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Fußball-EM 2024: DFB-Kader: Der Bundestrainer zwischen Wünschen und Wirklichkeit

Fußball-EM 2024

DFB-Kader: Der Bundestrainer zwischen Wünschen und Wirklichkeit

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    Bundestrainer Julian Nagelsmann spricht über die Nominierung des vorläufigen DFB-Kaders für die EM.
    Bundestrainer Julian Nagelsmann spricht über die Nominierung des vorläufigen DFB-Kaders für die EM. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Das Hauptziel des Sports ist es, die Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit möglichst gering zu halten. Im besten Fall besteht freilich überhaupt keine Differenz. Der Normalfall ist es jedoch nicht. Andernfalls würden beispielsweise nach einem Fußballspiel sämtliche Arme beider Mannschaften zum Jubel nach oben schnellen. Alle Spieler hätten die Wünsche ihrer Trainer Wirklichkeit werden lassen. Ähnlich verhält es sich mit den Abläufen rund um ein Team. Da sollen Voraussetzungen geschaffen werden, um den Erfolg wahrscheinlich werden zu lassen.

    Unter der Führung Oliver Bierhoffs beispielsweise sollte mittels unterschiedlicher Kampagnen Euphorie entfacht werden. Doch weder der eigenwillige Hashtag #zsmnn, noch der Versuch, das Nationalteam als "Die Mannschaft" im allgemeinen Bewusstsein zu verankern, verfingen. Im Gegenteil. Der DFB musste sich immer wieder des Vorwurfs erwehren, es mit dem Marketing aber gehörig zu übertreiben.

    DFB-Kadernominierung: Große Überraschungen bleiben aus

    Als mindestens gewagt darf daher der Versuch gewertet werden, die Kader-Nominierung vor der Europameisterschaft mittels kurzer Social-Media-Filmchen outzusourcen. Auch das ja: Der Versuch, Euphorie zu entfachen. Ob das gelungen ist, wird sich letztinstanzlich erst in zwei Monaten beantworten lassen, wenn das Finale gespielt worden ist und klar ist, ob Deutschland mal wieder einig Fußballland war. Ein erstes Zwischenfazit aber: Wunsch und Wirklichkeit lagen schon einmal viel weiter auseinander. 

    Als nun Julian Nagelsmann am Donnerstag in seiner Funktion als Bundestrainer jenen Kader präsentierte, der Deutschland bei der EM vertreten wird, blieben die großen Überraschungen aus. Dass Mats Hummels und Leon Goretzka nicht dabei sein werden, galt bereits vorher als gesichert. Nagelsmann hatte die beiden Anfang der Woche in persönlichen Gesprächen darüber informiert, berichtete er. Er habe schon "als Vereinstrainer Probleme damit gehabt, Spielern mitzuteilen", dass sie nicht im Kader sind. "Doppelt und dreifach schlimm" sei die Information natürlich für jene, die sie erhalten. Im Falle von Goretzka und Hummels sei es daher "verständlich, dass sie sehr traurig waren". 

    Nagelsmann muss einen DFB-Kicker noch vor der EM nach Hause schicken

    Am anderen Ende der Gefühlsskala dürfte sich Alexander Nübel nach dem Anruf von Nagelsmann befunden haben. Weil Bernd Leno verletzt ausfällt, gehört der Stuttgarter Torwart zum EM-Kader. Das ist die wohl größte Überraschung der Nominierung und sie befindet sich am Rande des Kaders. Der Trainer wird mit insgesamt vier Torhütern in das Turnier gehen, was wiederum bedeutet, dass er einen der bislang 23 Feldspieler kurz vor der EM noch nach Hause schicken muss, schließlich darf der Kader maximal 26 Spieler umfassen.

    Nagelsmann präsentierte seine Mannschaft in jener beeindruckend großen Hauptstadt-Dependance von VW, in der auch am Vortag verkündet wurde, dass sich der Automobilhersteller mit dem DFB darauf geeinigt hat, die Sponsoring-Aktivitäten um vier Jahre bis 2028 zu verlängern. Am Donnerstag nun – uiuiui, moderne Technik – tauchte der DFB den Pressekonferenz-Raum in Schwarz-Rot-Gold. So wie in einem Monat das ganze Land wieder flaggenschlandig gewandet sein soll. Gesichter, Cafés, Zahnbürsten – es kann nicht schwarz-rot-goldig genug sein. 

