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Fußball: Ute Groth: "Im DFB ist man nicht an Neuerungen interessiert"

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Ute Groth: "Im DFB ist man nicht an Neuerungen interessiert"

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    Ute Groth sieht jede Menge Reformbedarf im DFB. Ob sie selbst noch einmal für das Amt der Präsidentin kandidieren will, ist aber noch offen.
    Ute Groth sieht jede Menge Reformbedarf im DFB. Ob sie selbst noch einmal für das Amt der Präsidentin kandidieren will, ist aber noch offen. Foto: Henning Schoon, dpa

    Frau Groth, im Jahr 2019 hatten Sie sich um das Präsidentenamt beim DFB beworben. Ihr Ansatz als Vorsitzende der DJK Tusa 06 Düsseldorf lautete, den Amateurvereinen mehr Gehör zu verschaffen. Sie äußerten danach die Vermutung, dass der DFB Sie nicht ganz ernst genommen hatte.

    Ute Groth: Das ist so gewesen, ja. Der DFB hat mich definitiv nicht ernst genommen. Ganz viele andere hingegen schon. Ohne dass ich aktiv für mich geworben habe, habe ich von vielen Menschen Unterstützung erhalten.

    Nun verdichten sich die Zeichen, dass der DFB bald wieder einen Präsidenten – oder eine Präsidentin – sucht. Versuchen Sie es trotz dieser Negativ-Erfahrung nochmals?

    Groth: Der DFB hat ein strukturelles Problem. Viele Leute an der Basis haben keine Lust mehr auf dieses Funktionärsgeklüngel. Ich glaube, dass man den Verband nicht nur, was die Personen angeht, neu ausrichten muss. Es wäre eine andere Gewichtung nötig: etwas weniger von der Glitzerwelt Bundesliga, hin zum Amateurverein.

    Jetzt haben Sie meine Frage aber etwas umschifft. Wollen Sie sich erneut als DFB-Präsidentin bewerben?

    Groth: Ich würde das gerne in einem Team angehen, das an einer Neuausrichtung des Verbandes entwickelt. Aber wenn Sie mich so fragen: Ich kann mir das schon vorstellen – im Team eben. Wichtig ist jetzt aber, dass es eine große Erneuerung gibt – personell und strukturell.

    Mit dieser großen Erneuerung sprechen Sie nicht nur Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius an, sondern auch DFB-Vize Rainer Koch?

    Groth: Ich glaube, dass insgesamt mehr neue Leute in die Verbandsstrukturen gehören.

    DFB-Präsident Fritz Keller hatte sich eine verbale Entgleisung geleistet.
    DFB-Präsident Fritz Keller hatte sich eine verbale Entgleisung geleistet. Foto: Boris Roessler/dpa

    "Fritz Keller war damit beschäftigt, Altlasten zu beseitigen"

    Fritz Keller trat 2019 als Vertreter der Amateure an, wollte einiges verändern. Wie sehen Sie sein Wirken als DFB-Präsident?

    Groth: Keller hat es versucht, Änderungen zu bewirken. Die meiste Zeit war er aber damit beschäftigt, die Altlasten zu beseitigen: die Geschichten um die WM 2006, diese ganzen Verträge und Beraterzahlungen. Letztlich ist er auch darüber gestolpert. Er hat gesagt, dass er ein Zeichen setzen will für den Frauenfußball. Ich sehe aber nicht, dass besonders viel passiert ist. Das liegt meines Erachtens daran, dass man im DFB gar nicht an diesen Neuerungen interessiert ist. Dabei müsste der Verband mal sehen, welche Verantwortung er hat: Der Fußball ist das letzte große Lagerfeuer, das wir in unserer Gesellschaft noch haben.

    Mit Aussagen wie diesen haben Sie vor knapp zwei Jahren bereits einen Nerv getroffen. Sind jetzt auch schon wieder Leute an Sie herangetreten?

    Groth: Ja, tatsächlich. Bislang sind das zwar vor allem Arbeitskollegen aus meinem Job als Bauplanerin oder aus meinem weiteren Umfeld. Aber die Stimmen häufen sich. Heute habe ich einen Brief von einer Schule aus Berlin bekommen, die mich darum bittet, es wieder zu versuchen.

    2019 hat unter anderem die Aktionsgemeinschaft „Rettet die Amateurvereine“ um den früheren Unterhachinger Vereinschef Engelbert Kupka einen Wahlaufruf für Sie gestartet. Gibt es zu der Gruppe noch Kontakt?

    Groth: Mit dem Großteil der Leute um Herrn Kupka arbeite ich immer noch zusammen und stehe eigentlich in ständigem Kontakt zu Ihnen. Aktuell sind wir alle aber noch ein wenig am Grübeln, was wir genau machen sollen.

    Groth sieht den DFB in seiner aktuellen Form als nicht reformierbar an

    Glauben Sie eigentlich, dass der DFB generell reformierbar ist?

    Groth: In seiner aktuellen Form eher nicht. Was dem Verband derzeit noch hilft, ist der Umstand, dass viele Amateure nicht ausreichend genug vernetzt sind, um der Macht des DFB etwas entgegensetzen zu können. Knackpunkt ist für viele der Spielbetrieb, für den man den DFB einfach braucht. Dieser Punkt hält viele Vereine davon ab, aus dem Verband auszutreten.

    Das Image des DFB hat sich zuletzt noch weiter verschlechtert, sodass der Betriebsrat des Verbandes dessen „desaströses Bild“ beklagte.

    Groth: Ja, das ist tatsächlich eine neue Eskalationsstufe. Der DFB gibt in vielen Bereichen ein verheerendes Bild ab. Aber es sind nicht nur die Querelen an der Basis. Auch beim Thema Corona wurde an den Amateurvereinen vorbeigearbeitet. Nachdem sich die Basis Gedanken darüber gemacht hatte, wie die Kinder wieder Sport treiben können, gab es ein Empfehlungsschreiben, das sich am Hygienekonzept aus der Bundesliga orientiert. Das ist doch an der Realität vorbei. Und erst vor ein paar Wochen hat sich der DFB-Arzt Tim Meyer dahingehend geäußert, dass Sport an der frischen Luft unbedenklich ist. Da frage ich mich nur: Warum kommt das jetzt erst?

    Wenn Sie sich eine Sache aussuchen könnten, die Sie beim DFB ändern könnten – welche wäre das?

    Groth: Die Mitbestimmungsmöglichkeit für die Basis sollte dringend verbessert werden, da passiert zu wenig. Andere Meinungen müssen geäußert und mitgenommen werden. Schließlich leiden die Vereine nicht erst seit Corona an einem Mitgliederschwund. Aber trotzdem arbeiten alle bislang nur nebeneinander, nicht miteinander.

    Das hört sich ja schon fast nach einer Bewerbungsrede an.

    Groth:  (Lacht) Vielleicht. Ich mache mir eben Gedanken. Der Fußball – das ist schließlich eine große Gruppe an Menschen, die man ansprechen kann.

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