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Fußball-WM 2022: Die politische WM: Der Druck auf die Spieler ist hoch

Fußball-WM 2022

Die politische WM: Der Druck auf die Spieler ist hoch

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    Schweigen bei der Nationalhymne: Die Spieler des Iran haben sich deutlich mutiger gezeigt als viele europäische Kollegen.
    Schweigen bei der Nationalhymne: Die Spieler des Iran haben sich deutlich mutiger gezeigt als viele europäische Kollegen. Foto: Joel Marklund, Witters

    Ein junges Paar, beide vielleicht so um die 30, hatte sich fest an die Hände genommen. Sie hatte ihr Gesicht dezent geschminkt. In den iranischen Landesfarben. Er trug auch die grün-weiß-roten Erkennungszeichen an seinem T-Shirt. Kopfnickend bestätigen beide, aus Teheran angereist zu sein. Es war noch mehr als drei Stunden bis zum Anpfiff des WM-Spiels zwischen England und Iran (6:2), als die beiden an der gesperrten Hauptstraße Al Waab mehrfach von Medienvertretern gefragt worden sind. Zu der WM. Und der Lage in ihrer Heimat.

    Seine Antwort: „Das eine ist Fußball, das andere ist Politik. Wir wollen ein schönes Spiel sehen.“ Sie lächelte verlegen; spürbar, dass er nicht die Wahrheit sagen wollte. Und erst recht wollten sie nicht ihr Gesicht in Fernsehkameras zeigen oder in Zeitungsartikeln mit Namen vorkommen. Das iranische Regime hat Augen und Ohren auch in Katar. Es sind Begebenheiten wie diese, die bei einer an vielen Stellen hochpolitischen Weltmeisterschaft beklemmend, bedrückend wirken. So befreiend es später wirkte, dass die iranischen Nationalspieler beim Abspielen der Hymne der Islamischen Republik eisern geschwiegen haben.

    Der Druck auf die Spieler bei dieser WM in Katar ist hoch

    Doch in welchem Spannungsfeld sich diejenigen bewegen, die eigentlich die Hauptrolle spielen sollen, gefiel Irans Nationaltrainer Carlos Queiroz nicht. Viele haben den portugiesischen Weltenbummler noch nie so wütend erlebt, wie in dem Zeltbau des Khalifa International Stadium. Die Reporter aus aller Welt trugen Masken, als sich ein Fußballlehrer Luft verschaffte. „Moralisten und Lehrer, lasst die Kids das Spiel spielen. Nehmt ihnen nicht den Spaß und die Fröhlichkeit.“ Mit Kids hatte der 69-Jährige seine Kicker gemeint, die wirklich seine Kinder sein könnten. „Sie wollen einfach für ihr Land Fußball spielen, wie es alle anderen Spieler auch können. Es ist nicht korrekt, sie Dinge zu fragen, für die sie nichts können.“

    Tatsächlich scheint auf seinen Protagonisten riesiger Druck zu lasten. Jede Geste, jedes Statement wird politisch interpretiert. Seine Spieler ducken sich nicht weg, ganz im Gegenteil. Immerhin scheinen sie zunächst keine Konsequenzen befürchten zu müssen. Dies werde während des Turniers nicht passieren, da nicht alle Spieler der Mannschaft gesperrt werden könnten, schrieben iranische Sportjournalisten. Aber eine temporäre Sperre oder Gehaltskürzungen für die Spieler, die in der iranischen Liga beschäftigt sind, wären nach der WM durchaus denkbar.

    Interkulturelle Verständigung gelingt bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft eher schwer

    Wenn Fußballer dermaßen beladen werden, ist das einem Spiel nicht dienlich, das von Intuitionen und Emotionen lebt. Wie soll sich das entfalten? Eigentlich soll die erste WM in einem arabischen Land eine des Austausches verschiedener Kulturen, Religionen und Anschauungen sein. Vielleicht kommen solche Begegnungen rund ums bunte Fan-Festival noch zustande, doch der Fehlstart ist ein Lehrbeispiel, wie interkulturelle Verständigung nicht geht.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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