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Fußball-EM: Schöner Geist trifft auf harte Realität

Fußball-EM

Schöner Geist trifft auf harte Realität

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    Darum geht es am Sonntag im Berliner Olympiastadion: der EM-Pokal aus echtem Sterlingsilber. Acht Kilo schwer, 60 Zentimeter hoch.
    Darum geht es am Sonntag im Berliner Olympiastadion: der EM-Pokal aus echtem Sterlingsilber. Acht Kilo schwer, 60 Zentimeter hoch. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Um was es bei der EM in Deutschland geht, haben die Macher dieses Turniers jeden Tag vor Augen gehabt. Zur Motivation stand eine mannshohe Nachbildung des Pokals direkt hinter dem Empfang der ehemaligen DFB-Zentrale am Ende der Otto-Fleck-Schneise im Frankfurter Stadtwald, wo die zentrale Steuereinheit dieses Turniers untergebracht war. Nun sind weite Teile der Crew der EURO 2024 GmbH nach Berlin umgezogen, ehe dann überall alles wieder abgebaut wird. Aber erst einmal muss im Olympiastadion derjenige gekrönt werden, der das Original überreicht bekommt. Acht Kilo schwer, 60 Zentimeter hoch. Echtes Sterlingsilber. Es ist bereits die zweite Version einer nach dem ersten Uefa-Generalsekretär Henri Delaunay benannten Trophäe, die erstmals der spanische Kapitän Iker Casillas 2008 in die Höhe reckte.

    Ein würdiges Finale dieser Europameisterschaft 2024

    Wird nun der spanische Kapitän Álvaro Morata derjenige sein, der 16 Jahre später für die Iberer im Berliner Olympiastadion als alleiniger Rekordeuropameister jubelt? Oder bekommt der englische Anführer Harry Kane diesen Cup, um das 58 Jahre währende Trauma zu besiegen? Dass sich Spanien und England im EM-Finale (Sonntag, 21 Uhr/ARD und MagentaTV) duellieren, ist eine würdige Konstellation. Zwei Königreiche, die in dieser Endrunde ganz unterschiedliche Fußabdrücke hinterlassen haben. Im Grunde sind ihre bezogenen Quartiere ein Sinnbild dessen, was ihren Fußball geprägt haben.

    Die eine Mannschaft, „La Furia Roja“, wohnt in Donaueschingen, eine Wohlfühlregion in Baden-Württemberg. Eine der tüchtigsten Gegenden des Landes. Das Luxus-Wellnesshotel „Öschberghof“ kennt sich aus mit prominenten Gästen, auch aus dem Fußball. Viele finden, dass die Spanier mitunter so schön spielen, wie dieser idyllische Landstrich nicht nur an sonnigen Sommertagen ist. Kreativ, inspirierend. Für diesen schönen Geist der guten Unterhaltung steht die spanische Nationalelf. „Ich kann mich sehr glücklich schätzen, 26 Fußball-Genies leiten zu können“, sagt Trainer Luis de La Fuente. Sein größtes Verdienst ist es, den Ballbesitz nicht mehr als Selbstzweck zu verstehen. Es wird hoch gepresst, um schnell umzuschalten. Zudem hat der 63-Jährige ganz früh vom Titel gesprochen. Sein Ensemble mit dem stabilen Anker Rodri vereint Tempo und Technik. Ihre Flügelspange mit Nico Williams und Lamine Yamal ist das freudigste Element dieser EM. Der eine (Williams) feierte am Freitag seinen 22. Geburtstag, der andere (Yamal) wird am Samstag gerade erst 17. Was sich das Wunderkind wünscht? „Nichts, nur gewinnen, gewinnen, gewinnen!“

    England überzeugte mit Pragmatismus

    Das andere Team, „Three Lions“, reist aus Blankenhain nach Berlin, ein unscheinbarer Ort, ein gutes Stück weg von Jena und Erfurt. Immerhin haben die Leute noch drei Einkaufsmöglichkeiten und ein echtes Schloss. Das abseitige Resort „Weimarer Land“ ist bekannt, seitdem die deutsche Nationalmannschaft Ende Mai zum ersten Trainingslager Hof hielt. Auch hier gibt es sanfte Hügel, aber Thüringen ist keine boomende Region.

    Manche sagen, dass die Engländer mit ihrem Pragmatismus gut hierher passen. Man macht das Beste aus der Lage, bildet die harte Realität einfach ab. Die Entourage hätte längst die Koffer gepackt, wenn nicht Jude Bellingham in der Nachspielzeit im Achtelfinale für einen Fallrückzieher quer in der Luft gelegen hätte. Danach gewannen sie ein Elfmeterschießen, holten Rückstände auf und genossen auch Schiedsrichterglück.

    Für England spricht gegen Spanien die jüngste Steigerung

    Was für England spricht? Diese Gemeinschaft hat sich gesteigert und zumindest eine Halbzeit lang im Halbfinale endlich auch aufregend gespielt. Phil Foden und Bukayo Saka können mit ihren Sololäufen jederzeit Unheil anrichten. Vielleicht kommt das Beste wirklich ganz zum Schluss. Die Sehnsucht, ins Geschichtsbuch zu kommen, ist riesig – der Respekt vor der letzten Hürde aber auch. „Wir spielen gegen das beste Team des Turniers und wir haben einen Tag weniger zur Vorbereitung. Aber wir sind immer noch hier“, sagt Teamchef Gareth Southgate. Beim 53-Jährigen spielen noch die bitteren Erinnerungen ans EM-Finale 2021 gegen Italien mit, als er mit der Auswahl seiner Elfmeterschützen die ganze Nation gegen sich aufbrachte. Bereits in Dortmund hat der englische Trainer deshalb sehr demütige Worte gewählt: „Aus jeder Erfahrung lernst du. Wenn ich 2021 im Finale nicht alles richtig gemacht haben sollte, entschuldige ich mich hiermit. Ich versuche, es diesmal besser zu machen.“ Für jeden Sieger gäbe es zwar Gründe, aber auf den Sockel des Pokals wird nur ein Name graviert.

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