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Fußball: Über halbe Milliarde für Fußballstars – und Saudi-Arabien will noch mehr

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Über halbe Milliarde für Fußballstars – und Saudi-Arabien will noch mehr

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    Sadio Mané vom FC Bayern wechselte wie etliche andere Fußball-Stars nach Saudi-Arabien.
    Sadio Mané vom FC Bayern wechselte wie etliche andere Fußball-Stars nach Saudi-Arabien. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Ein „Goldrausch“ hat Spitzenfußballer in Europa erfasst: Saudi-Arabien hat in diesem Sommer fast eine halbe Milliarde Euro für mehr als ein Dutzend Neuzugänge ausgegeben. Das sei erst der Anfang, sagen Insider. Der staatliche Investitionsfonds PIF mit seinem Vermögen von 600 Milliarden Euro hat vier saudische Fußballklubs übernommen, um sie mit Geld für weitere Spielerkäufe auszustatten. An der Spitze des PIF steht der 37-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman, und der ermuntert die saudischen Klubs, das Geld mit vollen Händen auszugeben. Bayern-Trainer Thomas Tuchel spricht von einem „Goldrausch“, die Nachrichtenagentur Reutersvon einem „Exodus“ europäischer Stars.

    Cristiano Ronaldo wechselte von Manchester United zum Club Al-Nassr

    Den Anfang machte Weltstar Cristiano Ronaldo, der im Winter von Manchester United zum Club Al-Nassr wechselte, wo er laut Medienberichten eine Million Euro pro Woche verdient. In den vergangenen Wochen folgten Spitzenspieler wie Karim Benzema von Real Madrid, der jetzt bei Al-Ittihad spielt, oder Sadio Mané von Bayern München, der Ronaldos Club Al-Nassr verstärkt.

    Die Saudis haben in diesem Sommer etwa genauso viel Geld für neue Spieler ausgegeben wie etablierte Ligen in Europa, etwa die Bundesliga oder die italienische Serie A. Die spanische La Liga haben die

    Außer-europäische Ligen, etwa in den USA oder in China, hatten schon in der Vergangenheit internationale Spitzenfußballer eingekauft, um sich einen Namen zu machen. Die saudische Initiative hat eine andere Dimension, weil sie wesentlich höhere Summen einsetzt und zu einer politischen Umgestaltung des ganzen Landes gehört. Mohammed bin Salman will den Öl-Staat Saudi-Arabien in ein High-Tech-Land, internationales Finanzzentrum und Touristenmagneten verwandeln. Große Sportereignisse wie Golfturniere, Formel-Eins-Rennen oder Boxkämpfe sollen dabei helfen und das Image des Kronprinzen aufpolieren.

    Mord an Regimekritiker Kashoggi

    MBS, wie der Thronfolger genannt wird, war laut UN-Ermittlungen für den Mord an dem Regimekritiker Jamal Khashoggi im Jahr 2018 verantwortlich und ließ nach Zählung von Menschenrechtlern allein im vergangenen Jahr fast 150 Menschen hinrichten. Kritiker sprechen deshalb von „Sportswashing“: Das Engagement im Sport solle von Menschenrechtsverletzungen ablenken. Vor zwei Jahren kauften die Saudis den englischen Spitzenklub Newcastle United für 300 Millionen Euro und schauen sich inzwischen nach einem weiteren Verein in Europa um. 

    „Sportswashing“ ist nicht der einzige Grund für die teuren Einkäufe. MBS „will auch die Bedürfnisse der jungen Bevölkerung in Saudi-Arabien nach Freizeitaktivitäten erfüllen“, sagt Kristof Kleemann, der als Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung im Libanon den Nahen Osten beobachtet. Siebzig Prozent der saudischen Bürger seien jünger als 35 Jahre, sagte Kleemann unserer Zeitung. „Mohammed bin Salem braucht die junge Bevölkerungsgruppe für die Akzeptanz seiner Reformagenda.“

    Reformen in Saudi-Arabien: Frauen dürfen Autofahren

    In den vergangenen Jahren hatte der Kronprinz deshalb die lange geschlossenen Kinos in dem konservativen Königreich wieder geöffnet und Frauen das Autofahren erlaubt. Auch die Begeisterung über die neuen Fußballstars aus Europa kann MBS helfen, denn die saudischen Klubs haben eingeschworene Fangemeinden. Zudem hofft Saudi-Arabien, dass sich die Investitionen wirtschaftlich lohnen. Der britische Manager Peter Hutton, der im Vorstand der Saudi Pro League (SPL) sitzt, sagte der BBC, schon nach dem Transfer von Ronaldo im Winter habe es mehr Interesse von internationalen Fernsehsendern gegeben. Mit den Neuzugängen werde die SPL wahrscheinlich weitere Fernsehrechte verkaufen können. In neun bis zehn Jahren könnte die Liga mit einem „wirklich starken Einkommen“ rechnen.

    Nahost-Experte Kleemann sieht das ähnlich. „Wenn es gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit der saudischen Profiliga zu steigern und eine größere weltweite Fangemeinde anzuziehen, könnten langfristig auch positive Wirtschaftseffekte erzielt werden“, sagt er. „Damit stünden die Investitionen im Einklang mit dem strategischen Ziel, die saudische Wirtschaft von der traditionellen Abhängigkeit von Öleinnahmen zu befreien.“ Eine Eintagsfliege ist die saudische Abwerbe-Aktion jedenfalls nicht, da sind sich die Experten einig. Noch vor Kurzem habe sich niemand vorstellen können, dass nach Ronaldo so viele weitere Topspieler in den Golf-Staat wechseln würden, sagte Trainer Pep Guardiola von Manchester City kürzlich. „In naher Zukunft wird das noch häufiger passieren.“ Die Saudis hätten schon jetzt „den Markt verändert“.

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