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Fußball: Frauenfußball auf der Überholspur? Das sagen Zukunftsprognosen

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Frauenfußball auf der Überholspur? Das sagen Zukunftsprognosen

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    Gemeinsame Meisterfeiern auf dem Münchner Rathausbalkon werden für den FC Bayern immer mehr zur Gewohnheit. Die Kapitäne Lina Magull und Manuel Neuer stemmen die Schalen nach dem Titelgewinn 2023 in die Höhe.
    Gemeinsame Meisterfeiern auf dem Münchner Rathausbalkon werden für den FC Bayern immer mehr zur Gewohnheit. Die Kapitäne Lina Magull und Manuel Neuer stemmen die Schalen nach dem Titelgewinn 2023 in die Höhe. Foto: Lennart Preiss, Witters

    Ein Tattoo hat sich Osman Cankaya nicht stechen lassen. Anders als etliche Spielerinnen verzichtete der Sportdirektor darauf, sich das Motto in die Haut stechen zu lassen, das die Frauenmannschaft des 1. FC Nürnberg bis in die Bundesliga trug. "Mutig bis zum Schluss" - das war das Mantra für Kapitänin Lea Paulick und ihre Mitspielerinnen. Cankaya sieht im Aufstieg das Ergebnis eines mehrjährigen Entwicklungsprozesses. "Es ist schön zu sehen, dass das im Fußball funktionieren kann, an einem mittel- bis langfristigen Plan festzuhalten." Cankaya, in Aschaffenburg geboren, 34 Jahre alt, hat das Team über Jahre hinweg geformt, wird in der ersten Liga seine Doppelfunktion als Trainer und sportlicher Leiter aber aufgeben. Künftig trainiert der Niederländer Thomas Oostendorp, 30, die Nürnberger Frauen. 

    Der Club schaffte schon einmal den Sprung in die höchste weibliche Spielklasse, 1999 war das. Vergleichbar ist die Situation damals und heute allerdings keineswegs. Frauenfußball erfährt in der jüngeren Vergangenheit erhöhte Aufmerksamkeit, das Ansehen ist gewachsen, der Markt für Werbepartner attraktiver geworden. Einst beschränkte sich das Interesse auf die Nationalmannschaft, in denen eine Birgit Prinz, Steffi Jones oder Silvia Neid prägende Figuren waren, inzwischen hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Die Professionalisierung im Fußball macht vor den Frauen nicht Halt. Vor knapp 20 Jahren hat ein Prozess begonnen, mit der Einführung der zweigleisigen 2. Bundesliga schuf der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen Unterbau, ergänzt durch Regional- und Oberligen. 

    Für die Zukunft ist es wichtig in Frauenvereine zu investieren

    Einst prägten klassische Frauen-Fußballvereine das sportliche Geschehen. Den 1. FFC Frankfurt oder Turbine Potsdam würden die wenigsten kennen, wären es nicht Aushängeschilder gewesen. Doch diese Zeiten sind passé. Klubs, die sich über das Dasein in der Männer-Bundesliga definierten, haben das Potenzial erkannt. Die Frauen-Bundesliga wird immer mehr zum Abziehbild der Männer-Bundesliga. Noch ist der VfL Wolfsburg die erfolgreichste Mannschaft der vergangenen Jahre, aber der amtierende deutsche Meister FC Bayern München macht längst die Vormachtstellung streitig. "Die Vereine, die jetzt nicht in den Frauenfußball investieren, werden daran leiden, dass sie zu spät sind. Fußball der Männer und Frauen unter einem Dach ist ganz klar die Zukunft", sagte etwa Siegfried Dietrich, ein Visionär des Frauenfußballs, der im März aus gesundheitlichen Gründen seinen Posten bei Eintracht Frankfurt aufgab.