    Bundestrainer Nagelsmann sieht Thomas Müller als "Connector"

    Nagelsmanns Wunsch ist es, dass sich "jeder identifizieren soll". Noch mehr hofft er aber selbstverständlich, dass Euphorie und Mannschaftsleistung eine befruchtende Wechselwirkung eingehen. Die Länderspiele im März gegen Frankreich und die Niederlande deuten mehr nur als indizienhaft darauf hin, dass es gelingen könnte. Und weil das eben so war, verzichtete der Trainer darauf, große Veränderungen an dem Kader vorzunehmen. In diesen zehn März-Tagen sei "eine Struktur gewachsen, die natürlich noch fragil ist". Neue Elemente könnten sie einstürzen lassen. Das dürfte der Hauptgrund für die Nichtberücksichtigung von Hummels und Goretzka sein. Schließlich mache es die beste Mannschaft nicht aus, dass man 22 Mal den besten Spieler stelle, sondern es gehe darum, die 26 zu finden, die am besten zusammenpassen. 

    Vor allem deswegen hat Thomas Müller seinen Platz im Kader erhalten. Nagelsmann kündigte an, dass der Münchner garantiert nicht jedes Spiel von Beginn an bestreiten werde. Dass er aber ein "Connector" sei. Einer, der verbindend auf verschiedene Gruppen der Mannschaft einwirken kann, der Fans und Medien gleichermaßen mitnimmt.

    Sollten all diese Maßnahmen greifen, sei auch der Titel für die deutsche Mannschaft möglich. "Ziel sollte es sein, gewinnen zu wollen, wenn wir teilnehmen", umschreibt es Nagelsmann. Grundsätzlich habe er ein sehr gutes Bauchgefühl, und das habe ihn schon als Vereinstrainer nur selten im Stich gelassen. Sollte er sich aber doch bei der ein oder anderen Personalie getäuscht haben und ein Spieler die ihm zugedachte Rolle nicht erfüllen: "Es gibt auch einen sehr guten Bahnhof, dann fährt er wieder."

    Der Wunsch ist freilich ein anderer.

    Das sind alle 27 nominierten Spieler für EM 2024

    Tor

    • Manuel Neuer (Torwart, 38 Jahre, FC Bayern München)
    • Oliver Baumann (Torwart, 33 Jahre, TSG 1899 Hoffenheim)
    • Alexander Nübel (Torwart, 27 Jahre, VfB Stuttgart)
    • Marc-André ter Stegen (Torwart, 32 Jahre, FC Barcelona)

    Abwehr

    • Antonio Rüdiger (Verteidiger, 31 Jahre, Real Madrid)
    • Nico Schlotterbeck (Innenverteidiger, 24 Jahre, Borussia Dortmund)
    • Jonathan Tah (Innenverteidiger, 28 Jahre, Bayer Leverkusen)
    • Robin Koch (Innenverteidiger, 27 Jahre, Eintracht Frankfurt)
    • Maximilian Mittelstädt (Linksverteidiger, 27 Jahre, VfB Stuttgart)
    • Joshua Kimmich (Rechtsverteidiger, 29 Jahre, FC Bayern München)
    • David Raum (Linksverteidiger, 26 Jahre, RB Leipzig)
    • Waldemar Anton (Innenverteidiger, 27 Jahre, VfB Stuttgart)
    • Benjamin Henrichs (Rechtsverteidiger, 27 Jahre, RB Leipzig)

    Mittelfeld

    • Ilkay Gündogan (Mittelfeld, 33 Jahre, FC Barcelona)
    • Aleksandar Pavlovic (Zentrales Mittelfeld, 20 Jahre, FC Bayern München)
    • Robert Andrich (Defensives Mittelfeld, 29 Jahre, Bayer Leverkusen)
    • Toni Kroos (Zentrales Mittelfeld, 34 Jahre, Real Madrid)
    • Pascal Groß (Zentrales Mittelfeld, 32 Jahre, Brighton & Hove Albion)
    • Florian Wirtz (Offensives Mittelfeld, 21 Jahre, Bayer Leverkusen)
    • Jamal Musiala (Offensives Mittelfeld, 21 Jahre, FC Bayern München)
    • Leroy Sané (Offensives Mittelfeld, 28 Jahre, FC Bayern München)
    • Chris Führich (Offensives Mittelfeld, 26 Jahre, VfB Stuttgart)

    Angriff

    • Deniz Undav (Stürmer, 27 Jahre, VfB Stuttgart)
    • Niclas Füllkrug (Stürmer, 31 Jahre, Borussia Dortmund)
    • Maximilian Beier (Stürmer, 21 Jahre, TSG 1899 Hoffenheim)
    • Kai Havertz (Stürmer, 24 Jahre, FC Arsenal)
    • Thomas Müller (Stürmer, 34 Jahre, FC Bayern München)

    Gut zu wissen: Zwar hat der Bundestrainer 27 Spieler nominiert, von der UEFA wurde allerdings festgelegt, dass der endgültige Kader nur 26 Spieler umfassen darf.

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