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Fußball-WM 2022: Wie im Traum: Kolo Muanis Tordebüt im WM-Halbfinale

Fußball-WM 2022

Wie im Traum: Kolo Muanis Tordebüt im WM-Halbfinale

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    Nicht zu fassen: Die Mitspieler gratulieren Randal Kolo Muani zu dessen Tor zum 2:0 gegen Marokko.
    Nicht zu fassen: Die Mitspieler gratulieren Randal Kolo Muani zu dessen Tor zum 2:0 gegen Marokko. Foto: Manu Fernandez, dpa

    Die Freude über den größten Moment seiner Karriere war Randal Kolo Muani nicht wirklich anzusehen. Als der Schlusspfiff in dem riesigen Wüstenzelt in der Küstenstadt Al Khor ertönte, lagen um den neuen Liebling der französischen Nationalmannschaft sofort sieben, acht wie vom Schlag getroffene marokkanische Gegenspieler in ihrem roten Dress auf dem grünen Rasen. Es hätte nicht gepasst, inmitten einer solchen Trauergemeinde Luftsprünge bis ans verschließbare Dach des Al-Bayt-Stadion zu machen. Muani wartete kurz, bis die ersten Marokkaner aufstanden, dann reichte er dem Mittelfeldspieler Azzedine Ounahi die Hand, der seit 2018 als Profi in Frankreich spielt, seit 2021 für den Erstligisten SCO Angers.

    Ihre Wege kreuzten sich, als der nun in aller Munde gelangte Edeljoker von Eintracht Frankfurt für den FC Nantes spielte. Der Plausch lenkte ihn ein bisschen ab, denn so richtig realisieren, dass er im Mittelpunkt der Huldigungen stand, konnte der 24-Jährige nicht wirklich. "Es ist magisch, ich habe keine Worte, um es zu beschreiben", sagte er beim französischen TV-Sender TF1: "Ich bin immer noch in meinen Träumen und habe Schwierigkeiten aufzuwachen." Irgendjemand müsste ihn mal wecken.

    Kolo Muani trifft im WM-Halbfinale erstmals für Frankreich

    Der erst nach dem Ausfall von Christopher Nkunku (RB Leipzig) in den WM-Kader gerückte Angreifer hatte nach seiner Einwechslung exakt 44 Sekunden gebraucht, um mit seinem 2:0 (79.) das umkämpfte Halbfinale zu entscheiden . Sein erstes Länderspieltor im vierten Einsatz für die Equipe Tricolore kommt ins Geschichtsbuch, auch wenn Frankreichs Nummer zwölf einen der einfachsten Treffer seiner Profikarriere erzielte. Er musste den Ball nur mit der rechten Innenseite über die Linie schubsen. Aber Instinkt gehört dazu.

    "Ich bin stolz darauf, die Mannschaft erlöst zu haben", sagte Muani, der in der Bestenliste der schnellsten WM-Jokertore auf Platz drei sprang. Nur der Uruguayer Richard Morales, der bei der WM 2002 für Uruguay nach 16 Sekunden traf, und Ebbe Sand, der 1998 für Dänemark nach 26 Sekunden netzte, waren noch rascher zur Stelle. Muanis Geistesgegenwart passt zu seiner Entwicklung in der Bundesliga, wo einer dank Wucht und Wille, Tempo und Technik mit wettbewerbsübergreifend 20 Scorerpunkten zur Attraktion aufstieg. Wie die Hessen es mit langem Vorlauf schafften, so einen ablösefrei über die deutsch-französische Grenze zu lotsen, davor ziehen viele den Hut. 

    Weit nach Mitternacht sammelte sich in der Mixed Zone gleich neben den Mannschaftsbussen ein internationaler Reporterpulk um den Angreifer, der mal wieder sehr leise redete. Er gibt den Prototyp Profi, der eher Taten statt Worte für sich sprechen lässt. Seine Anlagen kamen bei seinem Kurzeinsatz gar nicht zum Vorschein. Die Statistik wies sechs Ballkontakte, vier Pässe, zwei zum Mitspieler, beide zum Spielmacher Antoine Griezmann aus. Dreimal hatte er sich angeboten, einmal den Ball bekommen. Und trotzdem veränderte er gemeinsam mit dem zuvor eingewechselten Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach die Statik, wie Trainer Didier Deschamps erklärte. 

    Ihm gefallen Power und Tempo der beiden Bundesliga-Angreifer, die anstelle von Ousmané Dembéle und Olivier Giroud kamen. Über Muani freute sich Deschamps besonders: "Das ist großartig für ihn und für das Team. Seine Stärke ist seine Geschwindigkeit, deshalb habe ich ihn gebracht." Der 54-jährige hat sich zu eigen gemacht, über ein Turnier weitgehend einer Stammelf zu vertrauen. Muani hatte zuvor nur im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Tunesien (0:1) gespielt, als auch er nicht richtig ins Laufen kam. Seine Rolle bis zum Wochenende ist klar definiert: Weiter im Sportkomplex des Al Sadd Sports Club ordentlich trainieren, ausreichend regenerieren und dann darauf hoffen, dass es vielleicht auch im Finale am Sonntag gegen Argentinien einen braucht, der mit einem ersten Ballkontakt alles verändert. Man wird ja wohl träumen dürfen.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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