Mitunter liegen Glück und Pech, Freude und Enttäuschung nicht weit auseinander. Mal ein paar Zentimeter, mal ein paar Minuten. Bis zur 85. Minute steuerte Ermedin Demirovic mit der Fußball-Nationalmannschaft von Bosnien-Herzgowina auf einen Erfolg zu. 1:0 führte das Team gegen die Ukraine, der vorletzte Schritt auf dem Weg zur Europameisterschaft in Deutschland wäre mit einem Sieg im Play-off-Halbfinale getan gewesen. Dann allerdings drehte die Auswahl des kriegsgebeutelten Landes die Partie. Innerhalb von drei Minuten waren die Träume der einen zerstört, während die der anderen weiterlebten. Erst besorgte Roman Yaremchuk den Ausgleichstreffer (85.), wenig später Artem Dovbyk per Kopf das 2:1 (88.).
Demirovic hatte in der achten Minute der Nachspielzeit noch eine letzte Chance, das 2:2 zu erzielen und so eine Verlängerung zu erzwingen, schoss den Ball allerdings mit dem Rücken zum Tor über das Ziel. In der Bundesliga könnte es dieser Tage für den Angreifer des FC Augsburg kaum besser laufen. Mit 23 Torbeteiligungen (14 Tore/9 Vorlagen) zählt er in dieser Saison zu den besten Scorern in der Bundesliga. Seinen Marktwert hat er extrem gesteigert, bei rund 20 Millionen Euro soll er liegen. Auf der EM-Bühne hätte der 26-Jährige zusätzlich Werbung in eigener Sache betreiben können. Nun allerdings kann er in Ruhe seinen Sommerurlaub buchen und sich Gedanken über seine Zukunft machen. Um die letzten drei Turniertickets spielen andere.
Karlsruhes Zivzivadze hält Georgiens EM-Hoffnung am Leben
Als der europäische Fußballverband Uefa die Nations League vor knapp sechs Jahren eingeführt hat, hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Noch ein Wettbewerb, noch mehr Spiele, noch mehr Belastung für die Spieler. Die Uefa jedoch schuf Anreize, die die Akzeptanz der Nations League steigerte. So entspringt dem Wettbewerb die Möglichkeit, an einem großen Turnier teilzunehmen. Zwölf Länder aus den Ligen A bis C spielen seit Donnerstag in zwei K.-o.-Runden (Halbfinale, Finale) drei freie EM-Tickets aus. Gespielt wird nicht im Europapokal-Modus mit Hin- und Rückspiel, jede Partie kommt einem Finale gleich. Neben Bosnien-Herzegowina schieden jetzt Finnland, Estland, Luxemburg, Georgien und Kasachstan aus.
Beim Sieg Georgiens gegen Außenseiter Luxemburg spielte sich ein Angreifer in den Mittelpunkt, der in der 2. Bundesliga aktiv ist. Budu Zivzivadze läuft im Ligaalltag für den Karlsruher SC auf. Mit seinen beiden Treffern (40./63.) zum letztlich verdienten 2:0 hielt er die Hoffnung der Georgier am Leben, sich noch über den Umweg für die EM zu qualifizieren. Gegner ist am Dienstag ein ehemaliger Europameister. 2004 hatten die Griechen überraschend in Portugal den Titel geholt; Trainer Otto Rehhagel schuf sich ein Denkmal. Die jetzige Nationalmannschaft Griechenlands räumte im Halbfinale souverän Kasachstan aus dem Weg (5:0).
FCA-Spieler Fredrik Jensen und Finnland verpassen die EM
Die Isländer haben bei ihrer EM-Teilnahme (2016) und ihrer WM-Teilnahme (2018) bleibenden Eindruck hinterlassen. Sportlich, vor allem aber auch auf den Rängen. Mit ihrem rhythmischen Klatschen begleitet von "Huh"-Rufen schufen Fans und Mannschaft Bilder für die Ewigkeit. Nach dem letztlich souveränen 4:1 gegen Israel darf die Mannschaft von Trainer Age Hareide von einem weiteren Höhepunkt in Form eines Turniers träumen. Herausragender Akteur im Halbfinale war Dreifachtorschütze Albert Gudmundsson (FC Genua). Immer noch zum Kader zählt der ehemalige Augsburger Alfred Finnbogason, der mit dem ersten Treffer eines Isländers bei einer Weltmeisterschaft Geschichte geschrieben hat. Mit KAS Eupen spielt der 35-jährige Finnbogason derzeit in der belgischen Liga gegen den Abstieg.
In Augsburg spielte Finnbogason mit Fredrik Jensen zusammen. Bei der EM werden sich die Spieler nicht wiedersehen. Denn Jensen und seine Finnen sind ausgeschieden. Gegen Wales hatten die Skandinavier keine Chance. Zwar erzielte der ehemalige Schalker Teemu Pukki, 33, inzwischen nicht mehr mit lockigem Haar, sondern kahlem Schädel, das zwischenzeitliche 1:1, doch die Waliser trafen in Summe viermal. In einem der drei Endspiele trifft Wales nun auf Polen. Dass sich die Polen gegen Estland 5:1 durchsetzten, überraschte weniger, als dass Robert Lewandowski (FC Barcelona) kein Tor erzielte. Für den 35-Jährigen könnte die EM sein letztes großes Turnier sein.
Dass Lewandowski keinen Treffer erzielte, daran war Ragnar Klavan beteiligt. In der Bundesliga spielte er einst für den FC Augsburg, bevor Trainer Jürgen Klopp ihn zum FC Liverpool lockte. Es folgte noch eine Station in Italien (Cagliari Calcio), ehe Klavan in seine Heimat zurückkehrte. Dort ist Klavan, inzwischen 38 Jahre alt, noch für JK Tallinna Kalev aktiv.