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Fußball-WM der Frauen 2023: So ist England an Deutschland vorbeigezogen

Fußball-WM der Frauen 2023

So ist England an Deutschland vorbeigezogen

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    Unter dem Kommando von Sarina Wiegman haben es die Engländerinnen ins WM-Finale geschafft.
    Unter dem Kommando von Sarina Wiegman haben es die Engländerinnen ins WM-Finale geschafft. Foto: Tertius Pickard/AP, dpa

    Jill Scott trägt ihre Zufriedenheit offen zur Schau, wenn sich die 36-Jährige die vergangenen Tage in Sydney durch das Mediencenter bewegte. Statt wie früher auf dem Rasen mischt sie inzwischen nur am Rande mit, schreibt Kolumnen und gibt Interviews, denn eine bessere Zeitzeugin für die Metamorphose gibt es kaum. Früher wurden die „Lionesses“ selbst im eigenen Königreich müde belächelt. Heute gratulieren nacheinander Harry Kane, König Charles und Prinz William. Das Interesse auf der Insel gilt an diesem Wochenende den Fußballerinnen, denn Englands Frauen können nach der gewonnenen Europameisterschaft im eigenen Land nun im Finale gegen Spanien (Sonntag 12 Uhr/ZDF) erstmals Weltmeister werden. 

    2015 gelang den Engländerinnen der erste Sieg gegen Deutschland

    Das hätte die WM-Rekordspielerin Scott nie für möglich gehalten, als sie im August 2006 ihr erstes von 161 Länderspielen bestritt. Wer die Verwandlung in ein Weltklasseteam ergründen will, muss in die Zeit eintauchen, in der die Mittelfeldspielerin mit den langen Beinen eine prägende Figur war. Beispielsweise noch bei der WM 2015. England hatte Gastgeber Kanada aus dem Turnier gekegelt, ehe im Spiel um den dritten Platz der allererste Sieg gegen Deutschland glückte (1:0). In den kommenden Jahren wuchs die gesellschaftliche Akzeptanz rasant.

    Die Football Association (FA), die erst 1993 den Frauenfußball offiziell aufgenommen hatte, erhielt eine Vorahnung, dass ein zu den Olympischen Spielen in London 2012 ausgelegter Fünfjahresplan aufgehen könnte. Verband und Vereine steckten noch mehr Ehrgeiz und Geld in das Projekt, mit den Frauen eine Führungsrolle einzunehmen. Die beanspruchte 2016 erst mal weiterhin der Deutsche Fußball-Bund (DFB), als sich Titelsammlerin Silvia Neid mit dem Olympiasieg verabschiedete. Doch ihre überforderte Nachfolgerin Steffi Jones gefährdete für die

    Sarina Wiegman nahm keine Rücksicht auf ihre Stars

    Deutschland schien vergangenen Sommer wieder den Anschluss geschafft zu haben, als das EM-Finale gegen Gastgeber England erst in der Verlängerung (1:2) verloren ging. Doch die Schlussfolgerungen für die folgende WM hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Voss-Tecklenburg ihre durch Fernsehshows tingelnden EM-Heldinnen in Watte packte, nahm Sarina Wiegman keine Rücksicht. Auch ihre Stars hätten nach dem EM-Rausch kaum noch Ruhe gehabt, erklärte die 53-Jährige nach dem Halbfinale gegen Australien (3:1), aber sie habe ihnen immer deutlich gemacht, dass sie noch mehr Entbehrungen auf sich nehmen müssten.

    Vor einigen Tagen hob sie auf dem Pressepodium einmal die Hand auf Kopfhöhe, um die gestiegenen Anforderungen in Sachen Technik, Taktik und Athletik zu beschreiben. Der DFB staunte im Frühjahr nicht schlecht, welche Fitnesswerte die Mutter gewordene Melanie Leupolz vom FC Chelsea mitbrachte – bessere als fast jede Bundesligaspielerin.

    Die Mentalität macht den Unterschied

    Und dann ist da noch eine besondere Zutat, wie Abwehrchefin Millie Bright just betonte: „Ich habe es schon eine Million Mal gesagt. Die Mentalität dieser Mannschaft ist etwas, das ich noch nie gesehen habe. Das kommt von Sarina.“ Sie meinte die vor zwei Jahren aus den Niederlanden verpflichtete Erfolgsgarantin Wiegman. Diesen Baustein brauchte es also, um Gipfel zu besteigen. Wenn es im Olympic Park von Sydney so käme, würde dieses Team nicht nur am Trafalgar Square präsentiert, sondern vielleicht sogar im offenen Bus durch London kutschiert. Schließlich würde sich der historische Bogen zu 1966 schließen, als die Männer das einzige Mal einen WM-Pokal gewannen.

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