Kein Produkt ist auf dem TV-Markt so begehrt wie die Rechte an der Fußball-Bundesliga: In der aktuellen Saison erhalten die 36 Klubs aus 1. und 2. Liga insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Viel Geld – aus Sicht von Andreas Polk aber zu viel. Polk ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und der Meinung, dass die Fußball-Fans unnötig viel Geld zahlen.
In einer Untersuchung, die sich mit der Vergabe der Medienrechte in der Bundesliga auseinandersetzt, kommt Polk mit seinem Forschungsteam zu einem eindeutigen Ergebnis und sagt gegenüber unserer Redaktion: "Das gegenwärtige System geht möglicherweise zulasten der Zuschauer, da es den Wettbewerb einschränkt."
Hauptsächlich bemängelt Polk, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) als Interessenvertretung der Profi-Vereine die TV–Rechte zentral vermarktet und die Vergaberegeln zu einem großen Teil mitbestimmt: "Die DFL ist Schiedsrichter und Spieler zugleich." Und diese Regeln sehen zum Beispiel so aus, dass die Rechte für alle Bundesligaspiele zentral vermarktet und in Paketen angeboten werden. Vor allem die Rechte für die Live-Spiele sind begehrt und teuer – Kosten, die die Sender an die TV-Zuschauer weitergeben. Seit Jahren sind die Erlöse für die Profivereine gestiegen.
Kritik: Die Vereine in der Bundesliga stehen im Wettbewerb zueinander - bei der TV-Vermarktung nicht
Polk ist damit nur bedingt zufrieden: "Eigentlich stehen die Vereine im Wettbewerb zueinander und könnten auch ihre Spiele eigenständig vermarkten." Wettbewerb – so seine Formel – würde nicht nur bedeuten, technische Neuerungen auf den Weg zu bringen, sondern auch beim Preis auf die Bremse drücken.
Polk bringt ein Beispiel: "Wenn man etwa Fan des FC Augsburg ist, kann es sein, dass der FCA die TV-Rechte preiswert anbietet." Dass bei 18 Bundesligavereinen 18 Abos notwendig sein müssten, glaubt Polk nicht: "Fans haben für gewöhnlich eine starke Präferenz für die Spiele ihres Vereins." Vor allem die Fans kleinerer Vereine könnten sich nach Polks Einschätzung etwas sparen, wenn ihr Klub ihnen ein gesondertes Angebot macht.
Die DFL verweist auf die Genehmigung durch das Kartellamt
Die Deutsche Fußball-Liga verweist in einer Stellungnahme auf die Zustimmung des Bundeskartellamtes. Die Behörde hatte das Vermarktungskonzept genehmigt, die DFL spricht von einer "offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung".
Das Bundeskartellamt sieht keinen Grund zur Beanstandung: Dass bei der Rechtevergabe das vornehmliche Ziel besteht, möglichst hohe Erlöse zu erzielen, sei ein legitimes Ziel. Das Verfahren, das die DFL dazu anwendet, verstoße nicht gegen kartellrechtliche Anforderungen. Die Behörde weist darauf hin, dass ihre Eingriffsbefugnisse zudem nicht so weit gingen, dass sie der DFL die Art und Weise der Rechtevergabe vorgeben könne.
Den Vorschlag Polks auf eine dezentrale Vermarktung sieht man dort kritisch. Dieses Vorgehen würde es für Sender schwierig bis unmöglich machen, gebündelt über das Geschehen Bundesliga zu berichten. In Spanien, wo vor einigen Jahren die Klubs ihre Rechte dezentral vermarktet haben, hätte man mit dieser Praxis schlechte Erfahrungen gemacht: Jeder der 20 Erstligaklubs verkaufte seine Rechte zeitweise separat, die Folge war ein Flickenteppich und ein Ungleichgewicht zwischen Topklubs und dem Rest. Nun ist die Zentralvermarktung gesetzlich vorgeschrieben.
Befürchtung: Eine Einzelvermarktung könnte das Geld noch ungleicher verteilen
Für die Bundesliga könnten sich nach Einschätzung der Behörde weitere Problematiken ergeben: Die Schere zwischen den finanzkräftigen und finanziell schwächeren Vereinen könnte weiter auseinandergehen. Denn während Top-Klubs bei einer Einzelvermarktung deutlich höhere Einnahmen erzielen, bliebe für kleinere Vereine insbesondere aus der 2. Liga nur noch ein deutlich kleinerer Betrag übrig.
Schon jetzt steht die ungleiche Verteilung der nationalen und internationalen TV-Gelder in der Kritik und wird als einer der Gründe für die Dominanz des FC Bayern angesehen, der zuletzt acht Mal in Folge den Meistertitel holte. Die Einzelvermarktung könnte dem deutschen Rekordmeister dann noch mehr in die Karten spielen.
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