Die Nachricht kam am späten Abend: Oliver Bierhoff wird den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verlassen. Der 54-Jährige habe sich nach Unterredungen mit dem Verband darauf verständigt, seinen eigentlich bis 2024 laufenden Vertrag aufzulösen. Der Ex-Profi Bierhoff, der zuletzt als Direktor Nationalmannschaften und Akademie arbeitete, zog damit die Konsequenzen einer von DFB-Präsident Bernd Neuendorf angekündigten Aufarbeitung des erneuten WM-Debakels und verlässt den DFB nach 18 gemeinsamen Jahren.
Gemischte Bilanz für Oliver Bierhoff beim DFB
Bierhoff hinterlässt beim DFB eine gemischte Bilanz: Einerseits war er auch für den Aufbruch nach der EM 2004 verantwortlich, der bei der WM 2006 begann und seinen Höhepunkt mit dem Weltmeistertitel 2014 in Brasilien fand. Andererseits steht Bierhoff auch für die beiden Vorrunden-Debakel bei den Weltmeisterschaften 2018 und 2022.
Zudem wird der ehemalige Stürmer für die Entfremdung vieler Fans mit der Nationalmannschaft verantwortlich gemacht, sinnbildlich dafür steht der als misslungen gewertete Slogan "Die Mannschaft". Über die Nachfolge ist laut DFB noch nicht entschieden, sie soll in den Gremien des deutschen Dachverbandes entschieden werden. DFB-Präsident Bernd Neuendorf wird in der Mitteilung wie folgt zitiert: "Auch wenn die letzten Turniere hinter den sportlichen Zielen zurückblieben, steht er für große Momente." Bierhoff betonte in der Erklärung, "den Weg frei für neue Weichenstellungen" machen zu wollen. "Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Voller Stolz blicke ich auf die Fortschritte und die Arbeit der DFB-Akademie."
Die persönliche Erklärung von Oliver Bierhoff im Wortlaut:
"Nach 18 Jahren in verantwortlichen Positionen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) habe ich mit sofortiger Wirkung meine Tätigkeit als Geschäftsführer Nationalmannschaften & Akademie beendet. Darauf habe ich mich heute mit Präsident Bernd Neuendorf verständigt. Ich mache damit den Weg frei für neue Weichenstellungen. Es war eine intensive, spannende und lehrreiche Zeit, in der wir gemeinsam große Erfolge feiern konnten, Rückschläge verarbeiten mussten und außergewöhnliche Projekte umsetzen durften. Meine Aufgabe war vom ersten bis zum letzten Tag Teamwork.
Ich danke all den Menschen von Herzen, die mir in dieser Zeit mit ihrem Einsatz, ihren Ideen und ihrer Leidenschaft zur Seite gestanden haben. Ich bin stolz auf das, was ich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern, unseren Nationaltrainerinnen und Nationaltrainern und den Betreuerstäben geleistet habe. Solche Teams um sich zu haben, war ein Privileg. Mein Wirken war stets getrieben von der Überzeugung, mein Bestes für den DFB und die Nationalmannschaften zu geben. Umso mehr schmerzt mich das Abschneiden der Männer Nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften in Russland und Katar. Ich gehe deshalb auch nicht ohne die nötige Selbstkritik. In den vergangenen vier Jahren haben wir es nicht geschafft, an frühere Erfolge anzuknüpfen und den Fans wieder Grund zum Jubeln zu geben.
Bierhoff: "Einige Entscheidungen haben sich nicht als die richtigen erwiesen"
Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Voller Stolz blicke ich auf die Fortschritte und die Arbeit der DFB-Akademie. Ich bin überzeugt davon, dass sie einen maßgebenden Beitrag zur Entwicklung des deutschen Fußballs leisten wird. Dass ich dieses ehrgeizige Großprojekt von der Idee bis zur Realisierung über Jahrzehnte hinweg unter hohem persönlichem Einsatz begleiten durfte, war eine einzigartige Erfahrung. Dass nun unsere Nationalmannschaften auf dem neuen DFB-Campus eine Heimat gefunden haben, macht mich glücklich.
Ich wünsche dem DFB, seinen vielen engagierten Mitarbeitern, allen unter seinem Dach versammelten Verbänden und Klubs, Einrichtungen und Initiativen sowie unseren Nationalmannschaften viel Erfolg bei ihren wichtigen Aufgaben. Ich wünsche mir, dass die Fußball Fans unsere Teams – ob Frauen, Männer oder Junioren – auch in Zukunft voller Leidenschaft unterstützen. Das gilt insbesondere für unsere Männer-Nationalmannschaft bei der Heim-Europameisterschaft 2024, bei der wir zehn Jahre nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Brasilien wieder erfolgreich sein können. Der Fußball hat mein Leben geprägt und wird mich weiter begleiten. Es war mir eine große Ehre, so lange für den deutschen Fußball gearbeitet zu haben."