Danach dann natürlich die Frage nach dem Warum. Warum ist sie denn nun ausgeschieden, diese deutsche Nationalmannschaft? Und ja, nicht nach guter alter Teutonen-Manier jahrhundertspielmäßig im Halbfinale gescheitert. Oder zumindest taktisch ausgeknobelt worden wie weiland Joachim Löw im Semifinale der EM 2008. Sondern in der Vorrunde raus, wie so Katarer oder Tunesier. Drei Spiele, vier Punkte, raus ohne Applaus.
Von Sportlern, die unmittelbar nach der schlimmsten Enttäuschung ihrer Karriere berichten sollen, wie es denn nun dazu kam, ist wenig zu erwarten, was die in Eile runtergeklopften Online-Meldungen zu überdauern im Stande sind. Bemerkenswert ist es natürlich schon, wenn Joshua Kimmich berichtet, dass es sich um den "schlimmsten Tag" seiner Karriere handle und er sich Sorgen macht "in ein Loch zu fallen". Der Mann ist ja schon einmal in der Vorrunde einer WM ausgeschieden. Diesmal aber alles: noch schlimmer. Weil die Mannschaft 2018 zwar eine gemeinsame Reisegruppe gebildet hatte, aber doch nicht so recht Lust aufeinander hatte. Diesmal aber fühlten sie sich gewappnet für diese ja doch ganz besondere WM. Winter, Katar, One Love .
Sich einfach mal zurückziehen, kann diese deutsche Nationalmannschaft nicht
Eine Binde als Argument für ein Aus noch bevor das Turnier so richtig angefangen hat, ist selbst der für allerlei sinnentleerte Ausflüchte bekannten Fußballblase zu billig. Wenn die Emotionen allzu viel Gewicht bekommen, lohnt oftmals der Blick auf die Fakten. Die deutsche Nationalmannschaft hat je ein Spiel gewonnen, verloren und remisiert. Das ist weder gut, noch ist es schlecht. So mittel halt. Wie das Spiel der Deutschen auch so mittel ist. Also, es spielt sich eben unglaublich viel in der Mitte ab. Weil vorne ein Stürmer fehlt, der Tore garantiert und es hinten an Qualität mangelt, um sich Muhammad-Ali-mäßig in die Seile fallen zu lassen. Gegner bisschen austoben lassen - und dann zuschlagen. Kann diese Mannschaft nicht.
Für das Achtelfinale hätte es trotzdem reichen sollen. Oder: müssen. Sie suchten nach dem 4:2 gegen Costa Rica tatsächlich die Schuld in dem 4:2 gegen Costa Rica. Weil man in der ersten Halbzeit nicht schon mit drei oder vier Toren führte. Den Deutschen wäre das Weiterkommen garantiert gewesen, wenn sie am Ende mit mindestens sieben Toren Abstand gewonnen hätten. "Es war unser Ziel, dass wir zwei, drei, vielleicht vier Tore vorlegen können. Die Chancen dazu hatten wir", sagte Hansi Flick nach dem Spiel. Dann wäre der Druck auf die spanische Elf gestiegen, die sich bei einem deutschen Kantersieg keine Niederlage hätte erlauben können. Zwei, drei, vier Tore in einer Halbzeit bei einer Weltmeisterschaft kann man sich natürlich wünschen, davon ausgehen aber nicht.
Flick sah dann aber auch ein, dass die frühzeitige Abreise vom Turnier zwar gegen Costa Rica besiegelt wurde, in dem Sieg allerdings nicht seine Ursache hatte. "Aber das Aus ist nicht heute entschieden worden, sondern das waren die 20 Minuten gegen Japan", erinnerte der Trainer an die erste Turnierpartie, als die Deutschen eine gute erste Halbzeit spielten, 1:0 in Führung gingen und sich die Partie dann ohne Gegenwehr aus der Hand nehmen ließen. Von Spielern, die für den VfL Bochum oder Fortuna Düsseldorf auflaufen.
"Wir hatten einfach keine Effizienz in diesem Turnier", fasste es Flick schließlich zusammen. Effizienz. Die am häufigsten gebrauchte Vokabel in der Nacht von al-Chaur. Oliver Bierhoff: "Es fehlt uns einfach diese Effizienz, die die deutschen Mannschaften häufig hatten." Thomas Müller: "Am Ende war die Effizienz nicht genug." Alles richtig. Statt "Effizienz" wäre auch die Vokabel "Konsequenz" möglich gewesen. Sie fehlte auf beiden Seiten des Spielfeldes. Nicht nur, dass die Offensivspieler reihenweise beste Chancen vergaben. Hinten sorgten Niklas Süle und Nico Schlotterbeck in einer unheilvollen Co-Produktion im Spiel gegen Japan für die Niederlage. Gegen Spanien musste Schlotterbeck weichen und Süle kam beim Führungstreffer Alvaro Moratas zu spät. Jürgen Kohler, Berti Vogts und Karlheinz Förster gingen nun wirklich nicht pfleglich mit Gegenspieler und Ball um. Dass sie aber einmal zu spät in einen Zweikampf gekommen wären, ist nicht überliefert.
WM-Team für Katar: Viele Sonderbegabte, aber zu wenig Spezialisten
"Effizienz" klingt nach Tagesform. Wahrscheinlicher ist es aber eine Frage der Qualität. Die deutsche Nationalmannschaft ist bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften in der Vorrunde ausgeschieden. Bei der Europameisterschaft war im Achtelfinale Schluss. In dieser dann ja doch eher lächerlichen Nations League gewann die Mannschaft seit 2018 drei von 12 Partien. Immer wieder hakte es irgendwo. Rechts hinten, links hinten, vorne. Flick verfügt über einige Sonderbegabte, wie den wundervollen Jamal Musiala oder den zuletzt verletzten Florian Wirtz. Dazu Leroy Sané, Serge Gnabry, Leon Goretzka und auch Joshua Kimmich. Könner auf ihren Positionen. Aber ganz vorne und hinten in der Verteidigung fehlt es an Spezialisten.
Woran also liegt es nun, dass die Deutschen abermals früh ausgeschieden sind? Pech? Unvermögen? Effizienz? Was es auch ist: Es wird nicht mit dem Ausscheiden von Katar enden.