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Fußball-WM 2022: Was die beiden Final-Trainer Scaloni und Deschamps eint

Fußball-WM 2022

Was die beiden Final-Trainer Scaloni und Deschamps eint

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    Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps steht bereits in seinem zweiten Finale als Coach. Als Spieler gewann er den WM-Titel auch schon.
    Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps steht bereits in seinem zweiten Finale als Coach. Als Spieler gewann er den WM-Titel auch schon. Foto: Tom Weller, dpa

    Ihr Auftreten, ihre Haltung ähneln sich fast schon verdächtig. Lässig in T-Shirt mit verschränkten Armen stehen Lionel Scaloni und Didier Deschamps nahe am Anstoßkreis. Die Trainer von Argentinien und Frankreich, die sich im WM-Finale am Sonntag (16 Uhr/ARD) im riesigen Lusail duellieren, weichen auch vor dem Showdown von ihren Ritualen in ihren irgendwie in Doha schon lieb gewonnenen Trainingsstätten nicht ab.

    Auf dem Gelände der Universität von Katar, wo die Südamerikaner den Trainingsplatz 03 zugewiesen bekommen haben, spaziert Scaloni gerne an der Mittellinie herum, hier hat er die beste Übersicht, auch wenn Reservisten nur über Hürden sprinten. In dem Stadion des Al Sadd Sports Club, wo die Europäer ihr Trainings- und Medienzentrum errichtet haben, hält Deschamps manchmal persönlich die Plastikwand fest, gegen die seine Stars passen. Ansonsten läuft auch er gerne das Zentrum ab.

    Lionel Scaloni wurde anfangs in Argentinien belächelt, gilt jetzt aber als Architekt des Erfolges.
    Lionel Scaloni wurde anfangs in Argentinien belächelt, gilt jetzt aber als Architekt des Erfolges. Foto: Tom Weller, dpa

    Mag die Welt beim Endspiel auf Lionel Messi und Kylian Mbappé schauen, geht ein bisschen unter, dass zwei Teams aufeinandertreffen, die beide die Handschrift ihrer Trainer tragen. Beide sind ein gutes Beispiel für einen sachlichen Ansatz. Unaufgeregte Architekten im Trainingsanzug, die dem Scheinwerferlicht nicht entgehen, es aber nicht bräuchten. Ihre besten Argumente sind die Erfolge.

    Sonst würde die von Deschamps vor zehn Jahren übernommene Équipe Tricolore nicht wie 2018 unter der Anleitung des "Generals" so weit gekommen sein; sonst hätte sich die Albiceleste seit Amtsantritt von Scaloni im selben Jahr nicht in eine titeltaugliche Ergebnismaschine verwandelt, die bis zur Auftaktniederlage gegen Saudi-Arabien 36 Länderspiele nicht mehr verloren hatte. Deschamps hat aus 139 Länderspielen einen Punkteschnitt von 2,13 pro Partie verbucht. Weltmeisterlich klingt das eine wie das andere.

    Scaloni und Deschamps wissen um die Eitelkeiten der Spieler

    Beide besitzen zudem die Gabe, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Komplimente an ihre Person werden bei Pressekonferenzen unverzüglich in die Kabine weitergereicht. Der Star ist immer die Mannschaft. Nie der Trainer. So etwas kommt bei Spielern, die nicht frei von Eitelkeiten sind, gut an. Nur so funktioniert bei einer WM ein Kollektiv, das Täler durchschreiten muss. So kerzengerade das Rückgrat der Fußballlehrer, so aufrichtig setzen ihre Kicker einen Matchplan um, auch wenn er mal nicht schön aussieht.

    Deschamps weiß, dass das WM-Achtelfinale 2018 gegen Argentinien (4:3) keine Referenzgröße darstellt, als die "Bleus" den Gegner auskonterten. Im WM-Finale 2022 wird das kaum klappen, sagt der 54-Jährige: "Es ist eine andere Mannschaft als die, gegen die wir vor vier Jahren gespielt haben."

    Mögen beim Weltmeister durch die Ausfälle von Paul Pogba, N’golo Kanté oder Lucas Hernandez einige Schlüsselpositionen neu besetzt sein, erinnert vieles an den Coup in Russland. Das System, die Spielweise: Die auf gnadenlose Effizienz getrimmte Grundausrichtung hat der seit jeher in der Grande Nation hoch angesehene Deschamps, der seine 103 Länderspiele als Weltmeisterkapitän 1998 krönte, nicht verändert. Der in Argentinien zunächst eigentlich nur als Notlösung vorgesehene Scaloni, der nur sieben Länderspiele im himmelblauen Nationaltrikot machte, musste hingegen vor vier Jahren erst mal die Trümmer seines Vorgängers Jorge Sampaoli beiseite räumen. 

    Der 44-Jährige überzeugte mit seinem Co-Trainer Pablo Aimar, der eine enge Bindung zu Messi besitzt, den sechsfachen Weltfußballer davon, erst einmal eine gefestigte Truppe ohne ihn bauen zu wollen, ehe sich der Genius wieder einreiht. Der waghalsige Plan ging tatsächlich auf. Mit dem Anführer Messi gewann Argentinien dann nach 28 titellosen Jahren beim Erzrivalen Brasilien die Copa América 2021. Messi weinte vor Glück. Zuletzt schluchzte Scaloni in den Armen seines Kapitäns, mit dem ihn mehr als der Vorname verbindet. Beide funken auf einer Wellenlänge, was Messi von den meisten der acht Vorgänger nicht behaupten konnte.

    Unter Maradona traten die Argentinier lachhaft auf

    Diego Maradona, mit dem er jetzt so oft verglichen wird, war die wohl größte Lachnummer, als Argentinien im WM-Viertelfinale 2010 gegen Deutschland (0:4) unterging. Bundestrainer Joachim Löw sagte damals, die Argentinier hätten eine "zweigeteilte Mannschaft" – er hätte auch sagen können: Sie hatten keinen auf der Bank, der Messi zu Titeln führen kann. Nun aber wird das argentinische Team schon "La Scaloneta" genannt. Ein größeres Kompliment kann es für einen Trainer nicht geben.

    Die Fußballweltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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