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Fußball: Franz Beckenbauer machte Stefan Reuter zum Weltmeister

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Franz Beckenbauer machte Stefan Reuter zum Weltmeister

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    Stefan Reuter (Dritter von links) wurde mit Deutschland unter Trainer Franz Beckenbauer (links) Weltmeister 1990 in Rom.
    Stefan Reuter (Dritter von links) wurde mit Deutschland unter Trainer Franz Beckenbauer (links) Weltmeister 1990 in Rom. Foto: Studio Fotografico Buzzi

    Als Stefan Reuter am Montag vom Tod von Franz Beckenbauer erfuhr, war er zu Besuch bei seinen Eltern in Dinkelsbühl. Seine Mutter Elle feierte ihren 86. Geburtstag. „Ich habe, genauso wie viele andere, eine Pushnachricht auf mein Handy erhalten“, sagt der 57-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich war einfach nur traurig, weil man doch gehofft hatte, er erholt sich wieder."

    Als Franz Beckenbauer die Bayern trainierte, spielte Stefan Reuter schon bei Juventus Turin

    Für den ehemaligen Sport-Geschäftsführer des FC Augsburg, der jetzt als Berater fungiert, war Beckenbauer einer der Trainer, die seine Karriere mit am meisten beeinflusst haben. Nicht als Vereinstrainer, denn als Beckenbauer, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstarb, Ende 1993 das Traineramt beim FC Bayern München vom glücklosen Erich Ribbeck übernahm, spielte Reuter schon längst bei Juventus Turin.

    Doch Beckenbauer holte Stefan Reuter in die Nationalmannschaft. Am 18. April 1987 wechselte Beckenbauer den damals 20-jährigen Außenverteidiger beim Freundschaftsspiel in Köln gegen Italien (0:0) in der 63. Minute für Wolfgang Rolff ein. Es sollten 68 Länderspiele weitere folgen.

    Stefan Reuter wird unter Franz Beckenbauer zuerst Nationalspieler und dann Weltmeister

    Der Höhepunkt dabei war der Sieg bei der WM 1990 in Italien. Beckenbauer vertraute dem damals 23-Jährigen bei allen vier Vorrundenspielen auf der rechten Außenbahn. Im Viertelfinale änderte er gegen Tschechien (2:1) dann die Taktik, stellte von Vierer- auf Dreierkette um, Reuter war plötzlich draußen. Im Halbfinale gegen England (5:4 n. E.) wurde Reuter dann ebenso wie im Finale gegen Argentinien (1:0) eingewechselt. 16 Minuten vor Schluss kam er in Rom für Thomas Berthold. „Es war toll, wie er mich 1990 im Finale dann eingewechselt hat. Er hat zu mir gesagt: Du hast eine überragende Vorrunde gespielt. Er hat mir als junger Spieler so viel Vertrauen entgegengebracht. Das war enorm.“

    Reuter war aber auch von der Trainerarbeit von Beckenbauer beeindruckt. „Jeder hat immer gedacht, ihm fällt alles nur zu. Aber er war extrem akribisch und fleißig. Bei der WM 90 waren wir immer top vorbereitet. Wir bekamen damals Videoschnitte von unseren Gegenspielern, was damals nicht so üblich war. Wir kannten dadurch die Stärken unserer Gegner, hatten Respekt. Aber er hat uns auch immer das Gefühl vermittelt: Jungs, wir sind auf jeder Position besser besetzt. Und dann hat er gesagt: „Geht’s raus, habt‘s Spaß. Haut sie weg. Das war Franz Beckenbauer.

    Tief beeindruckt vom Menschen Franz Beckenbauer

    Aber auch der Mensch Beckenbauer hat bei Reuter tiefen Eindruck hinterlassen. So trafen sie sich später öfter in Kitzbühel. Im Sommer beim Golfen, aber auch im Winter. Dorthin hatte Beckenbauer seinen Lebensmittelpunkt nach seiner Karriere verlagert, Reuter besitzt dort ein Ferienhaus. „Wir haben dort öfters in der Halle gekickt. Ich hatte einmal einen Bekannten dabei und Beckenbauer ist einfach auf ihn zugegangen und hat ihn begrüßt: Hallo, ich bin der Franz. Lass uns spielen.“

    Dass Beckenbauer später für die dubiosen Vorgänge um die WM-Vergabe 2006 in die Hauptverantwortung genommen wurde, versteht Reuter nicht wirklich: „Ich bin mir sicher, dass er gar nicht alles in der Tiefe durchblickt hat, bei all den Themen, die er auf dem Tisch hatte. Jeder hat an ihm gezogen. Ich glaube, er hat sich da sicher nie bereichert, sondern einfach mitgeholfen, die WM nach Deutschland zu bringen.“

    Stefan Reuter: "Er war eine einzigartige Persönlichkeit"

    Beckenbauer zog sich immer mehr zurück, gezeichnet auch nach dem Tod seines Sohnes Stephan 2015 und gesundheitlich angeschlagen. Die regelmäßigen Treffen mit der Weltmeistermannschaft von 1990 besuchte er aber schon. Zuletzt allerdings, im Juli 2023, genau 33 Jahre nach dem Titelgewinn, fehlte Beckenbauer in Grassau am Chiemsee. „Danach hat jemand zu mir gesagt, wir werden ihn wohl nie mehr wiedersehen“, erzählt Reuter und fügt an: „Er war eine einzigartige Persönlichkeit. Ich bin sehr dankbar, dass ich so viele tolle Momente mit ihm erleben durfte. Das wird immer bleiben.“ 

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