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Fußball-EM 2024: Ronaldo gibt beim Sieg gegen Tschechien den portugiesischen Gönner

Fußball-EM 2024

Ronaldo gibt beim Sieg gegen Tschechien den portugiesischen Gönner

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    Cristiano Ronaldo ist immer noch Kapitän der Portugiesen. Sein Einfluss auf das Spiel ist aber im Verlauf der Jahre gesunken.
    Cristiano Ronaldo ist immer noch Kapitän der Portugiesen. Sein Einfluss auf das Spiel ist aber im Verlauf der Jahre gesunken. Foto: Robert Michael, dpa

    Die meisten Portugiesen wollten einfach noch nicht gehen. Weit nach Mitternacht auf den breiten Treppen runter auf die Leipziger Festwiese haben sich viele wieder umgedreht, das Smartphone gezückt, um diese betörend illuminierte Kulisse zu knipsen. Dass es in der Heimstätte von RB Leipzig aus vielen Lampen Rot leuchtete; dass auch der tschechische Kontrahent eine Rot gewandte Armada ans Sportforum schickte, mag Zufall gewesen, aber irgendwie fügten sich sogar die letzten über der sächsischen Metropole zuckenden Blitze ins Bild der roten Träume. "Até ao fim, Portugal" (Bis zum Ende, Portugal), schrieb Cristiano Ronaldo zu einem Zeitpunkt, als viele Landsleute noch in den vollgestopften Straßenbahnen steckten.

    Der auf Social Media bereits mit dem EM-Finale flirtende Superstar konnte gut damit leben, nachdem Portugals Arbeitssieg gegen Tschechien (2:1) nicht als "Man of the Match" in die Pressekonferenz kommen zu müssen. Diese Auszeichnung war beim fleißigen Mittelfeldmann Vitinha besser aufgehoben, der mit 24 die besten Jahre noch vor sich hat. Sein Kapitän ist zwar 15 Jahre älter, aber irgendwie noch immer zeitloser Wesenskern der Seleção. Wenn die Turnierpremiere für Portugals Nationaltrainer Roberto Martínez eine Erkenntnis lieferte, dann diese: Der Spanier könnte den Spagat schaffen, CR7 so einzubinden, dass dessen Erfahrung jederzeit zum Faktor werden kann, doch die Auswahl scheint nicht mehr abhängig von der Form der nach Saudi-Arabien ausgewanderten Ausnahmeerscheinung.

    Trainer Roberto Martínez legt sich nicht mit Cristiano Ronaldo an

    "Wir haben die Nerven behalten und sind als Team aufgetreten", resümierte Martínez. Der 50-Jährige weiß, dass er jeden Machtkampf mit dem Nationalheiligen verlieren würde, also kommt sein Konstrukt schlüssig rüber. Zumal der fünfmalige Weltfußballer offenbar beschlossen hat, dem Beispiel des bis in die Haarspitzen motivierten Lionel Messi bei der WM 2022 in Katar zu folgen: mit der Kapitänsbinde zuvorderst eine befruchtende Positivität zu vermitteln. Seinen fahrigen Sturmpartner Rafael Leão feuerte Ronaldo bis zu dessen Auswechslung demonstrativ an.

    Am Ende vereinten sich in seinem 208. Länderspiel bei ihm mal wieder die meisten Torschüsse – und die große Gesten gehörten ohnehin ihm. Hätte der seine sechste EM spielende Rekordjäger bei seinem Kopfball an den Innenpfosten nicht eine Armbreite im Abseits gestanden, wäre Joker Diogo Jota der Siegtorschütze gewesen (87.). So nahm die Heldenrolle halt Francisco Conceição an, der eine Vorlage des ebenfalls eingewechselten Pedro Neto mit gütiger Mithilfe des Gegners verwertete (90.+2). Der 21 Jahre alte Sohn des hierzulande gut bekannten Sergio Conceição – er schoss einst drei Tore für Portugals B-Elf gegen Deutschland beim EM-Versagen 2000 – tat es einem Ronaldo gleich, als er sich sein Hemd beim Jubeln vom Leib riss.

    Es sind genauso solch emotionale Achterbahnfahrten, weswegen Anhänger ins Stadion kommen. Der Europameister von 2016 tat sich schwer, geriet unvermittelt durch Lukas Provod (62.) in Rückstand, kam durch ein Eigentor von Robin Hranac (69.) zurück und sackte spät, aber nicht zu spät die Belohnung ein. Bei 13:0 Ecken, 70 Prozent Ballbesitz und 57 Prozent gewonnener Zweikämpfe war Portugals Auftaktsieg hochverdient. Ein Rätsel, weshalb ARD-Experte Bastian Schweinsteiger eine gegenteilige These streute.

    Klar, der Europameister von 2016 besaß im gewittrigen Leipzig noch Luft nach oben, aber das lag in erster Linie nicht am sichtlich bemühten Ronaldo, sondern an den überspielt wirkenden Lenkern und Denkern Bernardo Silva und Bruno Fernandes. Die beiden 29-jährigen Edeltechniker von Manchester City und Manchester United zollen gerade – wie viele EM-Akteure – der strapaziösen Saison in England Tribut und entfalteten ihre spielerische Klasse nur punktuell.

    Für eine frappierende Überlegenheit gegen ein extrem defensiv eingestelltes Tschechien reichte es auf dem regennassen Rasen trotzdem. Spannend wird, wie sich die immer noch vom inzwischen 41 Jahre alten Pepe organisierte Defensive nun bereits am Samstag gegen einen Gegner wie die Türkei schlägt, der in Dortmund dann selbst den Vorwärtsgang sucht. Der neue EM-Alterspräsident empfand es als "unglaublich schwierig, furchtbar anstrengend", den weißen Beton des Auftaktgegners zu durchbohren. "Wir haben die gesamte Zeit das Spiel kontrolliert und alles versucht: Am Ende zählt das Ergebnis", sagte Pepe in der ARD. Sein Kompagnon Ronaldo zog es vor, sich jeden Kommentar im Tiefparterre des Leipziger Stadions zu ersparen. Lieber setzte der 39-Jährige flugs aus dem Bus jenen Instagram-Post ab, auf den viele seiner 632 Millionen Follower in aller Welt sehnsüchtig warteten.

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