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Fußball-WM 2022: Erneut ein Topspiel vergeigt: Flick sucht die nächste Entwicklungsstufe

Fußball-WM 2022

Erneut ein Topspiel vergeigt: Flick sucht die nächste Entwicklungsstufe

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    Auch Hansi Flick war bei der 1:2-Niederlage gegen Japan nicht fehlerfrei geblieben.
    Auch Hansi Flick war bei der 1:2-Niederlage gegen Japan nicht fehlerfrei geblieben. Foto: Robert Michael, dpa

    Es waren weise Worte des Trainers. Sie deuteten an, dass sich Hansi Flick Gedanken macht, die weit über das Spielfeld hinausgehen. "Jede Mannschaft, jeder Mensch kann und sollte sich immer entwickeln", sagte er am Mittag nach dem verlorenen Spiel gegen Japan. Sein Team hatte im ersten Gruppenspiel erst glauben lassen, dass es sich im Vergleich zu den vergangenen Turnieren mächtig weiterentwickelt hat, nur um dann unverständlicherweise wieder einen Rückschritt zu machen. Rezession auf dem Spielfeld sozusagen.

    Niederlage gegen Japan: Flick muss sich hinterfragen

    Nun bedarf es allerdings eines gewaltigen Entwicklungssprungs, damit das Turnier nicht allzu frühzeitig endet. Gegen Spanien würde sich eine derart willenlose Abwehrleistung wie in den letzten 20 Minuten gegen Japan wohl eher negativ auswirken. Flick wird nicht nur seine Mannschaft im Blick gehabt haben, als er über Entwicklungspotenziale redete. Der 57-Jährige gilt als reflektiert, wird also auch selbstverständlich seine Rolle bei der 1:2-Niederlage hinterfragen. 

    Süle und Schlotterbeck patzten gegen Japan zum ungünstigsten Zeitpunkt

    Die Entscheidungen, Niklas Süle als Rechtsverteidiger und dessen Dortmunder Mannschaftskameraden Nico Schlotterbeck in die Innenverteidigung zu berufen, erwiesen sich als falsch. Beide gaben beim Gegentreffer zum 1:2 eine ganz schlechte Figur ab, Schlotterbeck fremdelte bereits zuvor mit Ball und Timing. Personelle Entscheidungen im Nachhinein zu kritisieren ist freilich leicht. Oftmals kann ein Trainer ja nichts dafür, wenn einer seiner Akteure einen gebrauchten Tag erwischt.

    Die Probleme in der Verteidigung sind allerdings möglicherweise auch struktureller Art. Flick hat es in seiner Amtszeit noch nicht geschafft, ein Defensivkonzept zu implementieren, das Zuschauerinnen und Zuschauern das Gefühl vermittelt, der deutschen Mannschaft könnte auch mal lediglich ein Treffer zum Sieg genügen. Das wiederum ist ein wiederkehrendes Motiv in Flicks Trainerkarriere und zu einem gewissen Teil systembedingt.

    Als Flick den FC Bayern zum Triumph in allen erdenklichen Wettbewerben führte, war das nicht zwingend der Abwehr zu verdanken. Das Münchner Spiel war dankenswerterweise auf Spektakel ausgelegt. Vorne rotierte der Ball auf teils wunderschöne Weise und fand oftmals am Ende der Kombinationen in Robert Lewandowski einen dankbaren Abnehmer. Lewandowski ist nun aber nicht im Besitz eines deutschen Passes und so muss Flick bei der Nationalmannschaft mit Kai Havertz oder Niclas Füllkrug im Sturmzentrum vorlieb nehmen. In München verteidigten zudem mit David Alaba, Jerome Boateng und Benjamin Pavard Spezialisten ihres Fachs, die auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Entwicklung dem internationalen Goldstandard entsprechen. Süle und Schlotterbeck tun das eher nicht.

    Hansi Flick lässt auch in der Nationalmannschaft gerne offensiv spielen

    In Flicks abschließender Saison beim FC Bayern stellten die Münchner ligaweit lediglich die fünftbeste Abwehr der Liga. Dabei hatte der Trainer in Lucas Hernandez neben Pavard einen weiteren französischen Defensivspezialisten zur Absicherung des eigenen Tores erhalten.

    Wie beim FC Bayern lässt Flick auch die Nationalmannschaft gerne offensiv agieren. Zumindest öffentlich mag er daraus aber keine Schwächung für die eigene Defensive ableiten. "In der Offensive brauchst du jeden Mann, in der Defensive brauchst du jeden Mann und die Gier, das Tor zu verteidigen. Wenn man 1:0 führt, muss man das auch nach Hause spielen", fand er den Grund für die Niederlage in der Einstellung seiner Spieler.

    Viele verpasste Möglichkeiten der Nationalmannschaft gegen Japan

    Für das Nach-Hause-spielen der Führung gegen Japan war es zumindest nicht förderlich, dass Flick in Ilkay Gündogan und Thomas Müller seine Mittelachse auswechselte. Hernach kippte das Spiel zugunsten der Japaner. Die Nationalmannschaft steht somit vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Spanien unter immensen Druck. Bei einer weiteren Niederlage ist das wohl vorzeitig beendet, das abschließende Spiel gegen Costa Rica wäre für die Entwicklung der Mannschaft eher unwichtig. "Wir haben keinen Schuss mehr frei, den Schuss hatten wir gestern", fasste es Flick zusammen. Etwas überraschend fiel er bei der Betrachtung der Ausgangssituation auf Phrasen zurück, die sonst von Trainern im Abstiegskampf zu hören sind. Man müsse "Charakter zeigen am Sonntag" und die "letzte Chance nutzen".

    Zur Entwicklung von Mensch und Mannschaft gehört es auch, mit Rückschlägen umzugehen. Lehren ziehen. Das nächste Mal besser machen. Das deutsche Team hat bei den vergangenen Turnieren genug Möglichkeiten erhalten, diese Lehren zu ziehen. Der große Entwicklungssprung aber wollte noch nicht einsetzen.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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