Johannes Reichert war am Sonntagnachmittag ein gefragter Mann. Das ist er sonst freilich als Kapitän des SSV Ulm 1846 Fußball auf dem Rasen auch. Dieses Mal aber war der 32-Jährige gesperrt, nachdem er vor einer Woche im Spiel beim SV Sandhausen (2:1) die fünfte gelbe Karte gesehen hatte. Reichert mischte sich daher beim Heimspiel, dem Drittliga-Gipfeltreffen gegen Dynamo Dresden, unters Fanvolk – und nahm sich unter anderem geduldig und gewohnt nahbar Zeit für Erinnerungsfotos. Vor dem Spiel kam Reichert dennoch seiner Pflicht als Führungs- und Identifikationsfigur nach, richtete in der Kabine letzte motivierende Worte an seine Mannschaftskameraden.
Die scheinen gesessen zu haben. Denn die Spatzen legten los wie die Feuerwehr, versteckten sich nicht vor dem Spitzenreiter und gingen in der 28. Minuten durch einen Kopfball von Lamar Yarbrough sogar in Führung. Reichert stand da schon im D-Block, der Heimat der Ulmer Ultraszene. Mit dem Megafon in der Hand gab der gesperrte Leitwolf dieses Mal eben dort den Rhythmus vor. Mit vollem Einsatz auf dem Stadionzaun. "Es war an der Zeit, zu denen zu gehen, die immer für uns da sind und auch hinter dem Verein standen, als es uns in
Ende der ersten Hälfte verlor Ulm kurzzeitig den Faden - und wurde bestraft
Auf dem Spielfeld hatten seine Kameraden den Rhythmus Ende der ersten Hälfte kurz verloren. Das bestrafte der routinierte Gegner prompt. Dresden drehte binnen zwei Minuten die Partie, lag nach Treffern von Stefan Kutschke (35.) und Claudio Kammerknecht (37.) zwischenzeitlich sogar mit 2:1 vorn. Der Aufsteiger war davon aber nur kurz beeindruckt. In einem packenden, einem temporeichen und umkämpften Spiel nutzten die Hausherren einen der wenigen Momente, in denen die Dynamo-Abwehr mal nicht kompakt genug stand, eine lange Flanke versenkte Lucas Röser aus kurzer Distanz zum 2:2 (45.).
![SSV-Kapitän Johannes Reichert unterstützte seine Mannschaftskameraden aus dem Fanblock. SSV-Kapitän Johannes Reichert unterstützte seine Mannschaftskameraden aus dem Fanblock.](https://images.mgpd.de/img/100492176/crop/c1_1-w100/705365170/371460701/15102023-ulm-germany-donaustadion-ssv-ulm-1846-fussball-vs-sg-dynamo-dresden-3-liga-johannes-reichert-ssv-ulm.jpg)
Im zweiten Abschnitt war nach den äußerst intensiven ersten 45 Minuten die Luft raus. Das Spiel wurde mit fortlaufender Spieldauer immer zerfahrener. Ulm lief zudem ab der 57. Minute einem 2:3-Rückstand hinterher, weil erneut Kammerbauer eine unübersichtliche Situation im Strafraum zugunsten der Sachsen nutzte. Die Spatzen investierten viel, standen am Ende aber gegen abgezockte Gäste mit Nichts da. Und der Kapitän? Der attestierte dem SSV trotzdem ein "super Spiel". Ulm ist mit 20 Punkten aus elf Spielen nun Tabellendritter hinter Dresden und Jahn Regensburg.