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Fußball-WM 2022: Marokko wird vom Außenseiter zum Helden eines ganzen Kontinents

Fußball-WM 2022

Marokko wird vom Außenseiter zum Helden eines ganzen Kontinents

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    Marokkos Jawad El Yamiq jubelt nach dem Sieg.
    Marokkos Jawad El Yamiq jubelt nach dem Sieg. Foto: Tom Weller, dpa

    So unterschiedlich können Tränen motiviert sein: Der eine weinte, weil sein Traum vom WM-Titel zerstört wurde und der andere, weil sich sein Traum schon jetzt erfüllt hat: Ronaldo war am Boden zerstört und Bono im sieben Himmel. Der überragende Torhüter der Marokkaner schrieb mit seinem Team WM-Geschichte: Als erstes afrikanisches Team überhaupt stehen die Atlas-Löwen nach dem 1:0 gegen Portugal in einem WM-Halbfinale.

    Mit diesen Halbfinals ist die Fußballwelt in Verblüffung geraten: Argentinien gegen Kroatien und Frankreich gegen Marokko. Schon mit ihrem Sieg im Elfmeterschießen gegen Brasilien hatten die Kroaten der WM eine Überraschung geliefert, die Marokkaner toppten das mit einer Sensation. „Wir haben Geschichte für Afrika geschrieben,

    Bono ist bei Marokko ein Held von vielen

    Geerdet war der Trainer aber nach dem Höhenflug in der Pressekonferenz immer noch nicht: „Wenn du der Kleine bist, musst du groß denken und an deinen Träumen bleiben“, sagte der 47-Jährige, der gleich eine Botschaft an den nächsten Gegner sendete, den er zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte: „Egal, wer auf uns treffen wird, er wird es sehr, sehr schwer haben. Inzwischen fühlen wir uns unschlagbar, auch weil wir in Bono einen der besten Torhüter der Welt haben.“

    In der Tat: Yassine Bounou, den alle nur Bono nennen, war erneut der Held vieler Helden, die in der zweiten Halbzeit eine wahre Abwehrschlacht erfolgreich überstanden. Mit seinen zwei gehaltenen Elfmetern gegen Spanien hatte Bono in Marokko bereits Heldenstatus bekommen, am Sonnabend unterstrich er erneut, warum er in der vergangenen Saison als bester Torhüter Spaniens gewählt wurde: Der Torhüter vom FC Sevilla hielt, was mitunter nicht zu halten war. Er hatte aber am Ende auch Glück, dass Pepe in der 97. Minute seinen Kopfball neben das Tor setzte. Zuvor fischte Bono in der 83. Minute mit einer Wahnsinnsparade das Spielgerät nach einem Schuss von Joao Felix aus dem Winkel und entschärfte in der 91. Minute einen Knaller von Ronaldo.

    Nur ein Gegentor in fünf Spielen: Marokkos Prunkstück ist die Abwehr

    Wenige Minuten später heulten beide. Es ist das erste Mal, dass ich nach einem Spiel geweint habe, aber wenn du ins Halbfinale der Weltmeisterschaft kommst, dann kann ich die Tränen nicht halten“, sagte Bono, der seine Auszeichnung als Spieler des Spiels an den Torschützen Youssef En-Nesyri symbolisch weiterreichte.

    Der Stürmer vom FC Sevilla hatte sich in der 42. Minute in die Höhe geschraubt und machte sich mit seinem Kopfball in der afrikanischen Welt unsterblich. Portugals Torhüter Diogo Costa hatte das Spielgerät dilettantisch verfehlt. Das 1:0 zur Pause war durchaus verdient, denn die Marokkaner waren das gefährlichere Team. In der 51. Minute dann der vermutlich letzte Auftritt auf großer Weltbühne für Cristiano Ronaldo, der für Ruben Neves ins Spiel kam. Portugal war jetzt nur noch in der Offensive, doch der Abwehrriegel, den Regragui formiert hatte, hielt bis zum Schluss. Die Defensive der Afrikaner ist überragend. Innenverteidiger Jawad El Yamiq gewann 80 Prozent seiner Zweikämpfe, sein Nebenmann Achraf Dari, der nach 57 Minuten für den verletzten Romain Saiss gekommen war, hatte sogar 83 Prozent in der Bilanz.

    Marokko trifft auf Frankreich: Ein Duell mit Brisanz

    Trotz Unterzahl, Cheddira war fünf Minuten vor Schluss mit Gelb-Rot vom Platz geflogen, überstanden die Marokkaner das Anrennen der Portugiesen, das in der 46. Minute begonnen hatte und gegen Ende immer einfallsloser wurde. 

    Um kurz vor 20 Uhr Ortszeit in Doha war die Sensation geschafft. Durch den Sieg stehen die Löwen als erstes afrikanisches Land in einem WM-Halbfinale, was im und am Stadion mit Jubelarien gefeiert wurde. Marokko trifft am Mittwoch (20 Uhr) auf Weltmeister Frankreich. Für Trainer Regragui kein Grund zur Panik. „Warum sollte Marokko nicht den World Cup gewinnen?“, hatte er nach dem Spanien-Spiel so gesagt, dass alle Zuhörer das für eine Übertreibung halten konnten. Seit Sonnabend hat sich das geändert.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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