Eigentlich könnte es sich Andreas Rettig gerade gemütlich machen. Eine Einladung zu einer Podiumsdiskussion hat den ehemaligen Manager der DFL und des FC Augsburg nach Augsburg geführt. Der 59-Jährige sitzt in einem Café, die Sonne scheint. Gemütlich will es Rettig, der bis vor kurzem noch Geschäftsführer beim Drittligisten Viktoria Köln war, aber auch jetzt nicht haben.
Die explodierenden Energiepreise machen ihm Sorgen – und stellen für ihn auch eine Verpflichtung für die Bundesliga-Klubs dar. Seine Forderung: "Wenn wir für eine Irrsinns-WM in Katar den Spielplan der Bundesliga umstellen können – warum ist das dann eigentlich nicht möglich, wenn es ums ökologische Gemeinwohl geht? Wenn wir, wie viele skandinavische Länder, nach dem Kalenderjahr spielen, ließe sich einiges an Energiekosten sparen. Wenn unser Wirtschaftsminister Robert Habeck nahezu täglich zum Energiesparen aufruft, sehe ich keinen Grund, warum dieser Appell an den 58 Vereinen der ersten drei Ligen verhallen soll."
Eine ölbetriebene Rasenheizung verschlingt laut Rettig 2000 Liter täglich
Alleine eine mit Öl betriebene Rasenheizung hat laut Rettig einen Energieverbrauch von 2000 Litern pro Tag: "Das ist in etwa so viel wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr. Auch weitere Heiz- oder Stromkosten wie könnten verringert werden, wenn die Bundesliga künftig, statt in den dunklen Monaten, zwischen März und November den Meister ermitteln würde. "Denken wir hier an die Heizkosten für Kabinen und Flutlicht – dies sind für Amateurvereine nicht zu vernachlässigende Kosten", so Rettig.
Bei wie vielen Klubs Öl für die Rasenheizung verwendet wird, ist nicht bekannt. Zumindest beim FCA, wo Rettig von 2006 bis 2012 Manager war, fällt die Klimabilanz des Stadions neutral aus: Durch die Nutzung von Erdwärme war die 2009 eröffnete Arena das erste CO2-neutrale Stadion der Welt. Anreize, sich ressourcenschonender zu verhalten, sollen auch von der Deutschen Fußball-Liga kommen: "Anstatt nur Erfolgsprämien auszuzahlen, sollten die Klubs belohnt werden, die sich besonders ums Gemeinwohl und soziale Engagement verdient gemacht haben. Und warum soll es neben dem Goldenen Schuh für den besten Torjäger nicht auch den grünen Strumpf für den Kicker geben, der sich am nachhaltigsten verhalten hat?"
Auch die Bezahlung der Bundesliga-Manager soll nachhaltiger werden
Einen Paradigmenwechsel fordert Rettig auch bei der Bezahlung der Entscheidungsträger in der Bundesliga. Dass diese ihre Boni nur anhand von Tabellenplatzierungen erhalten, sei zu kurz gedacht: "Das fördert die Alles-oder-Nichts-Einstellung, wie wir sie an einigen Standorten in der Vergangenheit zu sehen bekamen: Alles wird dem kurzfristigen sportlichen Erfolg untergeordnet." Stattdessen sollten sich deutsche Klubs auch mit sozialen und umweltpolitischen Projekten verdient machen und nach diesen Kriterien bewertet und belohnt werden. Dass das Steigern des Umsatzes alleine auch für die Klubs kein lohnenswertes Konzept sei, zeige aktuell etwa der mit 1,3 Milliarden verschuldete Branchenriese FC Barcelona, so Rettig. Der gehört zu den fünf umsatzstärksten Klubs in Europa.