Es ist ja auch ein Zeichen von Qualität, wenn man mit einer einzigen Fähigkeit den Großteil des Arbeitslebens erfolgreich bestreiten kann. Dieter Bohlen erniedrigt Heranwachsende, deren Stimmen nicht dazu geeignet sind, hastig geschriebene Popsongs zu singen. Arjen Robben schlug immer und immer wieder den Weg von der rechten Außenbahn ins Zentrum ein und schlenzte den Ball anschließend ins Tor. Ein Zirkuspony, das nur einen Trick beherrscht. Den allerdings besser als alle anderen.
Die deutsche Nationalmannschaft konnte sich über Jahrzehnte hinweg darauf verlassen, genau dann jene Tugenden abzurufen, die in Fußball-Lexika unter dem Prädikat "deutsch" zu finden sind. So rangen die Teutonen Teams nieder, deren fußballerische Qualitäten höher einzuschätzen waren. Diesen Trick hat die Mannschaft verlernt. Das Gute aber: Alles kommt wieder. Schlaghosen, Schulterpolster, Dieter Bohlen.
Rudi Völler ist den deutschen Tugenden verpflichtet
Beim DFB versucht man, sich dieses Phänomen zunutze zu machen. Nun ist es freilich nicht damit getan, 20-jährigen Millionären zu sagen, dass sie für germanische Ehren grätschenkämpfengrasfressen zu haben. Also werden die alten Zeiten beschworen. Auf den arg neumodischen Oliver Bierhoff soll deshalb Rudi Völler als Manager der Nationalmannschaft folgen. Der sieht sich eher grätschenkämpfengrassfressen verpflichtet.
Nach dem WM-Aus in Katar hatte sich eine Kommission gefunden, die durch eine strukturelle und personelle Neuausrichtung für Aufbruchstimmung sorgen sollte. Völler ist Mitglied dieser Kommission – und hat sich nun offenbar Bedenkzeit erbeten. Was nur leise Fragen danach aufwirft, was denn nun eigentlich besprochen wird. Das aber ist kleinkariert.
Wichtiger: Zurück in die Zukunft. Es gibt nur einen Rudi Völler. Schnauzer statt Undercut. Vielleicht lässt sich Oliver Kahn auch noch dazu überreden, den verletzten Manuel Neuer im Tor der Nationalmannschaft zu ersetzen. Karl-Heinz Rummenigge kann sicher den flautigen Sturm beleben. Völler jedenfalls ist der richtige Mann. Hatte die Deutschen schon mal betreut, als sie den tiefsten Tiefpunkt erreicht hatten. Stellte hernach Jahr für Jahr unter widrigen finanziellen Bedingungen, weil ja nur vorsichtig von Bayer alimentiert, eine Mannschaft zusammen, der dank ihres energischen Aufretens immer und immer wieder der Klassenerhalt gelang. Zurück zu den Wurzeln. Diesen Trick beherrscht der DFB.