rolle in der Innenverteidigung übernommen hätte – bei Flick ist der 33-Jährige trotz starker Leistungen beim Vizemeister außen vor. Auf Instagram machte Hummels seinen Frust deutlich und schrieb: "Wenig überraschend ist das eine der größeren Enttäuschungen meiner Karriere. Ich drücke der Mannschaft die Daumen bei der WM und werde die Zeit nutzen, um wie jedes Mal mit harter Arbeit auf eine solche Erfahrung zu reagieren."
Zu den Gründen für das Aus des Routiniers befragt, verwies Flick auf die vier Innenverteidiger Antonio Rüdiger ("Toni ist unser Abwehrchef") sowie Matthias Ginter, Nico Schlotterbeck und Niklas Süle. Hummels habe zwar eine "hervorragende Form", zugleich "haben wir uns im TrainerTeam so entschieden, weil wir die Zukunft im Blick haben". Die Zukunft trägt in diesem Fall den Namen Armel Bella-Kotchap. Der 20-Jährige aus Southampton ist ein fünfter Innenverteidiger, wird im Normalfall kaum zum Einsatz kommen, wird aber bei der EM 2024 im eigenen Land auf die Erfahrung einer WM zurückblicken können.
Marco Reus wurde erneut eine Verletzung zum Verhängnis
Ein zweites Kriterium neben dem der Zukunft war das des aktuellen Fitnessgrads – und das wurde dem zweiten Härtefall namens Marco Reus zum Verhängnis. Der WM-Pechvogel, der sich im letzten Testspiel vor dem Turnier 2014 verletzt hatte, hat sich am Sprunggelenk verletzt und jetzt alles versucht, um noch auf den WM-Zug aufzuspringen. Vielleicht zu viel: Nach verfrühten Comebacks musste der 33-Jährige wieder passen. "Es war nicht ganz klar, wann er dazustoßen hätte können. Es tut uns weh, wir hätten seine Qualität brauchen können", so Flick.
Dass die Bayern-Spieler Manuel Neuer und Thomas Müller gerade zur WM fit geworden sind, stelle eine andere Sachlage dar, so Flick. Speziell bei Müller, der Ende September letztmals in der Bundesliga auflief, mache er sich gar keine Sorgen: "Ich bin überzeugt davon, dass er noch nie so gut vorbereitet war auf eine WM." Allgemein gelte für den Fitnessstand seiner WM-Profis, so Flick: "Es gibt keine Fragezeichen, keine Bedenken."
Mario Götze soll bei der WM die Geistesblitze fürs deutsche Team zünden
Ein großes Lob gab es hingegen für einen, der letztmals im November 2017 gegen Frankreich das DFB-Trikot trug: Mario Götze. Die Nominierung des WM-Helden von 2014 hatten viele Beobachter angesichts dessen Formkurve gefordert. Flick tat ihnen und sich den Gefallen, denn: "Wir wissen alle, dass Mario ein genialer Fußballer ist, der Gedankenblitze hat. Wenn man die letzten Spiele sieht, war er auf ganz hohem Niveau."
Für Durchschlagskraft steht hingegen Bremens Niclas Füllkrug, der auf zehn Ligatore kommt. Der 29-Jährige ist spätberufen, lief nie für ein Jugendteam des DFB auf. Er könnte aber bei der WM ein wichtiger Mann für entscheidende Minuten werden, wie Flick durchblicken ließ: "Wenn man die Spiele von Bremen sieht, wurde immer in den letzten Minuten was umgebogen. Da ist er einer, der der Mannschaft dieses Selbstverständnis gibt." Die Verletzungen der Stürmer Timo Werner und Lukas Nmecha machen es zudem möglich, dass neben Füllkrug ein weiterer Debütant das WM-Ticket löste: Youssoufa Moukoko vom BVB, der am Tag des Eröffnungsspiels seinen 18. Geburtstag feiert, soll die Offensive komplettieren.
Ein Fenster für Nachnominierungen gibt es übrigens noch: Der endgültige Kader muss 24 Stunden vor dem ersten Spieltag der Fifa gemeldet werden. Sollte das Verletzungspech noch zuschlagen, könnte Flick also noch reagieren.