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Fußball: Verdacht der Steuerhinterziehung: Durchsuchung beim DFB

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Verdacht der Steuerhinterziehung: Durchsuchung beim DFB

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    Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung wurden die Geschäftsräume des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie Privatwohnungen von DFB-Verantwortlichen durchsucht.
    Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung wurden die Geschäftsräume des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie Privatwohnungen von DFB-Verantwortlichen durchsucht. Foto: Arne Dedert, dpa

    Die Polizei hatte ein schweres Dienstfahrzeug neben die Feuerwehrzufahrt am Ende der Otto-Fleck-Schneise abgestellt. Beamte mit Mundschutz riegelten bereits die Zufahrt zum Parkdeck beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ab. Während rund 20 Reporter, Kameraleute und Fotografen gehörigen Sicherheitsabstand wahrten, zückten drei Personen nur kurz ihren Dienstausweis, um Zutritt zu erhalten: im Schlepptau ein Koffer mit der Aufschrift "Hessische Finanzverwaltung". Zahlreiche Kollegen der Steuerfahndung, des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits im DFB-Gebäude. Einige davon kamen mit Schutzwesten und Schusswaffen aus der automatischen Drehtür.

    Am Mittwochmorgen spielten sich im Frankfurter Stadtwald Szenen ab, die bei der Bekämpfung der Clankriminalität, von Drogengeschäften oder Geldwäsche verortet werden, nicht aber beim größten Einzelsportverband, der den Fußball gerne als das letzte große Lagerfeuer der Gesellschaft beschreibt. Nun aber steht das eigene Haus mal wieder in Flammen, denn die Frankfurter Staatsanwaltschaft – Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen – ermittelt wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung.

    Im Fokus stehen die Länderspieleinnahmen aus den Jahren 2014 und 2015

    Wie Oberstaatsanwältin Nadja Niesen mitteilte, soll der DFB Körperschafts- und Gewerbesteuern in besonders schweren Fällen hinterzogen haben. Im Fokus stehen sechs ehemalige bzw. gegenwärtige Verantwortliche des DFB. Ihnen wird zur Last gelegt, "Einnahmen aus der Bandenwerbung von Heimländerspielen der Nationalmannschaft aus den Jahren 2014 und 2015 bewusst unrichtig als Einnahmen aus der Vermögensverwaltung erklärt zu haben". Damit entging der DFB einer Besteuerung in Höhe von etwa 4,7 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel.

    An den Maßnahmen waren 200 Beamte im Einsatz, die auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz Wohnhäuser durchforsteten. Nach Informationen der Bild bekamen Ex-Präsident Reinhard Grindel in Rotenburg an der Wümme, Ex-DFB-Vizepräsident Reinhard Rauball in Herdecke, Vizepräsident Rainer Koch, Ex-Generalsekretär Helmut Sandrock, Schatzmeister Stephan Osnabrügge und Generalsekretär Friedrich Curtius Besuch der Steuerfahnder. Obwohl Wolfgang Niersbach bis November 2015 als Präsident dem DFB vorstand, blieb er nach eigener Aussage verschont. Er habe auch ansonsten "keinerlei Kenntnis". Den verzweifelt um Transparenz bemühten DFB-Präsidenten Fritz Keller treffen die Vorfälle deshalb im Mark, weil er gegenüber seinen Vorgängern arg in seinen Befugnissen beschnitten ist. Koch und Curtius sind für ihn die wichtigsten Strippenzieher. Keller kündigte sogleich an, die Ermittlungen "allumfänglich unterstützen" zu wollen. "Ich bin für Aufklärung, um eine saubere Zukunft für den Fußball zu haben", sagte der Verbandsboss bei der Bundespressekonferenz in Berlin.

    Der komplizierte Sachverhalt betrifft das Thema Bandenwerbung. Durch Vertrag vom 11. Dezember 2013 soll der DFB die Rechte zur Vergabe der Werbeflächen bei Länderspielen der Nationalmannschaft zwischen 2014 bis 2018 an eine Gesellschaft in der Schweiz verpachtet haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Diese soll sich verpflichtet haben, die Exklusivität des Generalsponsors (Mercedes) und des Generalausrüsters (Adidas) zu berücksichtigen – und keine Rechte an Konkurrenten zu vergeben. Stattdessen soll der DFB trotz der Verpachtung dieser Rechte "aktiv bei der Vergabe der Bandenwerbeflächen mitgewirkt haben". Dann aber gehören diese Einnahmen nicht der steuerfreien Vermögensverwaltung, sondern dem steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb.

    Was hat der damalige DFB-Schatzmeister Grindel gewusst?

    Der Verdacht: Die Beschuldigten wählten diese Unrichtigkeit bewusst, um dem DFB einen großen Steuervorteil zu verschaffen. Die Unterschrift unter eine Steuererklärung setzen Präsident, Generalsekretär und Schatzmeister. Was hat der damalige Schatzmeister Grindel gewusst? Was fädelte der frühere Generalsekretär Sandrock ein? Wovon hatten die auf Niersbach folgenden Interimspräsidenten Koch und Rauball Kenntnis? Welche Rolle spielten der inzwischen bei Hoffenheim tätige Marketingdirektor Denni Strich und der ehemalige Finanzchef Stefan Hans?

    Dass die Steuerfahnder genau am Tag des Länderspiels Deutschland gegen Türkei aufschlugen, sei kein Zufall: So war sichergestellt, dass hochrangige Funktionäre bereits in Köln weilten. Harald Stenger, der ehemalige Mediendirektor, findet es "hochinteressant, wer betroffen ist", will aber auch "mit aller Vorsicht fragen", ob der mediale Rummel sogar gewollt sei. Ein öffentlichkeitswirksamer Vorstoß ist das Vorgehen auf alle Fälle. Stenger sieht einen "weiteren schweren Imageschaden" für seinen ehemaligen Arbeitgeber und gibt zu bedenken, dass "selbst beim Sommermärchenskandal nicht so viele Beamte in so vielen Bundesländern im Einsatz waren".

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der DFB muss jetzt Ehrlichkeit zeigen - das ist schwer genug

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