    Über unterschiedliche Modelle drängen die Klubs in die erste Liga. Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen, der 1. FC Köln oder der MSV Duisburg fusionierten und stiegen so in höheren Spielklassen ein. Im elitären Kreis fehlt noch Borussia Dortmund. 2021 gründete der BVB eine Frauenmannschaft, fing in der Kreisliga an und ist inzwischen in der Landesliga angekommen. Frühestens in der Saison 2027/28 könnte Dortmund erstklassig sein. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke erklärte, man werde abwägen, ob sich die zweite oder erste Liga lohne, "Subventionsfußball" schloss er aus. "Wir werden es nicht so machen, dass wir das Dreifache von anderen Mannschaften in der Liga zahlen, nur weil wir Borussia Dortmund sind", sagte er dem Kicker

    Prominente Frauen unterstützen Frauenfußball für mehr Erfolg

    Dem gegenüber steht ein Projekt in Berlin. Eine Gruppe prominenter Frauen hat sich eine Fußballmannschaft gekauft und möchte diese innerhalb kurzer Zeit nach oben führen. Verena Pausder, eine der bekanntesten Gründerinnen in Deutschland, ist beim FC Viktoria Berlin eingestiegen. Für ihr Projekt gewonnen hat die 44-Jährige noch Ariane Hingst (Ex-Nationalspielerin), Tanja Wielgoß (Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG), Felicia Mutterer (TV-Moderatorin und Sportjournalistin), Katharina Kurz (Mitgründerin und Geschäftsführerin von BRLO Craft Beer) und Lisa Währer (OneFootball-Marketingexpertin). Das Frauenteam wurde als GmbH ausgegliedert. "Wir werden Frauenfußball aus der Mitleidsecke holen und die Spiele zu einem Event machen", kündigt Pausder an. Ihr Ziel: mehr Sichtbarkeit und mehr Gerechtigkeit. Vor allem in Bezahlung und Vereinbarkeit von Leistungssport und Beruf seien Fußball spielende Mädchen und Frauen bis heute stets im Nachteil. 

    Viel ist zuletzt über "Equal Pay" diskutiert worden. Dass also Frauen im Fußball wie Männer bezahlt werden sollten. Nürnbergs Sportchef Cankaya wählt einen anderen Ansatz. Identische Bezahlung sei utopisch, meint er und fügt hinzu: "Unser Credo lautet: Equal Play statt Equal Pay." Die Spielerinnen sollen die gleichen professionellen Strukturen vorfinden wie die Zweitliga-Männer. Das beinhaltet die Trainingsbedingungen, die personelle Organisation mit eigenem Trainer- und Betreuerstab, Vermarktung, Medienarbeit und medizinische Betreuung. Heimspiele beider Teams werden im Max-Morlock-Stadion ausgetragen. Cankaya betont, der Salär einer Club-Spielerin wäre nicht mit dem eines Club-Spielers vergleichbar. Aber: "Das Mindeste, was wir auf alle Fälle anbieten, ist, dass eine Spielerin während des Studiums ihren Lebensunterhalt bestreiten kann, ohne nebenbei arbeiten zu müssen." Der Verein bemüht sich redlich um Gleichberechtigung: Termine wie Autogrammstunden, Werbetermine oder Trikotpräsentationen nehmen ein Mann und eine Frau gemeinsam wahr. 

    Prognose einer DFB-Studie spricht für den Erfolg des Frauenfußballs

    Klubs und der DFB haben das Potenzial längst erkannt, in den nächsten zehn Jahren rechnen sie mit extremem Wachstum. Unterfüttert wird die optimistische Prognose in einer DFB-Studie über die wirtschaftliche Zukunft der Frauen-Bundesliga. Der kommerzielle Wert soll von aktuell rund 25 Millionen Euro, die die Klubs in einer Saison erwirtschaften, auf 130 Millionen Euro in der Saison 2031/32 steigen. Kalkuliert wird in diesem Zeitraum mit einem Zuschauerschnitt von 7500 pro Spiel. Zum Vergleich: In der abgelaufenen Runde lag der Schnitt noch bei 2700. 

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