Schon der Sommer war traumatisch für die italienische Nationalmannschaft. Coach Roberto Mancini hatte sein Team Mitte August unverhofft im Stich gelassen, um wenig später als Nationaltrainer Saudi-Arabiens vorstellig zu werden. Der ehemalige Napoli-Trainer Luciano Spalletti übernahm und muss die "Squadra Azzurra" nun durch einen überaus komplizierten Herbst führen.
So steht es aus sportlicher Sicht um die italienische Nationalmannschaft
Sportlich gesehen steht Italien nach der 1:3-Niederlage gegen England am Dienstagabend in Wembley stark unter Druck. Aus den letzten beiden Gruppenspielen sind vier Punkte zur EM-Qualifikation notwendig.
Im nächsten Match geht es gegen Nordmazedonien, so etwas wie ein Angstgegner der Italiener. Im März 2022 unterlagen die Azzurri und verpassten so die Qualifikation für die WM in Katar. Es war das ganz große Trauma.
Junge Profifußballer nehmen trotz Verbots an Sportwette teil
Das ist allerdings nur der sportliche Teil der Misere. Spalletti hat noch mit anderen Gespenstern zu kämpfen. Mehrere italienische Spieler, darunter auch Kräfte der Nationalelf, sind in einen Wettskandal verwickelt. Es geht diesmal offenbar nicht wie 2012 um manipulierte Spiele in den obersten Ligen, sondern um junge Profifußballer, die das für sie geltende Verbot an der Teilnahme von Sportwetten nicht eingehalten haben.
Zudem haben die drei bisher überführten Kicker ihre Wetteinsätze auf illegalen Wettportalen mit Servern im Ausland eingesetzt. Das ist auch strafrechtlich relevant. Die Hauptfigur des Skandals, Nicolò Fagioli, Mittelfeldspieler von Juventus Turin, einigte sich nun mit der Sportjustiz auf eine Sperre von sieben Monaten. Damit fällt der 22-Jährige für den Rest der Saison aus.
Nicolò Fagioli soll Wettschulen in Höhe von drei Millionen Euro haben
Eigentlich sieht das Regelwerk in Italien eine Mindeststrafe von drei Jahren Sperre vor. Fagioli war jedoch geständig, hatte sich selbst angezeigt und konnte deshalb mit einer Reduzierung des Strafmaßes rechnen. Er muss eine Geldbuße von 12.500 Euro bezahlen. Ihm wurde zudem auferlegt, fünf Monate lang von den Gefahren der Wettsucht in Nachwuchszentren zu berichten. Fagioli, der bei Juventus Turin ein Jahresgehalt von etwa einer Million Euro erhielt, soll wettsüchtig gewesen sein und sich deshalb auch in Therapie gegeben haben. Seine Wettschulden hätten zum Schluss rund drei Millionen Euro betragen, schreibt die Zeitung La Repubblica.
Über Fagiolis Smartphone wurden zwei weitere Spieler bei illegalen Wetten erwischt
Die Staatsanwaltschaft Turin hatte den Mittelfeldspieler im Rahmen von Ermittlungen gegen die im illegalen Wettgeschäft tätige Organisierte Kriminalität bereits im Juni vernommen. Bei den Ermittlungen war der Name Fagiolis in einem Verzeichnis einer Wettannahmestelle in Turin aufgetaucht, die illegale Sportwetten anbot.
Über die Beschlagnahme seines Smartphones kam die Staatsanwaltschaft schließlich auf die Namen zweier italienischer Nationalspieler, die eigentlich als Hoffnungsträger für Italiens Ambitionen bei der EM galten. Ermittelt wird auch gegen Sandro Tonali (Newcastle United) und Nicolò Zaniolo (Aston Villa). Beide wurden vorübergehend aus der Nationalelf suspendiert. Am Donnerstag vor einer Woche hatten die Ermittler Tonali und Zaniolo völlig überraschend im Trainingslager der Nationalmannschaft in Coverciano bei Florenz aufgesucht und deren Smartphones beschlagnahmt.
Nationalspieler Sandro Tonali wurde drei Stunden verhört
Tonali, der 23-jährige frühere Kapitän des AC Mailand, der im Sommer für rund 80 Millionen Euro in die Premier League gewechselt war, wurde am Dienstag drei Stunden lang von der Staatsanwaltschaft Turin vernommen. Auch er soll geständig sein und will sich dem Vernehmen nach in eine Therapie zur Heilung seiner Spielsucht begeben. Fagioli will von Tonali in die illegalen Sportwetten eingeführt worden sein.
Der 24-jährige Nicolò Zaniolo hingegen behauptete in einer ersten Stellungnahme, nur Kartenspiele auf den illegalen Plattformen gespielt zu haben und nichts von deren Illegalität gewusst zu haben. Der italienische Fußballverband FIGC stellte beide Spieler frei. Insgesamt sollen mehr als ein Dutzend Spieler in den Skandal verwickelt sein, darunter auch ein weiterer Nationalspieler.
Hat es bei vergangenen Spielen illegale Absprachen aufgrund von Sportwetten gegeben?
Wie die Gazzetta dello Sport am Mittwoch berichtete, muss sich der Ex-Mailänder Tonali wohl auf eine längere Sperre gefasst machen. Auch er habe sich selbst bei der Sportjustiz angezeigt und sei kooperativ. Allerdings habe der 23-Jährige auch auf Spiele seiner früheren Mannschaft AC Mailand gewettet, auch als er bei diesem Verein noch spielte. Damit könnte Tonali den Tatbestand des "Sportbetrugs" erfüllen, untersucht werden muss demnach auch, ob es bei den betreffenden Spielen illegale Absprachen gab. Trotz Selbstanzeige muss Tonali der Gazzetta zufolge mit nicht weniger als 12 Monaten Sperre rechnen.