Ein bisschen ist Erziehung ja auch Glückssache. Für alles, vom Angeln übers Autofahren bis hin zum Halten eines Papageis, wird eine Lizenz in verschiedenster Form verlangt. Die Kindererziehung ist im fest geregelten Ensemble des Lebens der Free-Jazz: einfach mal machen. Ist ja auch wieder richtig, wer will sich denn von staatlicher Seite vorschreiben lassen, welche Inhalte am Abendtisch besprochen werde sollen. Auch die Art der Vermittlung ist jedem frei gestellt. Wobei doch eigentlich jeder weiß, dass es einen ganz einfachen Kanon gibt, um den Sprösslingen das Wichtigste einzubläuen: der Dreiklang aus Bestechung, Erpressung und Bedrohung.
Aber klar: Jeder wie er will, kann oder nicht will. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass es trotz der vermeintlich besten Erziehung Räume gibt, in denen ein Großteil der Regeln außer Kraft gesetzt ist. Einer davon ist – zumindest scheinbar – das Fußballstadion. Da darf sich euchaffiert, geschrien und gepöbelt werden. Dass das Stadion aber mitnichten ein rechtsfreier Raum ist und selbst kleinste Straftäter zur Räson gezogen werden können, zeigt nun ein Beispiel aus Frankreich.
Ein Sechsjährige warf in Le Havre Papierkügelchen auf einen Gleichaltrigen
Der Erstligist Le Havre hat ein Stadionverbot verhängt – gegen einen Sechsjährigen. Der Grund: Der Täter soll beim Heimspiel gegen Reims vor einigen Wochen in der Mitte der zweiten Halbzeit leere Pappbecher und Papierkügelchen als Wurfgeschosse benutzt haben. Diese soll der gewissenlose Rabauke laut einem eigens angefertigten Bericht auf einen Gleichaltrigen geworfen haben, der in seiner Nähe saß. Das Problem: Diese Wurfgeschosse landeten auf dem Rasen. Und ab da wurde ein eifriger Funktionär des Heimvereins aufmerksam, fertigte einen Sonderbericht an und leitete diesen an den Verband weiter. Weil auch die TV-Kameras den kleinen Krawallbruder während seiner Tat erwischten, ist die Beweislage erdrückend. Die Folge: Der Verein erließ gegen ihn ein Stadionverbot, das bis Anfang nächsten Jahres gilt. Der AC Le Havre begründete den Schritt wie folgt: „Wir müssen die Begleiter sensibilisieren und zeigen, dass das Stadion ein Ort des Feierns bleiben muss und nicht zum Ventil wird.“ Ein „bisschen traurig“ sei das aber schon, lässt sich ein Vereinsvertreter von L’Équipe zitieren.
Dass der Knirps nun einige Zeit auf der stillen Treppe des Fußballs verbringen muss, mag mancher als überhart empfinden. Wie der kleine Rabauke dazu steht, ist nicht bekannt. Klar ist aber auch eines: In seinem Kindergarten dürfte nun eindeutig geklärt sein, wer der härteste Typ in der Mäusegruppe ist.
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